Südwestfalen. Im Amateurfußball sucht man derzeit nach neuen Konzepten gegen Gewalt auf dem Platz. Fußballkreise in Südwestfalen fordern härtere Konsequenzen.
Drei Spieler allein in Essen lebenslang gesperrt – im Amateurfußball häufen sich derzeit die Schlägereien. Der Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen (FLVW) arbeitet daher hinter den Kulissen an einem Konzept gegen die Gewalt auf den Plätzen. Solche Überlegungen gebe es nach den jüngsten Ausschreitungen in ganz Deutschland, sagt Hermann Korfmacher, Präsident des FLVW.
Die Spruchkammern der Fußballkreise sollen zum Beispiel künftig die Vorstände oder Fußballverantwortlichen der Vereine zu Schulungen verurteilen können, damit diese lernen, wie sie Vorsorge gegen Gewalt treffen, überlegt Korfmacher. Doch noch, fügt er hinzu, seien die Pläne nicht entscheidungsreif.
Härte der Attacken hat zugenommen
„Es wäre hilfreich, wenn wir künftig auch beim Vorstand ansetzen könnten“, begrüßt Andreas Hesse, Vorsitzender der Spruchkammer in Olpe, die Idee. „Denn wenn die Vereine nicht gut geführt werden, setzt sich dies häufig auf dem Platz fort“, glaubt er.
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„Wir werden uns da etwas überlegen müssen; ich sehe den Bedarf“, sagt auch Peter Claußnitzer, Kreisgeschäftsführer in Hagen. Zwar hat die Zahl der Attacken unter den Spielern oder gegen Schiedsrichter im Kreis in den vergangenen drei Jahren nicht zugenommen. Wohl aber die Härte, sagt Peter Claußnitzer.
Kieferbruch nach Fausthieb im Kreis Iserlohn
Es werde nicht mehr nur geschubst, sondern zugeschlagen. Auch die Beleidigungen würden rauer. Schon heute schickt der Hagener Kreisvorstand Vertreter zu Gesprächen in die Vereine, wenn ein Spieler auffällig geworden ist. Zudem verfolgen Spielbeobachter vom Platzrand aus, wie sich die Partien entwickeln.
Mit einem Kieferbruch ist im Kreis Iserlohn in dieser Saison ein Spieler vom Platz gegangen, nachdem einer der Gegner ihm einen Fausthieb versetzt hatte. Dafür bekam der Täter von der Spruchkammer die Höchststrafe von 18 Monaten Sperre. Sechs Monate gab es für einen Spieler der A-Jugend, der den Schiedsrichter geschlagen hatte. Der Unparteiische sackte darauf zu Boden, weil er seine Zunge verschluckt hatte.
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Die ersten schweren Tätlichkeiten seit langer Zeit, sagt Horst Reimann, stellvertretender Vorsitzender des Kreises. „Eigentlich geht es hier sonst recht zivilisiert zu.“ Gewalttaten gebe es „sonst nie“, nur Kabbeleien und Pöbeleien. Drei bis vier Mal pro Jahr komme es deshalb bei den Senioren zum Spielabbruch, höchstens zwei Mal pro Jahr bei den Junioren.
Solidarität gefordert
Weitere Mittel gegen die Gewalt auf dem Platz hat er daher bisher eigentlich nicht für erforderlich gehalten. Vielmehr sollten Instrumente, die es im Verband schon gibt, auch tatsächlich eingesetzt werden. Problemlotsen habe man vor Jahren im Jugendbereich eingeführt – dann aber allein gelassen. „Das hat man einschlafen lassen“, kritisiert Reimann den Verband.
Konsequenz fordert auch Michael Schütte, Vorsitzender im Kreis Hochsauerland. Es gebe genügend Sanktionsmöglichkeiten, man müsse Tätlichkeiten aber auch wirklich ahnden, so der Polizeibeamte. Wenn ein guter Spieler zum Beispiel in einem Verein wegen Tätlichkeiten ausgeschlossen werde, dürfe ein anderer ihn nicht bald darauf aufnehmen, fordert er mehr Zusammenhalt.
Verein wehrte sich gegen Deeskalationstraining
Vor einigen Jahren ist im Hochsauerland ein immer wieder auffälliger Verein ganz aus dem Kreis ausgeschlossen worden. Seitdem sei Ruhe eingekehrt, heißt es in der Region.
Zum Deeskalationstraining ist ein Spieler im Kreis Olpe vor wenigen Monaten nach einer Tätlichkeit von der Spruchkammer verurteilt worden. Teilgenommen hat er daran nicht, berichtet Andreas Hesse. Statt 300 Euro dafür zu bezahlen, nahm der Verein lieber eine längere Sperre in Kauf.