Hagen.
Stellen Sie sich mal vor, Sie würden ihren Mallorca-Urlaub antreten und würden sich dafür nicht von Ihren Freunden oder Verwandten zum Dortmunder Flughafen fahren lassen, sondern nach Emst. Ja, richtig gelesen: nach Emst. Es hat nämlich nicht viel gefehlt und der Dortmunder Flughafen wäre sozusagen in Hagen errichtet worden. Damit gehört das Projekt zu den großen Verkehrsvisionen an der Volme, die niemals verwirklicht wurden, sondern in einer Schublade verschwanden. Vier dieser Visionen kramen wieder heute wieder hervor.
Der Traum vom Flughafen
„Der Traum vom eigenen Flughafen in Hagen ist eine Geschichte unerfüllter Visionen, kommunalpolitischer Versäumnisse, einer von den Realitäten überholten Stadtplanung sowie dem Missbrauch der Fliegerei zu machtpolitischen Zwecken“, schreibt Ralf Blank in einem Beitrag dazu, aus dem wir im Folgenden zitieren. Blank ist Fachdienstleiter Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen.
Mit 40 000 Reichsmark hatte sich Hagen 1925 an der Gründung der in Dortmund ansässigen Luftverkehrs AG Westfalen beteiligt. Die Stadt Dortmund war damals mit 300 000 Reichsmark Hauptanteilseigner. Obwohl in Hagen bereits 1912 auf der Hochfläche von Emst ein Flugfeld bestanden hatte und Karl-Ernst Osthaus Anfang 1914 Perspektiven für den Luftverkehr aufzeigte, fand die Fliegerei keinen Eingang in die städtebaulichen Planungen. Während der Flugplatz in Dortmund Brakel 1925 ein fester Bestandteil des richtungsweisenden Verkehrsplans wurde. In Hagen starteten kleinere Maschinen und Sportflugzeuge.
Die Hagener Verwaltung entwickelte 1927 konkrete Planungen für die Erweiterung des Flugfeldes zu einem Verkehrsflughafen, doch die Bemühungen kamen zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon zu spät. Am 14. Juni 1935 richtete OB Heinrich Vetter ein Schreiben an das Luftfahrtamt, weil er gehört hatte, dass der Dortmunder Flughafen für militärische Zwecke eingezogen werden sollte. Auf Emst sollte der Ersatz dafür entstehen. Doch am 19. Juni 1935 erhielt die Stadt einen ablehnenden Bescheid des Oberpräsidiums. Dortmund solle weiterhin als Zivilflughafen betrieben werden. Die Chance auf einen Hagener Flughafen war vertan.
Das NS-Fliegerkorps hatte 1937 große Pläne mit dem Emster Flugfeld und wollte es mit zwei großen Flugzeughallen und einem Empfangsgebäude aufrüsten. Auch die Stadt plante 1939 den weiteren Ausbau des Geländes, wie Grundstücksankäufe und Planierungsarbeiten belegen. Doch daraus wurde aus nicht überlieferten Gründen nichts. Bis Kriegsende war der Flugplatz Standort einer schweren Flakbatterie. Doch nach Kriegsende stand die Nutzung des Flugplatzes in Hagen nicht mehr zur Debatte. Mit der Bebauung des Areals ab 1950 durch Wohnsiedlungen endete in Hagen der Traum vom eigenen Flughafen.
Das Projekt „Hagen-Bahn“
Eine Milliarde Gesamtinvest. 180 Kilometer Streckennetz. Ein riesiges Projekt, das kurz vor seiner Realisierung stand. „Wir waren damals nah dran“, sagt Michael Grzeschista über das Projekt „Hagen-Bahn“. Es wurde niemals in die Tat umgesetzt. Die Idee dahinter war Ende der 90er Jahre: Ein Straßenbahn-Netz, das den Bahnhof mit dem Innenstadtbereich und dem Friedrich-Ebert-Platz verbindet. Abgehend vom Bahnhof und aus der City sollte die Bahn Richtung Lüdenscheid, Meinerzhagen, Ennepetal, Schwerte, Gevelsberg und Dortmund führen. Städte, aus denen Hagen heute starke Pendlerzuströme hat, in die aber auch viele Hagener zum Arbeiten fahren.
Vorteil: Schnellere Reisezeiten
„Wir waren damals schon zur Besichtigung einer solchen Bahn in Karlsruhe. Der Vorteil wären viel schnellere Reisezeiten, auch innerhalb der Stadt gewesen.“ Andere Städte hätten solche oder ähnliche Modelle auf Verbindungen, die so stark frequentiert sind wie zum Beispiel die Strecke aus der Innenstadt nach Haspe, realisiert. Grzeschista: „Da haben andere eine U-Bahn gebaut.“ In der Hagener Innenstadt hätte die Hagen-Bahn zwölf Haltestellen haben sollen.
Rüdiger Ludwig gehörte damals zu den Mitstreitern Grzeschistas. „Die City ist heute verbaut, die Chance vertan. Das war eine große Möglichkeit. Und wenn man sieht, wo die Menschen heute leben, zum Beispiel im Volmetal, dann wäre so eine Bahn durchaus sinnvoll.“ Eilpe als dicht bewohnter Stadtteil würde ebenfalls davon profitieren.“ Die heutigen Trassen durch das Volmetal und Richtung Dortmund sind eine Andeutung des einstigen Verkehrsplans, der nie verwirklicht wurde.
Das Kabinentaxi
In Vorhalle surrte jahrelang eine revolutionäre Verkehrstechnik über die Felder unterhalb der A1. Das System der Kabinentaxis war ausgereift und hätte in Serie gehen können. Doch dazu kam es nie.
Politische Prominenz und sogar arabische Scheichs machten sich auf den Weg an die Volmarsteiner Straße, um das Testgelände zu besichtigen. Das Bundesforschungsministerium hatte die Entwicklung der Teststrecke, die 1974 eröffnet und von der Firma Demag aus Wetter betrieben wurde, als Antwort auf die Ölkrise in Auftrag gegeben. Bei den Kabinentaxis handelte es sich um fahrerlose, elektrische Fahrzeuge von der Größe eines Autos, die von einem Computer gesteuert wurden. Sie konnten hängend wie eine Schwebebahn oder stehend auf Schienen fahren. Die Fahrgäste wählten ihr Ziel per Knopfdruck, auf der Vorhaller Teststrecke gab es drei Haltestationen und eine Werkhalle. Obwohl die Resonanz auf die bis zu 40 km/h schnellen Vehikel im In- und Ausland groß war, wurde der Betrieb 1981 eingestellt und die Strecke demontiert.
Die Stadtautobahn
Was das heute für Auswirkungen hätte, vermag keiner der aktuellen Experten zu sagen. In den Schubladen des Bauordnungsamtes schlummert der uralte Plan einer Stadtautobahn für Hagen, die – sehr vereinfacht gesagt – um das Hagener Zentrum herumführen und alle Stadtteile miteinander verbinden sollte.
Die Idee dazu entstand in Hagen vor 50 bis 60 Jahren, als Verkehrsplaner alles daran setzten, die Städte in Autostädte zu verwandeln. Freie und flüssige Fahrt für Autos in allen Bereichen einer Stadt galt damals als oberste Maxime der Verkehrsplanung. Doch auch diese Idee wurde in Hagen niemals Wirklichkeit. Nur der Innenstadtring wurde realisiert.