Hagen. . Ein 27-Jähriger hat sich auf einer Großbaustelle als amtlicher Baukontrolleur ausgegeben. Die Maskerade wirkte, er deckte mehrere Baumängel auf.
Er (27) inspizierte gewissenhaft die Bauarbeiten in der Rathaus-Galerie Hagen, überprüfte penibel Bauarbeiter und Arbeitsgeräte, fertigte mehrfach Mängelprotokolle. Schnell kannten Bauleitung und Oberbauleitung den strengen Kontrolleur der Bauaufsichtsbehörde Düsseldorf. Selbst der Architekt (51) begleitete ihn sechs Stunden lang über die Baustelle. Niemand ahnte, dass es sich um einen Hochstapler handelte.
Kurzgeschorenes Haar, Kapuzenpulli und schwarze Jeans, so sieht ein „Hauptmann von Köpenick“ heute aus, wenn er vor dem Hagener Amtsgericht sitzt. Der Mann aus Sundern (Sauerland) ist wegen „Amtsanmaßung“ angeklagt. Im Juni soll er den Eindruck erweckt haben, ein amtlicher Baustellenkontrolleur zu sein, sich siebenmal den Zutritt zur gut bewachten Großbaustelle der Rathaus-Galerie verschafft und Mängel gerügt haben.
Er schrieb Mängelprotokolle
Was könnte dahinterstecken? Der Angeklagte bezeichnet sich selbst als „Dachdecker und Finanzmanager“. Auch das dürfte hochgestapelt sein. Er lebt derzeit von Sozialhilfe und hatte vor Jahren eine Dachdeckerlehre abgebrochen. „Ich interessierte mich immer noch für solche Großbaustellen und wollte dort unbedingt mal aufs Dach.“
Dieser Herzenswunsch wäre ihm wohl nie erfüllt worden, wenn er bei der Wahrheit geblieben wäre. Also musste er bluffen, die Aufpasser an der Einlasskontrolle überlisten und die Verantwortlichen schließlich geschickt narren. Das gelang offenbar sehr eindrucksvoll.
Wachmann Marco Hendricks (28) erinnert sich genau an den 16. Juni, als der Angeklagte vor der Baustelle an der Rathausstraße erstmals vorfuhr: „Im schwarzen VW-Kombi mit gelbem Blinklicht auf dem Dach und einem großen Schild hinter der Scheibe: Baustellenaufsicht.“
"Ich bin seit 25 Jahren Architekt und hatte keinerlei Zweifel"
Der Fahrer zog sich einen Schutzhelm auf, legte sich eine Sicherheitsweste um. Dann stellte er rund um sein Auto rot-weiße Sicherheitshütchen auf. An der Einlasskontrolle zückte er lässig einen Dienstausweis: „Bauaufsichtsamt Düsseldorf“ und sagte, er habe einen Termin mit der Bauleitung.
Der falsche Kontrolleur bemängelte fehlende Helme, Warnwesten und Schutzschuhe bei Bauarbeitern. Ein Sicherheitszaun musste ausgetauscht werden. Seine Beanstandungen schrieb er in ein selbst gebasteltes „amtliches Mängelprotokoll“. Carolin Elberg aus dem NRW-Bauministerium: „Er hat das Logo unserer Behörde benutzt.“
Der Angeklagte verteidigt sich: „Die Bauleitung fragte mich: Wann kommen Sie zur Nachkontrolle wieder? Schon war ich in der dummen Sache drin.“ Besonders gut habe er sich mit dem Architekten verstanden, „mit ihm habe ich Mittag gegessen.“ Dieser kann noch immer nicht fassen, auf einen Hochstapler hereingefallen zu sein: „Ich bin seit 25 Jahren Architekt und hatte keinerlei Zweifel. Er machte einen guten Eindruck, fachlich in Ordnung. Wir sind gemeinsam über die Baustelle gegangen und haben etliche Mängel aufgeschrieben.“
Zwei Einbrüche auf Prestigebaustelle
In den nachfolgenden Tagen, so auch am 20. und 23. Juni, war der angebliche Baustellenkontrolleur ein häufig gesehener Gast auf der Prestigebaustelle. Und genau in diesem Zeitraum, zwischen dem 20. und 23. Juni, passierten dort zwei Einbrüche, weiß Polizeihauptkommissar Bernd Kühlmorgen: „Ein verschlossener Container wurde aufgebrochen, Baugeräte im Wert von über 8200 Euro gestohlen.“ Dass der falsche Kontrolleur etwas damit zu tun hatte, konnte nie bewiesen werden und wurde auch nicht angeklagt.
Richter John verhängt acht Monate Haft und setzt die Strafe zur Bewährung aus: „Ein klassischer Fall der Amtsanmaßung. Aber er hat keinen Schaden angerichtet, ganz im Gegenteil, die Aufgaben einer echten Bauaufsicht erfüllt und tatsächlich erreicht, das Mängel behoben wurden.“