Hagen. Für die Tier - und Pflanzenwelt Hagens sind die aktuellen Temperaturen eine absolut verkehrte Welt. Bio-Stations-Leiter Ralf Blauscheck im Gespräch.

  • 11 bis 13 Grad in Hagen
  • Natur gerät aus dem Takt
  • Tiere nicht im Winterschlaf

Von wegen weiße Weihnacht, Schlittenfahrten am Ischelandteich oder verbotene Schneeballschlachten auf dem Schulhof. Stattdessen herrschen 11 bis 13 Grad in Hagen und man ist eher in Grill - als in Weihnachtsmenü-Stimmung. Für die Tier - und Pflanzenwelt Hagens ist das gerade eine absolut verkehrte Welt. „Die Natur gerät durch das feucht-warme Klima durcheinander“, sagt Ralf Blauscheck, Leiter der Biologischen Station.

Wildschweine finden aktuell Futter satt auf den Waldböden.
Wildschweine finden aktuell Futter satt auf den Waldböden. © WP Michael Kleinrensing

Es gebe tonnenweise mehr Früchte als zu dieser Zeit des Jahres eigentlich üblich, sagt Blauscheck. Die Wiesen lägen voll mit gut erhaltenen Äpfeln. Kleinvögel, Rehe, Wildschweine – sie alle fänden Futter satt. Nüsse, Hagebutten, es gebe überall was zu knabbern. Eichhörnchen könnten unentwegt weitersammeln, weil der Winter bislang ausbleibt. Winterschlaf? Wofür denn?

Aber: Die feucht-warme Witterung setze den Tieren auch Schaden zu. Denn die feuchte Milde sei der optimale Nährboden für Pilz- und Viruserkrankungen. Zudem werde der Winterschlaf vieler Tiere entweder ausgesetzt oder dauernd unterbrochen, weil es einfach zu warm sei, so Blauscheck. Igel zum Beispiel würden so immer wieder einen Weckreiz empfinden. Irritiert sind auch Fledermäuse, die eigentlich schon sechs oder acht Wochen im Winterschlaf sein müssten.

Dass es bei zu warmen Dezember- und Januar-Temperaturen zu einem erhöhten Aufkommen an Bienen und Wespen im Sommer 2016 kommen könnte, sei eine falsche Annahme, so Blauscheck. Denn die empfindlichen Eier der Wespen und Bienen sind ganz besonders von der Pilz-Problematik betroffen. „Alle möglichen Keime satteln sich bei diesem Wetter darauf auf“, sagt Blauscheck. Das könne die Populationen erheblich dezimieren. Insekten jeglicher Art seien eigentlich auf einen harten Winter mit langen Frostphasen eingestellt.

Auch die Körper von Allergikern kämen völlig durcheinander. Aktuell befänden sich die Haseln nämlich kurioserweise in der Blütephase, die eigentlich im März liegt. Heißt das jetzt zwei Nies-Phasen innerhalb eines halben Jahres für Betroffene? Ja, das könnte sein. „Die Blüte könnte im Frühling ausbleiben, wenn sich die Pflanze nach dem vermutlich noch kommenden Frost physiologisch nicht schnell genug umstellt“, so Blauscheck. Tut sie das aber doch, jucken Nase und Augen erneut.

Die Natur könne vieles Abpuffern – auch starke Temperaturschwankungen wie die jetzigen. „Manche Tierarten werden durch Pilz- oder Virusinfektionen aber auch zurückgedrängt werden“, erklärt Blauscheck.