Hagen-Wehringhausen. Ein Afghanistan-Flüchtling leidet unter dem Müllentsorgungsverhalten seiner Mitbürger - darunter auch Deutsche. Der Müll sei kein Flüchtlingsproblem.

Südosteuropäer und Flüchtlinge sorgen dafür, dass Hagen ein zunehmendes Problem mit wildem Müll hat – richtig oder falsch? Und die Tatsache, dass etliche solcher Familien in Häusern ohne ordentliche Versorgung oder mit abgesperrtem Wasserhahn leben müssen, ist ein Grund dafür, dass immer mehr Spielplätze vollgekotet werden – richtig oder falsch? Zwei Thesen, die in der Hagener Öffentlichkeit diskutiert werden. Ein Flüchtling und die Mark-E widersprechen.

Afghanistan-Flüchtling Hamed Noori.
Afghanistan-Flüchtling Hamed Noori. © Unbekannt | Unbekannt

Gestatten: Hamed Noori aus Afghanistan, 25, geflohen vor den Taliban, die seinen Vater getötet haben. Nach etlichen Stationen ist er, der Jura und Politik studiert hat, in Hagen angekommen. „Vorzeige-Flüchtling“ oder „Ausnahme-Fall“ mögen Kritiker entgegen. Noori selbst begreift sich aber als Mensch, der seine Flucht auch als Chance, als Neuanfang begreift.

Nur eine Tonne vorhanden

„Und da ist es nicht schön, wenn es heißt, dass Flüchtlinge für das Müll-Problem sorgen“, sagt er, der seit 17 Monaten hier ist und als pädagogische Hilfskraft in einem Jugendheim arbeitet, in fließendem Deutsch. Er lebt in der Bismarckstraße in Wehringhausen in einem Zwölf-Parteien-Haus, in dem er der einzige Bewohner ist, der eine Mülltonne zur Verfügung hat, weil er sich selbst über den Fachbereich Jugend und Soziales darum gekümmert hat und ohnehin die Vorzüge des straff organisierten Hagener Entsorgungs-Prinzips zu schätzen weiß. Noori: „Es ist super, wenn immer an einem bestimmten Tag der große orangefarbene Wagen kommt und den Müll in der rausgestellten Tonne abholt.“

Toll sei auch, dass es ein Trennungskonzept gebe. Weniger toll hingegen sei, dass der Rest des Hauses und Leute aus der umliegenden Nachbarschaft den Müll entweder in seiner Tonne entsorgen oder ihn auf die Straße werfen – und darunter seien auch deutsche Mitbürger. „Das hat was damit zu tun, dass keine Tonnen da sind. Aber auch, dass es den Leuten, die aus anderen Ländern hergekommen sind, niemand richtig erklärt hat. Ich habe im Integrationskurs gelernt, wie das Abfallsystem funktioniert. Mit Aufklärung klappt das.“

Bei der Hagener Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (HGW), bei der die Stadt für Noori eine Wohnung angemietet hat, weiß man nichts davon, dass von den zwölf Abfalltonnen elf verschwunden sein sollen. Geschäftsführer Marco Boksteen: „Wenn Tonnen gestohlen werden, wird uns bzw. dem HEB das gemeldet und wir kümmern uns um Ersatz.“ Laut Abfallsatzung der Stadt ist jeder Eigentümer verpflichtet, eine Tonne von mindestens 20 Litern pro Woche und pro Kopf zu stellen.

Nur dreimal Wasser abgestellt

Auch beim Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) ist nicht bekannt, dass in der Bismarckstraße Tonnen weggekommen sind. Vielleicht auch, weil manche Hausbewohner gar nicht wissen, wo und wie man das meldet oder das sprachlich nicht können? „So wird es sein“, meint Hamed Noori.

So wie Hamed Noori der These widerspricht, dass Flüchtlinge für die Müll-Problematik sorgen würden, widerspricht die Mark-E der Kritik, dass Spielplätze vollgekotet würden, weil zu viele Menschen ohne Wasser und Strom auskommen müssten.

Im vergangenen Jahr sei in nur drei Häusern in Hagen das Wasser abgestellt worden. In zwei Häusern sei eine Mindestmenge Wasser verfügbar geblieben, nur in einem Mehrfamilienhaus in Wehringhausen habe es eine totale Sperrung gegeben. Und im gesamten Mark-E-Gebiet (Hagen und Märkischer Kreis) sei nur 1,5 Prozent der Kunden der Strom abgestellt worden.