Hagen.. Das Bahnhofsviertel ist ein schäbiges Pflaster, finden viele Hagener. Einen völlig anderen Blick auf das Quartier gibt es am Hähnchenwagen von Georgios Papandreou. Über dessen Vordach zieht die neue Innenstadtwache ein. Für das Viertel, sagt Papandreou, werde das der Aufbruch in eine gute Zukunft sein.

Georgios Papandreou ist der Beweis dafür, dass viele Dinge manchmal nicht so sind, wie sie zu sein scheinen. So auch im Bahnhofsviertel. Welche Adjektive schießen uns in den Kopf, wenn wir daran denken? Eine kleine Auswahl: Grau. Schäbig. Kriminell. Unsicher. Dreckig. Wo Bahnhofstraße und Hindenburgstraße sich kreuzen, gibt es aber auch eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Sie ist herzlicher als das Graue-Maus-Image des Viertels es vermuten lässt. Und sie ist voller Hoffnung. Auf Veränderung und Perspektive. Ein Besuch an „Papas“ Hähnchenwagen.

Seit elf Jahren steht er mit seinem Duftspender, der den Geruch von Brathähnchen bis in alle Nebenstraßen verteilt, am ehemaligen Aral-Parkhaus. Im kommenden Jahr will die Polizei hier ihre neue Innenstadtwache errichten. Für „Papa“, wie ihn alle nennen, wird das auch Veränderung bringen. Der Wagen soll sich in einen kleinen festen Pavillon verwandeln. Der 56-jährige Grieche, der auch an der Augustastraße und am Kirchplatz in Haspe einen Wagen betreibt, will auf jeden Fall im Bahnhofsviertel bleiben.

StadtplanungBahnhofsviertel ein Angstraum

„Hier wird genau der richtige Weg eingeschlagen“, sagt Papandreou, während er unentwegt Menschen grüßt und Sprüche erwidert, die man ihm zuruft. „Der Bahnhof wird saniert und umgebaut, die Politik hat das Viertel auf dem Schirm und jetzt zieht bald die Polizei hier hin. Das sind positive Impulse.“ Er wisse, wie die Menschen hier im Viertel beäugt werden und dass das Bahnhofsviertel für viele ein Angstraum ist. „Ja, das ist eine Junkie- und Trinkergegend, und ja, hier gibt es Läden, für die viele kein Verständnis haben. Aber für alles, was man hier sieht, gibt es einen Markt. Diese Dinge gehören zum Leben dazu, und sie gehören auch in eine Stadt wie Hagen.“ Das gelte für alle Wettbüros genauso wie für das Sex-Kino wenige Meter weiter.

Papandreou betrachtet das Revier mit den Augen eines Geschäftsmannes, an dessen Hähnchenwagen das ganze Viertel zusammenkommt. „Das ist vielleicht nicht der schönste Ort in Hagen, aber hier im Viertel herrscht neben allen Schwierigkeiten auch eine nette menschliche Atmosphäre. Hier kommen Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammen. Der OB und der ganz einfache Mann haben an meinem Wagen schon zu Mittag gegessen.“ Auf die Junkies und die Trinker ist Papandreou vor Jahren gezielt zugegangen. Die Zugänglichen unter ihnen hat er angesprochen und sie gebeten, auf den Rest der Szene einzuwirken, die Kundschaft an seinem Wagen nicht zu belästigen. Als Gegenleistung gibt es hin und wieder ein Mittagessen.

Related content„Ich glaube an das Viertel“

Er will in zehn Jahren immer noch mit seinem Hähnchenwagen an der Bahnhofstraße stehen. „Weil ich hier an das Viertel glaube. Es ist nicht so schlecht, wie die meisten Menschen in Hagen es sehen.“ Manchmal, da treffe er an seinem anderen Wagen am Hasper Kirchplatz auf Menschen, deren Weg von Zuhause zum Bahnhof kürzer wäre als nach Haspe. „Sie sagen mir dann, dass sie sich da nicht hintrauen. Ich sage dann: Kommt doch einfach mal vorbei und macht euch ein eigenes Bild anstatt den weiteren Weg in Kauf zu nehmen.“

Vielleicht, so hofft Papandreou, wird der Einzug der Polizei in das alte Parkhaus auch den ein oder anderen Mieter wieder ins Bahnhofsviertel locken. Die ehemalige Dresdner- Bank-Filiale bei ihm gegenüber wäre so ein Objekt, dass er gerne wieder belebt sehen würde. „Hier wird sich vieles zum Positiven verändern“, sagt er zum Abschied, „ganz sicher.“