Auch wenn das finale Misstrauensvotum gegen Mark Krippner aus formalen Gründen gestern zunächst noch einmal vertagt wurde: Die intensive Kontroverse der SPD-Fraktion ist das Ergebnis eines seit Monaten schwelenden Prozesses und keineswegs bloß eine Spontanreaktion. Die vor zehn Tagen bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei seinen Verdienstausfall-Abrechnungen brachten bei den enttäuschten Genossen lediglich das berühmte Fass zum Überlaufen.

Die Kritik an dem Hohenlimburger geht tiefer: Krippner, der nach der Kommunalwahl 2009 den Fraktionsvorsitz von Jochen Weber übernahm, hat die Genossen in der Oppositionsrolle isoliert. Politik- und Gestaltungsunfähig, zu dürftige Vorbereitung von Ratssitzungen durch die Fraktionsspitze, eine zuletzt weitgehend inhaltsleere, dreitägige Klausurtagung zum Doppelhaushalt 2016/17 kombiniert mit politischer Günstlingswirtschaft sind zentrale Vorwürfe, die intern wiederholt formuliert wurden.

Aber auch in der Außenwirkung sind die Sozialdemokraten es leid, sich permanent in Bürgergesprächen für Krippners Politikstil, seine unvorstellbare Ämterhäufung und sein Versagen bei der Organisation von Ratsmehrheiten zu rechtfertigen. Ohne die Personalie Krippner – sekundiert von seiner stets in einem respektlosen Angriffsmodus agierenden Nebenfrau Nesrin Öcal – wäre im Rat eine Große Koalition und somit ein Mitregieren der SPD im Herbst vergangenen Jahres zum Greifen nahe gewesen. Doch eine ausgeprägte Krippner-Aversion in der CDU-Fraktion führte trotz aller Avancen letztlich dazu, dass die Reihen der Allianz sich umso enger schlossen und die SPD somit komplett ins Abseits rangiert wurde.

Krippner startete einst als ambitioniertes politisches Talent und stand zusammen mit Parteichef Timo Schisanowski für einen Generationswechsel in der SPD. Der 41-Jährige mit geringer Neigung zur Selbstreflexion gepaart mit ausgeprägter Beratungsresistenz hat sich seitdem in den Augen seiner Partei taktisch nur unzureichend weiterentwickelt. Es gärt ein Genossencocktail aus Frust, Wut, Gleichgültigkeit und Enttäuschung, der gestern in der Fraktionssitzung erstmals kontrolliert explodierte. Die entstandenen Risse dürften kaum noch zu flicken sein. Die endgültige Revolution folgt im April.