Hagen. „Schämt Euch, ihr Gaffer vom Hauptbahnhof!“: Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat sich die Polizei Hagen auf ihrer Facebook-Seite an die mehr als zahlreichen Schaulustigen gewandt. Auch Rettungsflieger, Feuerwehr und viele Facebook-Nutzer zeigen ihre Empörung.

  • Die Hagener Polizei richtet harte Worte an die Schaulustigen am Hauptbahnhof
  • Dort war ein Mädchen angefahren und schwer verletzt worden
  • Die Gaffer haben die Rettungsmaßnahmen massiv behindert

Gegen 15.20 Uhr lief am Mittwoch an einer Fußgängerampel am Graf-von-Galen-Ring in Höhe des Busbahnhofes bei Rotlicht ein zehnjähriges Mädchen auf die Straße, prallte auf den Kotflügel des VW Golfes eines 43-jährigen Hageners und wurde zu Boden geschleudert.

Fassungslosigkeit

Schnell sammelte sich eine große Menschenmenge, dessen Verhalten bei der Polizei große Fassungslosigkeit auslöste. „Ihr solltet Euch was schämen, dass mehrere Hundert von Euch mit dem Smartphone in der Hand die Rettungsarbeiten massiv behindert haben. Euch ging es nur darum, das verletzte Kind und die Landung des Hubschraubers zu filmen“, schrieb die Polizei. Und weiter: „Polizisten in der Absperrung habt ihr gefragt, ob sie mal an die Seite gehen können, damit ihr besser filmen könnt. Unfassbar!“

Selbst die weißen Tücher, mit denen die Feuerwehr das schwerverletzte Mädchen den Blicken der Schaulustigen entziehen wollte, stellten laut Polizei für diese kein Hindernis dar: „Selbst das hat Euch nicht daran gehindert, mit Euren Smartphones in der Hand angelaufen zu kommen und über die Tücher zu gaffen. Das ist wirklich der Gipfel der Skrupellosigkeit.“

Dringlicher Appell

Sie stellte zum Schluss an die Schaulustigen einen dringlichen Appell: „Merkt Euch für die Zukunft eins: Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei sind da, um Leben zu retten und nicht, um durch Euch Gaffer in ihrer Arbeit behindert zu werden. Jeder von uns könnte der Nächste sein und bei der Menschenrettung zählt jede Sekunde. Wir haben im Einsatz echt was Besseres zu tun, als uns auch noch um Euch zu kümmern. Lasst zukünftig die Smartphones in der Tasche und geht einfach weiter.“

Neben der Polizei sind auch die Hagener Feuerwehr und die Rettungsflieger empört über das Verhalten vieler Schaulustiger. Feuerwehrmann Marcel Göbel: „Das riskante dabei ist, dass die Hilfeleistung zunächst in den Hintergrund gerät“. Für ihn persönlich sei der Eingriff der Gaffer sogar eine Form von unterlassener Hilfeleistung.

Personalstärke am Unfallort

Auch die Rettungsflieger sind erschüttert und prangern das Verhalten von Gaffern mit ihren Smartphones an. Die Hagener Polizei erklärt, dass sie bei Einsatzmeldungen mittlerweile genau hinterfrage, wie hoch das Aufkommen von Schaulustigen vor Ort sein könnte und richtet daran die Personalstärke am Unfallort aus.

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Der Facebook-Post ist bei der Bevölkerung auf sehr große Resonanz gestoßen. Er wurde bereits über 19.000 Mal geteilt und mehr als 3600 Mal kommentiert. „Ich finde es klasse, dass sich die Polizei hier bei FB an diese Dummköpfe wendet. Ich würde mir von Seiten der Polizei öfter mal klare Worte wünschen“, schreibt zum Beispiel Alex Mainski. „Traurig, woran sich so viele Menschen heutzutage erfreuen und aufgeilen können! Eine Frechheit und jeder Person, die da liegt, so etwas von unfair gegenüber! Sollten da alle selbst mal liegen und dann nach einem Selfie gefragt werden!“, schreibt Nike Schroth-Bates. Und Nicole Stohr: „Da stellen sich mir als Nothilfe-Instruktorin die Nackenhaare auf. Einfach respektlos und menschenunwürdig. Deswegen gehe ich in meinen Kursen auch darauf ein und appelliere: Stellt euch vor, ihr würdet da liegen.“

Auch auf Facebook-Seite der WP ein großes Thema

Auf der Facebook-Seite der Hagener Lokalredaktion ist der gestrige Unfall ebenso ein großes Thema. Auch hier äußern die Menschen Ihren Unmut über die Rücksichtslosigkeit der Schaulustigen. „Das ist die angeborene Sensationsgeilheit des Homo Sapiens. Es artet nur in letzter Zeit ein wenig aus, finde ich“, schreibt zum Beispiel Tobi Pistor. Und Jeany La Fleur schreibt: „Sorry, aber mir wird schlecht, wenn ich so etwas lese … die kleine Maus liegt dort wahrscheinlich in größter Gefahr.

In ihrem Kopf gehen wahrscheinlich die Gedanken rum von wegen: 'Wo ist Mama, wo Papa,wann kommt Hilfe' und all so etwas. Das Letzte, das dieses kleine Wunder gebrauchen kann, ist eine Horde Menschen, die es zu seiner eigenen Belustigung begafft, fotografiert und auch filmt. Die Menschen, die da stehen und so etwas machen, sollten sich in Grund und Boden schämen!!“