Breckerfeld. .

Dass ein Gericht im Rathaus Breckerfeld tagt, dürfte ein Novum in der jüngeren Stadtgeschichte sein. Das Oberverwaltungsgericht Münster beschäftigte sich gestern einen ganzen Tag lang intensiv mit dem Flurbereinigungsverfahren Glör-Wald. Und urteilte am Ende formal zu Gunsten von neun Grundstücksbesitzern, deren Widersprüche gegen die Flurbereinigung von der Bezirksregierung Arnsberg zurückgewiesen worden waren.

„Ein Erfolg auf ganzer Linie“, so Landwirt Uli Ferron, einer von neun Klägern, nach der Entscheidung der Richter. Das Kuriose: Er und zwei weitere Kläger sind Vorstände der Teilnehmergesellschaft, in der jeder Grundstücksbesitzer Mitglied werden muss – egal ob er für oder gegen das Verfahren ist.

Zuschnitt beanstandet

Die Lage ist komplex. Rein rechtlich beanstandete das Gericht um die Vorsitzende Dr. Annette Kleinschnittger den Zuschnitt. „Die Gebietsabgrenzung ist für das Flurbereinigungsgericht nicht nachvollziehbar“, so die Richterin. Dabei hat das Gericht unter anderem eine Fläche des Regionalverbandes Ruhr im Auge, die im Rahmen des Straßenausbaus durchaus in Anspruch genommen werden könnte, bei der öffentlichen Vorstellung des Projektes noch Bestandteil der Flurbereinigungsfläche war, dann aber in den Plänen nicht mehr auftauchte. Die Bezirksregierung, die die Kosten des Verfahrens tragen muss, muss nun nachbessern und das Gebiet erweitern.

Grundsätzlich ist das Gericht allerdings davon überzeugt, dass ein rechtmäßiges Verfahren im Gebiet an der Glörtalsperre möglich ist („Wenn es auch an der ein oder anderen Stelle rumpelt“). Daran sowie an der Sinnhaftigkeit hatten die Kläger ebenfalls gezweifelt. Ihre Sorge: Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Flugbereinigung gar nicht das richtige Verfahren ist und Fördergelder zu Unrecht geflossen sind, so haftet die Teilnehmergesellschaft für mehr als 450 000 Euro.

Aus Sicht der neun Kläger sind die Besitzverhältnisse klar geregelt und die Wege in gutem Zustand. „Geld für eine Flurbereinigung brauchen wir in Breckerfeld an anderer Stelle viel dringender“, so Uli Ferron, Kläger und Ortslandwirt, mit Blick auf die so genannte „Milchkammer“ der Hansestadt. Auf Glör-Wald hätten Stadt und Regionalverband gedrungen, die vornehmlich die touristische Nutzung im Auge hätten.

Neben der rein juristischen Bewertung spielen allerdings viele weitere Komponenten rund um den beliebten Badesee, den der Regionalverband nebst der Freizeitschwerpunkt Glör GmbH weiter entwickeln will, eine Rolle. Zum Beispiel dieser: „In der Regel freuen sich die Leute, wenn der Staat kommt und ihnen etwas Gutes tut“, so Richterin Kleinschnittger. „Hier ziehen neun Beteiligte sogar vor Gericht, und alle anderen haben immerhin drei von ihnen in den Vorstand gewählt. Da hat es offenbar an vielen Stellen bei der Vermittlung gehakt.“

Auch nimmt das Gericht an, dass im Vorfeld bereits vieles festgezurrt sei. „Wenn man die Akten liest, gewinnt man den Eindruck, als lägen die Pläne bereits fertig in der Schublade“, so Dr. Annette Kleinschnittger. Entsprechende Vermerke wollen auch die Kläger bei der Akteneinsicht gefunden haben. „Schließlich beteiligen sich auch die Gemeinden finanziell. Aber an etwas, was es als Plan gar nicht gibt?“

Zweifel am Verfahren

Hinzu kommen weitere Angaben, die zumindest Zweifel am Verfahren nähren: Ein angeblich maroder Waldweg, der aber vor drei Jahren neu hergerichtet wurde. Holz-Lastwagen, die angeblich nicht wenden können, dies aber seit Jahrzehnten tun. Und Verflechtungen zwischen forstwirtschaftlichem und touristischem Verkehr, die es aus Klägersicht nie gegeben hat, die die Bezirksregierung jedoch dazu veranlassen, die Zufahrtstraße auf fünf Meter zu verbreitern, damit Busse und Lastwagen hier aneinander vorbeipassen.

Ausgeschlossen zumindest ist für das Flurbereinigungsgericht, dass die Zufahrt zur Glörtalsperre nur noch für den Freizeitverkehr genutzt und künftig weitere Wege mit Teerdecke im Gebiet entstehen.

„Eine Flurbereinigung kann man hier betreiben“, so Richterin Kleinschnittger, „ob die Welt sie braucht – diese Entscheidung liegt letztendlich bei der Bezirksregierung.“ Die Behörde muss nun nachbessern. Den gewählten Vorstand, der im Grunde gegen die Flurbereinigung ist, aber über das Verfahren sowie die korrekte Verwendung der Fördermittel wacht, wird sie nicht los. Weitere Klagen gegen den erweiterten Plan könnten die Folge sein.