Hagen-Haspe. . Rund 600 Designer-Anzüge, Fracks und Smokings haben Diebe aus einem Lager in Haspe mitgehen lassen. Der Inhaber hat eine Belohnung ausgesetzt.

Die Worte des Gutachters der Versicherung klingen noch in seinen Ohren. Ricky Kohl solle sich keine Sorgen machen, er habe jetzt alles getan, um vor Einbrüchen geschützt zu sein. Von hinten käme niemand in seinen Laden.

Freitag, zweiter Weihnachtsfeiertag: In den frühen Morgenstunden parkt ein weißer Lieferwagen hinter dem Lagerverkauf der Firma „Brandsforfriends.com“ an der Enneper Straße in Haspe-Westerbauer. Der Fahrer öffnet das Tor, fährt hinter das Gebäude und verschließt das Gatter artig wieder. Dann setzen er und seine Komplizen einen Wagenheber ­zwischen die Gitterstäbe, die vor dem Fenster angebracht sind, und biegen diese auseinander. Sie knacken den Holzrahmen und drücken das Fenster auf.

Klein oder Kind

Einer der Täter, es muss eine kleinwüchsige, schlanke Person oder ein Kind gewesen sein, dringt in den Verkaufsraum des Modegeschäftes ein und reicht Smokings, Fracks, Hochzeits- und Designeranzüge durch den schmalen Spalt nach draußen. Ca. 600 feinste ­Herrenanzüge verlassen auf diese Art das Geschäft. Die Täter flüchten mit Waren in einem Wert, der im hohen fünfstelligen Bereich liegt (Einkaufswert).

Belohnung in Höhe von 2000 Euro ausgelobt

Ricky Kohl hat eine Belohnung in Höhe von 2000 Euro ausgelobt für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen.

Diese nehmen die Polizei unter 986 2066 oder Ricky Kohl selbst unter 02333/608536 entgegen.

Gegen Mittag des zweiten Feiertages fährt Ricky Kohl vor dem Geschäft vor und entdeckt die böse Bescherung. „Ich wollte eigentlich nur ein paar Kisten mit Anzügen vorbeibringen und dann das“, sagt der Geschäftsmann, der in Ennepetal einen Großhandel für Designer- und Hochzeitsanzüge betreibt und den Lagerverkauf in Haspe als zweites Standbein sieht. „Die Täter müssen über mehrere Stunden am Werk gewesen sein, ohne dass jemand die Polizei gerufen hat.“ Wach geworden ist offenbar nur eine ältere Nachbarin, die im zweiten Stock des Mehrfamilien- und Geschäftshauses wohnt. Sie tritt ans Fenster, sieht einen weißen Lieferwagen.

Zeugen-Irrtum

„Weil aber in der Wohnung darunter Bauarbeiter aus Polen untergekommen waren, die ebenfalls einen weißen Kleinbus fahren, hat sie nicht Alarm geschlagen“, erzählt Ricky Kohl. Was die Dame nicht wusste: Die Nachbarn waren längst in Richtung Heimat aufgebrochen, um dort mit ihren Familien das Weihnachtsfest zu feiern.

In diesen Lagerverkauf an der Enneper Straße wurde zum zweiten Mal binnen eines halben Jahres eingebrochen.
In diesen Lagerverkauf an der Enneper Straße wurde zum zweiten Mal binnen eines halben Jahres eingebrochen.

Bereits im August war in das Geschäft in Haspe eingebrochen worden. Auch damals nahmen die Täter wertvolle Designer-Anzüge, Smokings, Fracks und Hochzeitsanzüge mit. Wenngleich auch nicht so viele wie am zweiten Weihnachtstag. „Wir haben die Sicherheitsmaßnahmen daraufhin verschärft“, sagt Ricky Kohl. Die Tür zum Hausflur, durch die die Täter damals eindrangen, wurde von innen so verriegelt und verrammelt, dass sie nicht mehr zu öffnen ist. Zusätzliche Alarmsicherungen wurden eingebaut. „Nur dass jemand den Weg zwischen den Gitterstäben von hinten hindurch in den Laden sucht, hielt nicht einmal der Gutachter für möglich“, sagt Monika Kohl, die in dem Geschäft ihres Sohnes und ihrer Schwiegertochter arbeitet. Die dreiste Einbrecherbande hat alle eines Besseren belehrt.

Markt nur in Osteuropa

Dass sich die Kleidungsstücke in Deutschland oder im benachbarten Ausland verkaufen lassen, glaubt Ricky Kohl nicht. „Es gibt nur sehr wenige Geschäfte, die überhaupt Fracks und Smokings anbieten“, so der Geschäftsmann, „das ist Kleidung, wie man sie höchsten auf dem Presseball oder dem Wiener Opernball tragen kann.“ Zu diesen Läden habe er als Großhändler engen Kontakt. „Die sagen sofort Bescheid, wenn ihnen meine Ware angeboten wird.“ Die einzige Absatzmöglichkeit sieht Ricky Kohl vor diesem Hintergrund in Ost- und Südosteuropa.

Der Verlust von 600 Anzügen trifft Ricky Kohl kurz vor den besten Tagen. „Zwischen Januar und März suchen jene ihren Anzug aus, die im Frühjahr und frühen Sommer heiraten“, sagt Kohl, dessen Kundschaft nach eigener Aussage aus ganz Deutschland anreist. „Zumindest die komplette Ware kann ich kurzfristig nicht ersetzen.“