Hagen. . Cembalist Shalev Ad-El gastiert beim Klavierfestival Ruhr auf Schloss Hohenlimburg. Hausherr Fürst Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg fehlte beim gefeiertem Konzert.

Schloss Hohenlimburg gilt als schönster Spielort des Klavierfestivals Ruhr. In der intimen Atmosphäre des Fürstensaals bringt das Cembalo eine reizvolle Farbe ins Konzept des internationalen Pianistentreffens. Hier kann das Publikum Werke in ihrer originalen historischen Umgebung kennen lernen. Denn schon der Reichsgraf Moritz Casimir I. (reg. 1710-1768) stellte nur Bedienstete ein, die auch ein Instrument spielen konnten und legte damit den Grundstein zu einer eigenen Hofkapelle nach dem Vorbild von Friedrich II. in Berlin.

Neue Subjektivität

Gespielt wurden damals auf der Höhenburg jene Komponisten, die in Berlin in Mode waren: Georg Anton Benda (1722–1795), Carl Philipp Emanuel Bach (1714–1788) und der große Johann Sebastian Bach (1685–1750). Deren Schaffen widmet der israelische Cembalist Shalev Ad-El nun sein Konzertprogramm und macht damit eine Epochenwende hörbar – weg vom Barock, hin zum empfindsamen Stil mit seiner neuen Subjektivität.

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Shalev Ad-El ist nicht nur Cembalist, sondern auch Dirigent. Das merkt man vor allem an seiner Auffassung von Rhythmus und Puls. Er disponiert seine Interpretationen mit einem schönen, durchweg fließenden Atem, der seine Wurzeln in der Generalbasspraxis hat und auch den langsamen Sätzen stets etwas Vorwärtsdrängendes verleiht. Den alten Bach bringt er dabei regelrecht zum Tanzen in „Präludium, Fuge und Allegro“ BWV 998 und vor allem in der groß angelegten d-Moll-Toccata BWV 913. Der Ausdruckswille, der sich in diesem Opus manifestiert, bleibt nicht ohne Folgen. Sohn Carl Philipp Emanuel Bach durchbricht in seiner „Fantasie“ in fis-Moll die Schallmauer des galanten Künstlers, der zur Erbauung einer adligen Hörerschaft musiziert, ohne ihr allzu nahe zu treten. Shalev Ad-El spielt das fantastische Stück als emotionale Höllenfahrt mit schockierenden Bass-Schlägen, virtuosen Verzierungen und regelrechten Knalleffekten. Mit solchen Kompositionen ist das Cembalo als Instrument am Ende.

Virtuosen-Handwerk

Bachs Freund Georg Anton Benda traut sich derartige Seelenprüfungen noch nicht zu. In den drei vorgestellten Sonaten lotet er den damals modernen empfindsamen Stil aus, also den Versuch, die barocken Affekte durch echte Gefühle in der Musik zu ersetzen, vergisst aber darüber auch das Virtuosen-Handwerk nicht. Shalev Ad-El zaubert alle diese Effekte mit leichter Hand, die flirrenden Akkordbrechungen, das silbrige Rauschen der schnellen Läufe, die pikanten Manualwechsel und nicht zuletzt die unerwarteten Einsätze der Moll-Tonart, die schon für seelische Erschütterungen stehen. Zwei Zugaben muss der brillante Interpret geben, bevor das Publikum ihn entlässt.

Die Vorteile von Schloss Hohenlimburg als Konzertort sind zugleich auch seine Nachteile. Wegen der geringen Anzahl verfügbarer Plätze kann der Kartenverkauf die Aufwendungen nicht decken. Die Firma C. D. Wälzholz ermöglicht dieses Konzert; am 16. Juni wird die Firma Wippermann den Auftritt von Jean Rondeau unterstützen.

Ob das so weiter geht, steht in den Sternen. Hausherr Fürst Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg fehlte beim Konzert – im Hintergrund schwelt der Streit um das Deutsche Kaltwalzmuseum, das vom Schloss ins Freilichtmuseum umziehen will. Dr. Hans-Toni Junius, Vorsitzender der Geschäftsführung von C. D. Wälzholz, blickt denn auch skeptisch in die Zukunft: „Wälzholz fördert das Klavierfestival zum zweiten Mal. Wir wollen das gerne in den nächsten Jahren wieder tun. Ich hoffe, dass die Rahmenbedingungen dies zulassen.“