Breckerfeld. .

Als Deutschland von Inflation und Hunger geschüttelt wurde, gründeten die Bauern im Breckerfelder Ortsteil Bühren 1922 eine Sterbekasse. Damit wollten sie gewährleisten, dass der Tod eines Angehörigen und die damit verbundenen Beerdigungskosten niemanden in den Ruin trieben. Denn Bestattungen waren – damals wie heute – teuer.

Auch in Berghausen und Umgebung schlossen sich die Landwirte in den 20er Jahren zu einer Sterbekasse zusammen. Dieses privat organisierte Versicherungsprinzip funktioniert bis heute: Die Mitglieder zahlen einen geringen Beitrag, im Todesfall wird die Versicherungssumme als Sterbegeld an die Erben ausgezahlt, die davon die Beerdigung, oder zumindest einen Teil davon, bestreiten können. „Denn der Tod kostet nicht nur das Leben“, sagt Harald Wambach.

1981 fusionierten die Sterbekassen der Bauernschaften aus Bühren und Berghausen zur Vereinigten Sterbekasse von Breckerfeld-Dahlerbrück. Nun ist auch deren Zeit gekommen. Auf der Generalversammlung im Aufenthaltsraum des Campingplatzes der Familie Rutenbeck stimmten die Mitglieder einstimmig für einen Zusammenschluss mit der benachbarten, wesentlich größeren, in Schalksmühle beheimateten Sterbekasse der Nachbarschaft Volme. „Die Bezirksregierung Arnsberg hat uns zu diesem Schritt geraten“, so Wambach. „Und es ist auch bestimmt der beste Weg in die Zukunft.“

Wie schon bei der Fusion vor 34 Jahren sind es die sinkenden Mitgliederzahlen, die die Verschmelzung erforderlich machen. Zwar zählt die Sterbekasse noch rund 350 Beitragszahler, doch die Nachbarn in Schalksmühle sind mit gut 1100 Mitgliedern vielversprechender aufgestellt. Die neue Vereinigung wird daher nicht nur den Namen „Nachbarschaft Volme“ übernehmen, sondern auch deren Vorstand: Sandra Wambach als Vorsitzende, Christine Weinberger-Heedfeld als 2. Vorsitzende sowie Harald Wambach als Geschäftsführer. Der alte Vorstand der kleineren Breckerfeld-Dahlerbrücker Kasse um Klaus Halverscheidt zieht sich dagegen zurück.

In der Person von Harald Wambach (61) laufen die Fusionsfäden zusammen. Geboren in Dahlerbrück und wohnhaft in Breckerfeld, gehörte er von Kindesbeinen an zur Sterbekasse der Bauernschaft Bühren. Durch seinen Beruf – Wambach war jahrzehntelang bei der Sparkasse in Schalksmühle tätig – erhielt er auch Kontakt zur Nachbarschaft Volmetal und übernahm dort die Geschäftsführung. „Es ist eine Heirat unter Gleichen, die Versicherungssummen und die Beiträge liegen in beiden Kassen in etwa gleich hoch“, bewertet er die beschlossene Fusion, die noch der Zustimmung des Regierungspräsidenten bedarf.

Kinder mitversichert

Leider sei es heutzutage ausgesprochen schwierig, junge Menschen zum Beitritt in eine Sterbekasse zu bewegen, fährt Wambach fort: „Der Tod ist für sie so weit weg, dass sie sich nicht mit ihm beschäftigen möchten.“ Dabei basiere eine nachbarschaftlich bzw. örtlich eingerichtete Sterbekasse nach wie vor auf der sinnvollen Begründung, die Kosten einer Beerdigung im Zaum zu halten. Denn für Sarg, Grabstelle, Nutzung der Friedhofskapelle, Blumenschmuck und Kränze, das Kaffeetrinken mit Nachbarn, Bekannten und Verwandten, Benachrichtigungskarten, Zeitungsanzeigen etc. kommen schnell 5000 Euro zusammen: „Und selbst mit diesem Betrag kommt man oft nicht hin.“

Da kann den Hinterbliebenen das Sterbegeld als willkommenes, finanzielles Polster dienen. Wer der Sterbekasse bis zum 20. Lebensjahr beitritt und 12 Euro pro Jahr einzahlt, ist mit 1040 Euro versichert. Wer seine Angehörigen höher absichern möchte, kann mehr einzahlen bis zu einer Versicherungssumme von maximal 7280 Euro. Wie bei einer Lebensversicherung gilt: Je älter man am Tage des Beitritts in die Sterbekasse ist, desto geringer fällt die Leistung aus. „Kinder jedoch können bis zum 18. Lebensjahr beitragsfrei mitversichert werden“, berichtet Wambach.

Nostalgische Buchführung

Er kann sich noch gut an die 60er Jahre erinnern, da zog er als Knirps von Haus zu Haus, um die fälligen 50 Pfennig Monatsbeitrag einzusammeln. Noch heute nutzt er die alten Registraturhefte, um den Kassenbestand zu dokumentieren und Versammlungsergebnisse zu protokollieren.

Aus Nostalgie, nicht weil der Sterbekasse das Licht ausgeht. Immerhin verwaltet die neue, fusionierte Vereinigung Einlagen im Wert von 1,8 Millionen Euro. Die Sterbekasse erfüllt auch im Wohlstands-Deutschland ihren Zweck.