Wehringhausen. In Wollsocken laufen Maler über den Boden, mischen Farben, zeichnen oder legen den Kopf zur Seite. Der Raum ist warm. Aufgeheizt, damit die Modelle sich nicht erkälten. Denn die hocken nackt in der Mitte.

+++ Foto: Michael KLEINRENSING / Westfalenpost Lokalredaktion Hagen +++
+++ Foto: Michael KLEINRENSING / Westfalenpost Lokalredaktion Hagen +++ © WP Michael Kleinrensing

Es ist die 9. Winterwerkstatt der VHS Hagen in der Villa Post. Auf dem Programm stehen Aktmalerei, moderner Scherenschnitt, Experimente mit Farbe und Papier oder Bildhauerei. Überall im Haus herrscht geschäftiges Treiben.

In jedem Raum sieht es anders aus, herrscht eine andere Atmosphäre.

Neujahrsurlaub nennt Frank Rosenthal, Beamter aus Schwerte, diese kreative Woche, an der er zum zweiten Mal mit seiner Frau teilnimmt. Emsig bearbeitet er mit Hammer und Meißel einen weißen Marmorstein. Auf der Nase eine große, graue Schutzbrille, denn überall im Raum springen feine und grobe Splitter hin und her. „Der Stein ist gemein”, erzählt er lachend. „Der will noch nicht so wie ich.” Der Alltag bleibt bei solcher Geschäftigkeit draußen vor der Tür.

Auch Wissenschaftlerin Verena Bruchhagen denkt in diesen Tagen nur in Formen und Farben. „Überall sehe ich potenzielle Scherenschnitte. Ob abstrakt, schwarzweiß oder farbig - alles ist möglich.” „Nichts ist falsch in der Kunst, alles hat seinen Wert”, erklärt Cornelia Regelsberger von der VHS Hagen, selber seit Jahren erfolgreich als Künstlerin tätig. „Die Teilnehmer sollen den eigenen Rhythmus finden, sich fallen zu lassen und neue Wege gehen.”

Verena Bruchhagen kniet auf dem Boden und klebt ihr neuestes Werk zusammen. „Nur schade, dass es in diesem Jahr keine Ausstellung am Ende der Werkstatt gibt”, bedauert sie. Zu gerne hätte sie mit Außenstehenden über ihre Arbeiten diskutiert und sich mit den anderen Gruppen ausgetauscht. Doch aus verwaltungstechnischen Gründen ist das dieses Jahr leider nicht möglich.

Im großen Saal erklärt Kursleiter Ulf Meyer einer Malerin die Bedeutung der Geometrie. Wie ein Lineal hält er ein dünnes Holzbrett am Aktmodell an. „Du musst es dir vorstellen wie ein gleichschenkliges Dreieck. Von Kopf bis Fuß bildet das Modell eine Einheit.” Für Feinheiten ist später noch Zeit. „Noch zwei Minuten”, schallt es durch den Raum. Dann wird die Position gewechselt. Beate Herrmann ist mit ihrer Arbeit schon fertig. Die Kunstpädagogin aus dem Raum Lennestadt schätzt die intensive Arbeit und nimmt immer etwas für ihre eigene Arbeit daheim mit. „Man spürt jedes Mal eine Entwicklung.”

Unter den Kunstschaffenden finden sich aber nicht nur Profis. Eine 70-jährige Rentnerin bildet eine Einheit mit einer 17-jährigen Schülerin, und ein Doktor werkelt einvernehmlich mit der Hausfrau von nebenan. „Hier entwickelt sich eine richtige Gemeinschaft,” betont Cornelia Regelsberger. Manche Künstler schaffen es in dieser Atmosphäre sogar, ihre Werke bis zur Ausstellungsreife zu vollenden.

Langsam wird es dunkel vor der Tür. Im Saal werden große Scheinwerfer aufgebaut. Sie werfen Schlagschatten auf die nackten Körper und umfassen die Konturen. Hochkonzentriert wenden sich die Maler ihren Blättern zu. „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit”, seufzt Verena Bruchhagen und kniet sich wieder vor ihren Scherenschnitt.