Breckerfeld. .

1,99 Meter. Mit dem Plateau unter den schwarzen Lederschuhen („Die sind anfangs echt gewöhnungsbedürftig“) sogar zwei Meter. Ein Hauptmann von stattlicher Statur. Und: Wenn es sein muss, mit kräftiger Stimme. Tobias Gensler lächelt, als er sich an das Gewehr lehnt, in Richtung Kamera blickt und die Sonne ein paar warme Strahlen durch die dichte Wolkendecke auf die Schießwiese schickt. Das hier ist er, sein Lieblingsplatz.

Neben der Wiese oberhalb der Sport- und Freizeitanlage gibt es noch einen zweiten. Luftlinie vielleicht einen Kilometer entfernt. Und dieser zweite Lieblingsplatz wird alljährlich zum Schützenfest der Junggesellenschützen Breckerfeld aufgebaut. Noch aber steht das Festzelt, im dem für drei Tage weite Teile des Dorfes Kopf stehen, nicht. Deshalb treffen wir uns hier.

Zurück zum Anfang: Damals, als der Basketballer und Trainer Tobias Gensler im Grunde fest überzeugt war, dass er dieses Schützenwesen gar nicht brauche. Er, der Sohn des Bauunternehmers, dessen Vater, dessen Onkel und dessen Opa sogar Könige des Vereins waren, der um Nachwuchs in der Welt des Korbballs warb. „Dann“, sagt er, „sind ein paar meiner Teamkameraden eingetreten, und ich bin mitgegangen. Da war ich 18 Jahre alt.“ Der Zusammenhalt, die Tradition und die Kunst des ausgelassenen Feierns – es ist diese Kombination, die ihn so sehr fasziniert, dass er bis heute den blauen Kittel, der für jeden Junggesellen eigens handgenäht wird, nicht wieder ausgezogen hat.

Jetzt ist er nicht mehr einer von rund 40, jetzt ist Tobias Gensler, der gerade kurz vorm Meisterabschluss als Maurer im Stahl- und Betonbau steht, Mitglied im Vorstand und Hauptmann. Er führt den Zug durch die Innenstadt vorbei an den Kirmesbesuchern durch die Frankfurter Straße, der Spielmannszug und die Kameraden im Rücken. „Das“, sagt Tobias Gensler, „ist schon ein tolles Gefühl.“ Er bringt die Königin, deren Name im besten Fall geheim bleibt, ins Festzelt. Er inspiziert die Reihen, wenn die Junggesellen angetreten sind. „Und wenn da jemand Tennissocken trägt, gibt’s einen Rüffel.“ Er hat im Grunde das Generalkommando über das Fest.

Ein Fest, dessen offizielles (und inoffizielles) Programm den ganzen Junggesellen fordert. Da ist der „böse Mittwoch“ in der Stammkneipe, der Königsabschied am Donnerstag, die Zeltparty am Freitag, das Schießen auf der Festwiese nebst Krönungsball am Samstag, schließlich der legendäre Frühschoppen am Sonntag und das Schmücken des Jakobus-Brunnens. „Wer da am Montag noch dabei ist, hat’s geschafft“, sagt Tobias Gensler über die Tage, an denen Pils und Kümmerling in der Nahrungskette eines Junggesellen an Bedeutung gewinnen.

Aber hinter der Mitgliedschaft bei den Junggesellen stecken mehr als die Fähigkeit und die Lust zum ausgiebigen Feiern an einem Sommerwochenende. Die Gemeinschaft zählt. Und der Dienst jenseits der Festtage. „Wir haben beispielsweise in Eigenregie in den letzten Jahren die Festwiese hergerichtet“, sagt Tobias Gensler. „Noch vor kurzem haben wir eine Stromleitung dorthin verlegt.“

Für Tobias Gensler, der im letzten Jahr mit der zweiten Mannschaft des TuS Breckerfeld in die Oberliga aufgestiegen ist und parallel die U16 des Vereins gecoacht hat, bleibt ein Traum: Den entscheidenden Schuss auf die blaue Tonscheibe im Kasten abzugeben und sich die Königskette umzuhängen. So, wie es gute Tradition in der Familie ist. Fünf Jahre muss ein Junggeselle im Verein sein, bevor auf das Königspfand anlegen darf. Tobias Gensler muss noch ein Jahr warten. Und dann will er an seinem Lieblingsplatz ein besonderes Fest feiern.