Hagen. . Still und leise haben die Dortmunder Actien Brauereien das Andreas-Pils endgültig vom Markt genommen. Die letzten Gläser in heimischen Kneipen sind getrunken. Eine Spurensuche.
Sie haben nicht nur still und heimlich ein Pils vom Markt genommen. Sie haben ein Gefühl nunmehr vollends verschwinden lassen. Indem die Dortmunder Brauereien das Andreas-Pils nicht mehr brauen, haben sie die Spuren des einstigen Hagener Produkts nahezu gänzlich verwischt. Keine Pressemitteilung, kein Hinweis. Erfahren haben es nur die heimischen Gaststätten, die fortan keine Andreas-Fässer mehr geliefert bekommen. Das endgültige Ende eines echten Stücks Hagen.
Trudel Andreas stirbt im Januar 1994. Die Witwe von Carl Horst Andreas hatte die Brauerei nach dessen Tod 1981 weiterverkauft an Rudolf August Oetker. Damals stieß die Brauerei an der Voerder noch 230 000 Hektoliter jährlich aus. Sie steckte trotzdem nach mehreren Krisen in großen Schwierigkeiten. 13 Jahre später, am 4. November 1994, wird die Schließung bekannt gegeben. Ende einer 150-jährigen Hagener Brautradition. 80 Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz.
Lange in Dortmund weitergebraut
Die Dortmunder Actien Brauerei (DAB) hatte das Andreas Pils fortan weitergebraut und bis zuletzt an heimische Gaststätten ausgeliefert. Der Flaschenverkauf von Andreas Pils war 2015 von DAB, die zur Radeberger-Gruppe gehören, eingestellt worden. Es hieß, man müsse sich an den Wünschen der Bierliebhaber orientieren. Was im Klartext hieß, dass das Pils wohl niemand mehr trinken wolle. Was heimische Wirte anders sahen. Speziell in Haspe und Gevelsberg meldeten sich Gaststätten-Betreiber zu Wort, deren Kunden immer noch aus Traditionsbewusstsein und Heimatverbundenheit Andreas trinken wollten.
Fässer wurden weiterhin ausgeliefert. Bis Juli dieses Jahres. Da stellte die Radeberger-Gruppe die Andreas-Produktion komplett ein. Vom Geschäftsführer der Dortmunder Brauereien, Uwe Helmich, gab es nahezu die gleiche Antwort zu lesen wie von einer Sprecherin der Radeberger-Gruppe im Jahr zuvor: „Diese Entscheidung ist uns dabei keineswegs leicht gefallen. Dennoch haben uns der Markt und seine Entwicklungen, die wir laufend beobachten, letztendlich zu diesem Schritt bewegt. Denn entscheidend für die Gestaltung unseres Sortiments ist, was sich die Bierliebhaber wünschen“.
Einstiges Stolz-Produkt
In den 50er-, 60er- und und 70er Jahren ist Andreas Pils ein Stolzprodukt, das sich gut verkauft. Nach etlichen Umstrukturierungen in den Jahrzehnten zuvor (Gevelsberger Actien Brauerei wird zur Andreas- Brauerei), steht die Brauerei gut da, ehe es Ende der 70er- und 80er-Jahre langsam mit dem Abwärtsgang beginnt.
Die letzten Liter ausgetrunken
Blickpunkt Schützenburg in Haspe: Aus der Traditionsgaststätte am Berg hatte unsere Redaktion eine Mail von Nicole vom Orde erreicht, Tochter der Betreiber Manfred und Brigitte Nieland. „Wir haben heute das letzte Glas Andreas vom Fass ausgetrunken. Eine Tradition geht zu Ende.“
Die Radeberger-Gruppe hatte die Schützenburg und viele weitere Gaststätten der Umgebung informiert, dass Andreas vom Markt genommen werde. „Dieses Bier hatte einen regionalen Bezug. Es war aus Haspe“, blickt Manfred Nieland zurück. Ein Glas 0,2 Liter Andreas kostete hier zuletzt 1,30 Euro. Eine Spießbratengesellschaft bekam das letzte Fass serviert. Nieland schränkt aber ein: „Nur wegen Andreas-Pils sind die Kunden zuletzt nicht mehr gekommen.“
Erinnerungen bleiben hängen
Die vielen Devotionalien, die an das einstige Hagener Pils erinnern, sollen in der Schützenburg aber weiter hängen- und liegenbleiben. Die seien Kult und eine Erinnerung an eine große Hasper Zeit.
Nach Ende der Brauerei an der Voerder Straße wurden die Brauereigebäude, architekturhistorisch teilweise überaus interessant, abgetragen.
Hallen gesprengt
Immerhin wurden rechtzeitig einige Kunstobjekte gesichert, darunter die aus zwölf Teilen bestehende und von Erwin Hegemann mit Darstellungen aus der Bierhistorie gestaltete Glaswand aus dem Verwaltungsgebäude.
Der Großteil dieser Glasobjekte befindet sich heute im Seniorenzentrum „Altes Stadtbad”. Ende der 90er Jahre wurden Gebäudeteile der Brauerei in Haspe gesprengt.
Wer es nicht liebte, das herbe Andreas, schimpfte gemeinhin darüber, dass es ein Kopfschmerz-Bier sei. Wie viel des eng mit Hagen verbundenen Gebräus bis zuletzt tatsächlich noch gebraut wurde, ist unklar. Die Geschäftsführung der Dortmunder Brauereien drückt sich dazu irgendwie ganz unwestfälisch aus: „Bei Themen wie ‘Absatzvolumen’ und ‘Bierausstoß’ sind wir als Teil einer privat geführten Brauereigruppe sicherlich schon bekannt für unsere Zurückhaltung.“