Hagen. Internet-Riese Amazon will künftig Buchläden führen und eine eigene Logistik aufbauen. Das würde neben dem Handel auch die Post unter Druck setzen.

  • Der Internet-Händler Amazon will US-Berichten zufolge in das stationäre Geschäft einsteigen
  • Gleichzeitig plant Amazon die Errichtung eines weltweiten Logistik-Netzes
  • Ein eigener Amazon-Paketdienst würde die Deutsche-Post-Tochter DHL hart treffen

Der Internet-Händler Amazon will US-Berichten zufolge in das stationäre Geschäft einsteigen und in den USA Buchhandlungs-Filialen aufbauen. Einen Testladen betreibt der Konzern bereits in Seattle. Gleichzeitig plant Amazon die Errichtung eines weltweiten Logistik-Netzes, mit dem die Firma die Lieferkette von der Fabrik bis zum Endverbraucher in Eigenregie beherrscht. Droht damit der gebeutelten deutschen Buchbranche neues Ungemach? Wir haben Experten in der Region gefragt.

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„Der Internet-Konzern versucht eine komplette Verdrängung des stationären Einzelhandels“, analysiert Stefan Könemann Geschäftsführer des Barsortiments Könemann mit Sitz in Hagen und Vorstandsmitglied des Börsenvereins des deutschen Buchhandels. „Die fahren eine extrem aggressive Marktstrategie. Diese Verdrängung betrifft auch die Verlage. Sie haben ganz offen kommuniziert, dass Verlage obsolet sind. Eine eigene Logistik ist das A und O, um dieses Ziel zu erreichen und die Wertschöpfung zu steigern.“

Ein eigener Amazon-Paketdienst würde die Deutsche-Post-Tochter DHL hart treffen, denn die gelbe Paketpost muss auch die Fläche beliefern, während sich Amazon auf die attraktiven, dicht besiedelten Ballungsgebiete konzentrieren könnte. Allein die Spekulationen über Amazons Logistikpläne haben die Stimmung für die Aktie des Postkonzerns belastet. „Das Bittere wird sein, dass die Deutschen es über Subventionen mit ihren Steuergeldern bezahlen werden, wenn Amazon eine Logistik-Kette in Deutschland aufbaut. Amazon selbst hingegen zahlt nur minimale Steuern, weil sie Gewinne ins Ausland verschieben“, erläutert Könemann.

Daten sind die neue Währung

Ob Amazon in Europa und vor allem in Deutschland mit seiner Buchpreisbindung tatsächlich im stationären Geschäft Erfolg haben könnte, bleibt für Könemann dennoch fraglich. „Dazu gehört Know How. Es hat ja seinen Grund, warum die beiden größten deutschen Filialisten in Schwierigkeiten geraten sind. Aber darum geht es nicht: Amazon will die stationäre Konkurrenz grundsätzlich aus dem Weg räumen, dafür sind die Buchläden nur der erste Schritt.“ Denn der Internetriese verfügt über die wertvollste Währung des digitalen Zeitalters: „Alleine die Datenmengen, die Amazon über seine Kunden hat, wird sie in die Lage versetzen, neue Konzepte im Einzelhandel zu betreiben“, so Könemann.

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Das schätzt Buchhändler Andreas Wallentin, Inhaber der Buchhandlung Daub in Menden, ähnlich ein. „Interessant ist, dass der Internethändler jetzt versucht, auf das bestehende stationäre Verteilungsprinzip zurückzukommen. Doch Amazon besetzt ja alle Vertriebswege. Solche Tendenzen zur Monopolisierung sind nie gut. Und Amazon vertreibt alles, nicht nur Bücher, und verdrängt damit alles vom Markt. Sie wollen zudem alles besetzen, was mit Medien zu tun hat, Bücher selbst publizieren, Filme drehen, Spiele entwickeln.“

Stationär als Vorbild

In der Buchbranche hält sich das Gerücht, Amazon wolle den Einstieg in den europäischen Markt über den Kauf des Filialisten Thalia mit Sitz in Hagen in Angriff nehmen. Damit würde die US-Firma über knapp 300 Ladenflächen in Innenstadtlagen verfügen, wo die Kunden ihre Pakete selbst abholen und von wo aus die angedachten Auslieferdrohnen starten könnten.

Thalia kommentiert das Gerücht nicht. Sprecherin Julia Hattrup beobachtet allerdings das Vordrängen von Amazon in den stationären Markt gelassen: „Unsere Erfahrung zeigt, dass die persönliche Präsenz und Beratung vor Ort für Kunden große Relevanz hat. Daher ist der stationäre Kanal in unserer Cross-Channel-Strategie ein zentrales Element. Dass auch reine Online-Händler darüber nachdenken, über eine lokale Präsenz diesen Gedanken für sich umzusetzen, unterstreicht einmal mehr die große Bedeutung des persönlichen Kontakts zum Kunden. Es ist doch schön, zu sehen, dass es dem stationären Buchhandel gelungen ist, in Sachen kanalübergreifendem Kundenerlebnis - auch für den internationalen Wettbewerb - eine Vorbildfunktion zu erlangen.“