Hagen-Hohenlimburg. . Wir sitzen in der ersten Stuhlreihe der reformierten Kirche in Hohenlimburg. Es ist kühl und die gesprochenen Worte hallen – als Echo von den dicken Steinmauern – durch das leere Kirchenschiff. Doch es sind warmherzige Worte einer jungen Pfarrerin, die für zwei Gemeinden verantwortlich ist und Kraft aus ihrer unumstößlichen Lebensfreude schöpft.

„Gemeinde ist mehr als nur Gottesdienst“. Davon ist Pfarrerin Dr. Tabea Esch überzeugt und genau deshalb liebt sie ihre Arbeit in der reformierten Kirchengemeinde Hohenlimburg, der sie seit 2014 vorsteht. Die promovierte Theologin trat die Nachfolge von Dr. Thorsten Jacobi an, der in Belgien ein neues Aufgabenfeld übernahm.

Zwei Gemeinden, eine Pfarrerin

Zu den größten Herausforderungen zählt die seelsorgerische Betreuung zweier Gemeinden. Denn seit November 2011 besteht zwischen den reformierten Gemeinden Hohenlimburg und Wiblingwerde eine pfarramtliche Verbindung.

Lutherische und reformierte Gemeinden

1. Wieviele Mitglieder haben die Gemeinden? Die evangelisch-reformierte Gemeinde hat in Hohenlimburg 1040 Mitglieder (in Wiblingwerde sind es rund 1100 Gemeindemitglieder). Die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Elsey hat derzeit mehr als 9000 Gemeindemitglieder, hinzu kommen noch die Mitglieder der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Berchum.

2. Seit wann gibt es die Gemeinden und wo gibt es Gottesdiensstätten?

Evangelisch-reformierte Gemeinde: Die reformierte Kirche Hohenlimburg wurde von 1749 bis 1751 erbaut. Graf Moritz Casimir zu Bentheim-Tecklenburg förderte den Bau.

Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Elsey: Etwa 1223 wurde mit dem Bau der Elseyer Kirche begonnen. Es handelt sich um eine romanische, dreischiffige, zweijochige Hallenkirche. Zum ersten Pfarrbezirk Elsey gehört die Patronatspfarrstelle. Die Gottesdienststätte des zweiten Pfarrbezirkes (Hohenlimburg, Oege, Nahmer, Wesselbach) ist die über 100 Jahre alte Kreuzkapelle. Zum dritten Pfarrbezirk (Reh) gehört das 1973 errichtete moderne Gemeindezentrum Paul-Gerhardt-Haus.

Evangelisch-reformierte Kirche Berchum: Die kleine Barockkirche stammt aus dem Jahr 1731.

3. Wann finden Gottesdienste statt? In der Regel sonntags. Familien- und Kindergottesdienste gehören dazu. In Berchum wird nur am ersten und dritten Sonntag im Monat Gottesdienst um 10.45 Uhr gefeiert, am zweiten Sonntag um 18 Uhr.

4. Wie heißen die Seelsorger?

Evangelisch-reformierte Gemeinde: Pfarrerin Dr. Tabea Esch.

Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde: Hans-Jörg Kröckert (Elseyer Kirche), Achim Dreessen (Kreuzkapelle), Johannes Bevers (Paul-Gerhardt-Haus).

Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Berchum: Pfarrerin Christine Schönwälder.

5. Welche Aktivitäten gibt es außerhalb der Gottesdienste?

Evangelisch-reformierte Kirche: Es gibt einen Kinder- und einen Jugendchor, Frauengruppen, eine Cafeteria, in der sich Menschen zu Gesprächen treffen, die Klön- und die Mal-Gruppe. Mit „evangelisch extra“ gibt es ein bildungs- und kulturorientiertes Programm, das ergänzend zu den konventionellen Aktivitäten der Kirchengemeinde angeboten wird.

Evangelisch-lutherische Gemeinde Elsey: In den drei Pfarrbezirken gibt es eine Vielzahl von Gruppen, zum Beispiel: Krabbelgruppen, Männerkreis, Frauenhilfe, Blaues Kreuz, Kreativgruppen, Besuchsdienst, Bibelkreis, Senioren-Tanzgruppe, Besuchsdienst, Jugendforum und den Arbeitskreis Christlich-Islamische Begegnung (AKCIB). Zudem gibt es analog zum Programm „evangelische extra“ bei den Lutherischen das Programm „Brückenbau“.

Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Berchum: Unter anderem sind die Frauenhilfe und der Kindertreff aktiv.

