Hagen. Warum werden in einem Viertel, wo der Bedarf an Straßensanierung nicht hoch zu sein scheint, Baumaßnahmen ausgeführt, während desolate Straßen noch ewig auf ihre Sanierung warten können?

Ein bisschen wirkt das so, als wenn die einzige Werkstatt am Ort nur Neuwagen repariert, aber nicht den durchgerosteten Dreier-Golf oder den klappernden Corsa B. So kommt es unter anderem Franz Gödde vor, einem Anwohner im Fleyerviertel, der sich verwundert die Augen reibt, wenn er aktuell aus dem Fenster blickt: „Es ist doch Wahnsinn, wenn der Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) hier in teure Komplettsanierungen investiert, obwohl andere Straßen und Gehwege, zum Beispiel in Altenhagen, Wehringhausen oder in der Innenstadt in einem deutlich schlechteren Zustand sind.“

Teilweise teure Kopfsteinpflaster

In der Scharnhorststraße und der Steubenstraße seien teilweise ehemalige Einfahrten, die nun vor Zäunen oder Wiesen enden würden, mit teurem Kopfsteinpflaster ausgestattet worden, sagt Gödde. Es entstehe der Eindruck, dass hier nicht unbedingt allein der Zustand der Gehwege in einer der besten Hagener Wohnlagen eine Rolle bei der Priorisierung gespielt habe.

Dahlenkampstraße: So wie hier sieht der Untergrund in vielen Ecken Hagens aus. Die Straße ist zigfach geflickschustert worden.
Dahlenkampstraße: So wie hier sieht der Untergrund in vielen Ecken Hagens aus. Die Straße ist zigfach geflickschustert worden.

Die FDP-Fraktion im Rat hat den Ball aufgenommen und an den Stadtentwicklungsausschuss weitergespielt. Die Liberalen wollen wissen, wieso im Fleyerviertel Straßen erneuert werden, obwohl in anderen Quartieren Straßen in viel schlechterem Zustand sind und was die Maßnahmen kosten. Zum anderen wollen die Liberalen erfahren, auf Grundlage welcher Prioritätenliste das geschieht. Sie beantragen, dass der Fachbereich Bauordnung sowie der WBH beauftragt werden, eine öffentliche Prioritätenliste zu erstellen hat und dass der Stadtentwicklungsausschuss selbstständig Änderungen daran vornehmen könne. Die nächste Sitzung des Gremiums ist am 14. Mai.

WBH für Unterhalt der Straßen zuständig

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Zuständig für die Unterhaltung der Straßen ist die Stadttochter WBH, die die Straßen regelmäßig mit vier Straßenbegehern abfährt und begutachtet, ob Schäden die Verkehrssicherheit gefährden. Zu Beginn eines Jahres werden erforderliche Sanierungsarbeiten an Straßen, Gehwegen und Plätzen gesammelt und – in Absprache mit städtischen Ämtern sowie Ver- und Entsorgungsbetrieben – vorgestellt. Dabei wird auch bestimmt, welche Arbeiten ausgeführt und welche aus Kostengründen zurückgestellt werden müssen.

Was heißt das für das Fleyerviertel? „Die Gehwege im Fleyerviertel wurden nicht komplett erneuert“, sagt WBH-Vorstand Hans-Joachim Bihs. Die Maßnahmen seien durchgeführt worden, um den Wert der jeweiligen Straße zu erhalten und sie schadenstechnisch nicht in den Bereich einer Investitionsmaßnahme abrutschen zu lassen. Derlei Investitionsmaßnahmen, die Angelegenheit der Stadt Hagen und nicht des WBH sind, übersteigen die Aufgaben und finanziellen Möglichkeiten der Straßenunterhaltung bei weitem und sind angesichts der Hagener Haushaltssituation kaum durchführbar.

Straßen, die 2015 noch saniert werden

Unter Investitionsmaßnahmen fallen alle Arbeiten, die unterhalb der Deckschicht einer Straße ausgeführt werden, was bei den meisten maroden Straßen in Hagen der Fall wäre. Arbeiten in der Deckschicht sind Unterhaltungsmaßnahmen – Flickarbeiten, die der WBH auch ohne Abstimmung durchführen kann. Im Fleyerviertel wurden Gehwegplatten wieder ebenflächig verlegt. Gebrochene Platten wurden ersetzt und im Bereich der Grundstückszufahrten kaputte Pflastersteine ersetzt. 2015 werden die Eugen-Richter-, die Enneper- und Kölner Straße als Investitionsmaßnahmen saniert.

Für den Bürger sei das paradox, sagen WBH-Vorstand Bihs und Burkhard Schwemin aus der Bauverwaltung unisono. Schwemin: „Wir retten vielerorts den Zustand, den wir haben, um Wert zu erhalten und einer Investitionsmaßnahme zuvorzukommen und die Straßen, die richtig kaputt sind, werden erstmal kaputt gelassen.“ Bihs: „In vielen anderen Straßen befinden sich tatsächlich Gehwege in einem schlechteren Zustand, aber sie sind mit einfachen Mitteln nicht mehr zu erhalten.“

Prioritätenliste soll kommen

Eine „Prioritätenliste Straßensanierung“ ist übrigens auf dem Weg. Nach einer Erstbefahrung hat der WBH alle Straßen auf einer Gesamtbildfläche abgebildet. Nach der nächsten Befahrung werden die Straßen Schadensklassen zugeordnet. Später soll nach einem Punktesystem die jeweilige Sanierungsbedürftigkeit einer Straße abgelesen werden können und daraus auch der Zeitpunkt, wann die Sanierung der betreffenden Straße erfolgen wird.