Wehringhausen. Wehringhausen wirkte gestern Morgen wie eine dreckige Socke, die von links auf rechts gedreht wurde. Gestern fiel der Startschuss für die große, zweiwöchige Reinigungsaktion im Stadtteil.

Der rumänische Geistliche Johann Lacatus war auf den Wilhelmsplatz gekommen und sprach für seine Landsleute.
Der rumänische Geistliche Johann Lacatus war auf den Wilhelmsplatz gekommen und sprach für seine Landsleute. © WP | WP

Der rumänische Pfarrer Johann Lacatus war noch nicht fertig. Applaus unterbrach ihn. In dem Moment, als er sagte: „Wir rumänischen Mitbürger wollen helfen, dass diese Stadt sauber ist.“ Hinter dem Mann mit Anzug standen gestern Morgen Menschen auf dem Wilhelmsplatz, die von großen Teilen der öffentlichen Meinung zuletzt derbe kritisiert worden waren. Rumänen und Bulgaren. Als die größte Reinigungsaktion, die je in einem Hagener Stadtteil durchgeführt wurde, gestern Morgen in Wehringhausen begann, da war etwas davon zu spüren, was dem Stadtteil zuletzt dringend gefehlt hat: Zusammenhalt.

Wehringhausen wirkte gestern Morgen wie eine dreckige Socke, die von links auf rechts gedreht wurde. In der Grünstraße legten sie los. Die Männer in Orange. 40 von ihnen. Mit 25 Fahrzeugen. Dazu gingen im unteren Wehringhausen die Mitarbeiter des Wirtschaftsbetriebs ans Werk. Hundekot auf Baumscheiben: aufgehoben. Dreck auf dem Gehweg: auf die Straße gekehrt und entfernt. Schlanke Kehrmaschinen schnauften über die Bürgersteige. Hauseingänge wurden gereinigt, Unkraut rausgerissen, Bürgersteigfugen freigeritzt. Überall gingen Vorhänge an die Seite. Anwohner blickten überrascht hinaus. An der Bushaltestelle Buscheystraße stand ein betagtes Ehepaar. Er: „Was soll der Mist bringen?“ Sie haut ihm in die Seite und sagt: „Endlich passiert hier mal was. Wir können nicht jahrelang meckern und wenn dann so viele Menschen sauber machen, rummotzen.“

Damit traf das Ehepaar den Punkt, den Oberbürgermeister Erik O. Schulz beim Start der zweiwöchigen Sauberkeits-Kampagne (13 Tage, acht Stunden am Tag) auf dem Wilhelmsplatz angesprochen hatte: „Vermutlich wird es nicht dauerhaft sauber bleiben. Aber was ist die Alternative? Diese Aktion muss ein Anfang sein. Sie ist wichtig.“

Das Quartiersmanagement hatte schon im Vorfeld erklärt, „Vorbilder“ finden zu wollen. Menschen, die voran gehen für Wehringhausen. Für die die Sauberkeit des Stadtteils nicht nur ein Lebensaspekt, sondern eine Verpflichtung ist. Deutsche und ausländische Bürger sollten dafür gefunden werden – wichtig in einem Stadtteil, der von einer kulturellen Trennlinie durchzogen scheint. Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien wurden zuletzt für das starke Müllproblem im Quartier verantwortlich gemacht. Doch es sind auch Teile der deutschen Bevölkerung, die den Stadtteil vermüllen.

Die bulgarische Sozialarbeiterin Veska Petrova-Schneider gab ihren Landsleuten, die gestern gekommen waren, an deren Deutsch es aber noch hapert, eine Stimme: „Ich weiß aus Gesprächen, dass viele hier traurig sind, wie sie wahrgenommen werden. Viele der Bulgaren und Rumänen wissen wegen der Sprachbarriere gar nicht, dass die Bevölkerung sich über sie aufregt.“ In Bulgarien zum Beispiel gebe es kein Mülltrennungssystem. Deshalb müsse hier in Hagen intensiv kommunziert werden, damit die Abläufe von den Betroffenen verstanden werden. „Wir sind schon große Schritte nach vorn gegangen. Viele Bulgaren helfen auch schon bei der Reinigung im Viertel, hatten aber auch vorsichtige Kritik geäußert, weil sie das Logo der Reinigungsaktion nicht verstehen würden. Darauf steht „Ja, sauber! Wehringhausen“.