Hagen. Der Hagener Buchfilialist Thalia entdeckt die Kompetenz seiner Händler als Argument gegen Amazon. Positives Ergebnis nicht nur im digitalen Geschäft.

Das Hagener Buchhandelsunternehmen Thalia erklärt seine Talfahrt für beendet. „Die Neuausrichtung ist abgeschlossen, wir blicken auf ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr zurück mit zwei Prozent Wachstum auf allen Kanälen“, so Michael Busch, der Vorsitzende der Geschäftsführung, am Donnerstag. „Wir haben positive Ergebnisse, auch unterm Strich. Jetzt kommen wir wieder in die Wachstumsphase hinein, auch mit Neueröffnungen.“

Die Verkaufsgerüchte um Thalia nach der Herauslösung aus der Douglas-Holding kommentiert Busch indessen nicht: „Wir stehen auf eigenen Beinen und können unsere Entscheidungen auf Grund der Marktbedingungen treffen.“

Die Stunde der Wahrheit schlug vor gut drei Jahren – und zwar nicht nur für den großen Filialisten Thalia, sondern auch für viele kleine inhabergeführte Buchhandlungen. Damals hatte der Online-Konzern Amazon im Weihnachtsgeschäft erstmals einen großen Teil der Kaufkraft abgesaugt. Mit einer selbstverordneten Restrukturierung suchte Thalia Wege aus der Krise. Großes Augenmerk lag dabei auf dem digitalen Geschäft, das die europäische Branche bis zum Amazon-Schock nicht ernst genug genommen hatte.

Vertriebskanäle enger verzahnen

Seither hat das Hagener Unternehmen rund 20 seiner knapp 300 Filialen geschlossen – Busch: „Wir mussten bei weitem nicht so deutlich schneiden, wie wir am Anfang befürchtet hatten.“ Vor allem aber hat man investiert – in technische Entwicklungen und neue Erfahrungen. Heute weiß man bei Thalia: „Das Thema Buch und die Lokalität vor Ort, das ist unsere DNA. Der persönliche Kontakt zum Kunden in unseren Buchhandlungen ist der Kern unseres Geschäfts.“ Es gehe nicht darum, parallel stationäre und digitale Geschäftsstrategien zu fahren, sondern die verschiedenen Kanäle miteinander zu vernetzen und enger zu verzahnen.

Die Allianz der Buchhändler bei der Entwicklung des Lesegerätes Tolino als Konkurrenz zum Amazon-Kindle führt dazu, dass gedruckte und elektronische Bücher inzwischen in den Ladengeschäften und im Internet nebeneinander präsent sind. „Unser Marktanteil im E-Buch-Geschäft hat sich auf 20 Prozent erhöht. Damit ist Thalia mit deutlichem Abstand hinter Amazon der zweitgrößte E-Buch-Händler in Deutschland.“

Entgegen früherer Katastrophenwarnungen registriert die Branche inzwischen, dass das Pendel sich vom Internet-Handel wieder zum Geschäft vor Ort zurückbewegt. „Wir wachsen im Buch auch in unseren Buchhandlungen, das ist ganz wichtig, das hätte ich vor zwei Jahren nicht gedacht“, bilanziert Michael Busch. „Das zeigt, dass die Buchbranche insgesamt eine stabile Branche ist.“

Neue Filialkonzepte

Ohnehin kann der stationäre Buchhandel von der veränderten Einzelhandelslandschaft in den Innenstädten profitieren. Viele kleine Fachgeschäfte mit Spezial-Sortimenten wie Spielzeug oder Schreibwaren mussten aufgeben. Der Buchhandel hingegen hat schon früh auf eine Sortimentserweiterung mit Artikeln gesetzt, die buchaffin sind und den Umsatz ankurbeln. Auch hier hat Thalia in den vergangenen drei Jahren experimentiert und durchaus Lehrgeld bezahlt. „Wir haben viel getestet mit Partnern und festgestellt, dass wir am erfolgreichsten sind, wenn wir es alleine machen“, so Busch. Und: Sortimente wie Musik-CDs, DVDs, Papeterie oder Spielwaren müssen zum Umfeld Buch und zum Standort passen. Aus diesen Erfahrungen resultiert eine Rückbesinnung auf das Kerngeschäft: „Wir haben dem Buch wieder mehr Fläche und mehr Bedeutung gegeben. Das hat den Filialen gut getan.“

Diese Aufwertung will sich in neuen Filialkonzepten spiegeln. Holzböden und gediegenes Interieur sollen traditionelle Verweilatmosphäre schaffen, während gleichzeitig modernste Technik den Kunden schnelles Recherchieren ermöglicht.

Dass Amazon den Begriff der lokalen Relevanz nicht kennt, wird dabei zum wichtigen Instrument der Kundenbindung im stationären und im digitalen Geschäft. Während bei dem Internet-Kaufhaus zum Beispiel ein Computer Kaufempfehlungen errechnet, wird bei Thalia nun die Kompetenz der Buchhändler auch im Internet sichtbar gemacht. Diese schreiben Kurzkritiken, die über eine digitale Plattform vernetzt werden. „Der lokale Buchhändler ist auf der App und kann Empfehlungen geben. Als stationäre Buchhandlungen haben wir den lokalen Bezug, und wir müssen diesen über alle Kanäle ausspielen.“

Der Filialist ist zwar aus dem Tal, aber nicht über den Berg. Michael Busch: „Die Neuausrichtung ist abgeschlossen, aber Thalia ist noch nicht an dem Ziel, wo wir mal waren und wo wir wieder hinwollen. Wir haben da noch einiges vor uns.“