6. Werden andere Einrichtungen innerhalb der Gemeinden betrieben? Die evangelisch-reformierte Gemeinde Hohenlimburg hat eine Kooperation mit der Ökumenisch-Diakonischen Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt, die einen Eine-Welt-Laden betreibt. In der ev.-lutherischen Gemeinde Elsey ist jedem Pfarrbezirk ein Kindergarten zugeordnet (Lindenbergstraße, Kaiserstraße, „Unterm Regenbogen“). Zudem gibt es evangelische Friedhöfe Im Niedernfeld und Esserstraße (in Trägerschaft der Ev. Friedhofsverwaltung Lüdenscheid-Plettenberg) und das Evangelische Krankenhaus Elsey (in Trägerschaft der Diakonie Südwestfalen). In Berchum gibt es die Jugendbildungsstätte Berchum der Evangelischen Schülerinnen- und Schülerarbeit in Westfalen (ESW).

7. Welche sind die Stärken und Schwächen der Gemeinde?

Stärken: Zu den größten Stärken der Gemeinden zählt das ehrenamtliche Engagement.

Schwächen: Es mangelt an jüngeren Gemeindemitgliedern.

8. Welche ist die größte Herausforderung?

Zu den größten Herausforderungen zählt der Umgang mit dem demografischen Wandel. Daran geknüpft ist die Frage, wie man Gemeinde gestalten kann, um möglicherweise neue Mitglieder zu gewinnen.

„Beide Gemeinden arbeiten selbstständig. Sie teilen sich lediglich eine Pfarrerin“, so die 36-Jährige. Vom Stress dieser Doppelbelastung ist kaum etwas zu spüren. Wenn man mit Tabea Esch über ihre Arbeit, ihre Ziele und ihre Auffassung von Glauben spricht, strahlt sie über das ganze Gesicht. Sie sieht tatsächlich nicht nur einen Beruf, sondern eine Berufung.

Sie selbst glaubt, dass sie nicht das Bild einer klassischen Pfarrerin vermittelt. „Ich suche das Gespräch mit Menschen nicht, weil ich Pfarrerin bin und man dies eventuell von mir erwartet. Ich komme einfach gerne mit Menschen ins Gespräch und begegne diesen immer mit großer Offenheit“, sagt sie. Das gesprochene Wort ist nicht nur im Gottesdienst ein wichtiges Element. Für die Pfarrerin ist es eine Brücke zu Menschen, die sie gerne beschreitet.

Freude am gemeinsamen Gespräch

Der Grund dafür liegt unter anderem in ihrer Vergangenheit. Ihre mehrjährige Arbeit im Hospiz hat die Pfarrerin intensiv geprägt. „Ich habe dort unglaubliche Erfahrungen gemacht. Man kann von Menschen, die im Sterben liegen, sehr viel lernen.“

Die Freude am gemeinsamen Gespräch ist auch ein Grund für die Harmonie zwischen den beiden Gemeinden. „Eine Gemeinde zeichnet sich meiner Meinung nach durch Menschen aus, die im Glauben zusammenfinden und ihre Stärken, Schwächen aber auch Hoffnungen teilen“, so die Mutter eines vierjährigen Sohnes. Sie selbst sieht sich dabei als Teil eines Teams und setzt auf die gemeinsame Arbeit. „Ich möchte, dass wir eine sichtbare Gemeinde sind, die sich nicht versteckt. Das bedeutet auch, dass man für Menschen da ist, die dieser Gemeinde nicht angehören“, erklärt Dr. Esch. Sie spielt damit auch auf die aktuelle Flüchtlingshilfe an, die die Gemeinde leistet.

Als Pfarrerin muss sie auch Zukunfts-Managerin sein: „Wir müssen uns stetig mit der Frage beschäftigen, wie man Gemeinde entwickeln kann. Der demografische Wandel ist spürbar, weil das Verhältnis von Getauften und Sterbenden in einem Ungleichgewicht steht.“

Gottesdienste vom Hang zur Musik geprägt

Daher beschäftigt sie sich intensiv damit, wie man Kirche an Jugendliche herantragen kann. Für ihre Konfirmanden nimmt sie sich viel Zeit und hat auch den kirchlichen Unterricht in Hohenlimburg reformiert. „Wir haben ein Konzept erstellt, das vom klassischen Unterricht abweicht. Ich treffe mich samstags mit den Jugendlichen und biete zudem donnerstags Eventabende an, an denen ich mit den Konfis unterschiedliche Veranstaltungen plane“, so Esch, die damit auf die langen Schultage der jungen Christen reagiert. „Die Jugendlichen sind einfach gelöster, weil sie nicht im Stress des schulischen Alltags versinken.“

Die gemeinsame Arbeit zwischen Wiblingwerde und Hohenlimburg ist für die Theologin ein wichtiger Schritt. „Ich möchte versuchen, dass wir über den Tellerrand hinaus schauen. Man sollte versuchen, auch mit anderen Gemeinden der Region gemeinsam zu arbeiten“, so Esch, die zwar in Freudenberg geboren wurde, sich in Hohenlimburg aber pudelwohl fühlt.

Die Gottesdienste in der reformierten Kirche sind nicht selten von ihrem Hang zur Musik geprägt. Und sie hat in der kurzen Zeit mit ihrer Violine schon oft für zauberhafte Klänge im Gotteshaus gesorgt.