Fröndenberg. Fröndenberger beweisen Zivilcourage, als sie sich am Samstagmittag auf dem Marktplatz zur Demo für Demokratie und gegen Rechts treffen.

Samstagmittag auf dem Fröndenberger Marktplatz: Bis in den letzten Winkel stehen die Demonstranten dicht an dicht bei der ersten Demo gegen Rechts und für Demokratie in Fröndenberg. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg.

„Es geht um meine Zukunft.“
Lea Radik, Teilnehmerin der Demo

Kinder, Jugendliche, Menschen in der Mitte des Lebens und Senioren und Seniorinnen bevölkerten den Platz rund um die Bühne. Es war ein Miteinander der Generationen. Unter ihnen Demo-Teilnehmer Matthias Radik: „Für uns ist es die erste Demo in unserem Leben, aber da muss man einfach mitmachen. Schließlich darf sich die dunkelste Geschichte Deutschlands auf keinen Fall wiederholen“, sagt er und seine Tochter Lea ergänzt: „Es geht um meine Zukunft“.

Die Erzieherin der Gemeinschaftsgrundschule Fröndenberg (re.) zusammen mit Freundin Ines Kaderhardt. Sie halten die von Schülern gebastelten Plakate.
Die Erzieherin der Gemeinschaftsgrundschule Fröndenberg (re.) zusammen mit Freundin Ines Kaderhardt. Sie halten die von Schülern gebastelten Plakate. © Susanne Springer | Suanne Springer

Auch viele ehrenamtliche Mitarbeitende, die sich für soziale Projekte einsetzen, zeigten gerne nicht nur ihre Plakate, sondern auch ihr Gesicht. Zu ihnen zählen Jochen H. Preising, Lisa Kruse und Ute Kraft, die Rentner unterstützen das Dorfcafé „Buntes Sofa“ in Ardey und soziales Engagement gehört für sie einfach zum Leben. „Für uns ist es eine Verpflichtung heute hier zu sein. Wenn die Braunen an die Macht kommen, muss ich auswandern“, so Preising, der sein Leben ausschließlich in einem demokratischen Land verbringen möchte. Ein Stück weiter stehen Regine und Engelbert Thulfaut aus Bösperde neben Heinrich Bücker und seinen Freunden aus Fröndenberg. „Die Ruhr ist schon lange keine trennende Grenze mehr, der Weg über die Brücke ist ein Klacks“, erklären sie lachend. Doch ganz gleich, ob Fröndenberger oder Mendener: Bei einer Aktion, wie der Demo am Samstag, sind die Städte nicht allein geografisch eng miteinander verbunden.

Bis in die letzte Ecke gefüllt, der Marktplatz in Fröndenberg.
Bis in die letzte Ecke gefüllt, der Marktplatz in Fröndenberg. © Susanne Springer | Susanne Springer

Überrascht über die große Anzahl an Menschen

Sebastian Richter machte es sich zur Aufgabe durch die Kundgebung zu führen und zeigte sich zu Beginn gleich freudig überrascht über die große Menge an Menschen, auf die er von der Bühne aus blickte. Auch Bürgermeisterin Sabina Müller wisse sehr wohl um die Sorgen der Zukunft vieler Menschen. „Wir sind seit vier Jahren permanent in einem Krisenmodus, wir sorgen uns um unsere Zukunft. Trotzdem: Lüge, Hass und Hetze sind gefährlich und nicht Realität“, sagte sie und appellierte an die Anwesenden, dem entgegenzutreten, immer wieder das Gespräch zu suchen und sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen.

Nie wieder ist jetzt, unser Kreuz hat keine Haken.
Runa Ahl

Christian Kotnik, Francis Lange und Björn Beckmann spielten als „Band ohne Namen“ Rock und Ballanden für den Frieden.
Christian Kotnik, Francis Lange und Björn Beckmann spielten als „Band ohne Namen“ Rock und Ballanden für den Frieden. © Susanne Springer | Susanne Springer

Runa Ahl und Heiner Redeker betraten ökumenisch vereint das Podest. Ahl, ein Kind der 80er betonte niemals geglaubt zu haben, dass sich in Deutschland die dunkelste Zeit der Geschichte wiederholen könnte. „Nie wieder ist jetzt, unser Kreuz hat keine Haken“, rief sie in die Menge. Ihr katholischer Kollege Redecker eröffnete seine Rede mit einem Zitat von Simon und Art Garfunkel bei ihrem legendären Konzert im Central Park in New York, zu dem sich seinerzeit viele tausend Menschen friedlich versammelten. Der Gemeindereferent warnte: „Passivität ist gefährlich.“ Er wisse aber auch, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus keine Kurz-, sondern eine Langstreckendisziplin sein werde.

Warf man einen Blick hinter die Bühne, sah man ältere Menschen in Rollstühlen, die auf Hilfe angewiesen sind. Den Bewohner und Bewohnerinnen des Hauses Hubertia im Schmallenbach Verbund war die Teilnahme an der Demo trotz aller Umstände eine Herzensangelegenheit. „Als ich davon hörte, habe ich sofort den Wunsch geäußert teilnehmen zu können“, so die 80-jährige Barbara Kontoneas und blickte dabei lächelnd auf die jüngsten Anwesenden. Die Kinder, die mit ihren Eltern gekommen waren, hatten es sich inzwischen auf dem Boden gemütlich gemacht, folgten aber konzentriert den Worten der Redner.

Gemeinsam gegen Rechts.
Gemeinsam gegen Rechts. © Susanne Springer | Susanne Springer

Emotionale Reden rühren zu Tränen

Von großer Aussagekraft war der Auftritt des Patenkreises. Mitarbeitende und Mitglieder lasen Paragrafen aus dem Deutschen Grundgesetz. Ihre Hände, die die Zettel hielten, zitterten, als die vor Terror und Verfolgung geflohenen neuen Mitbürger Sätze sagten wie: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Es ist nicht immer alles einfach und es gibt keine einfache Antwort auf das, was gerade passiert. Aber ich lasse mir meine Vielfalt und Freiheit nicht wegnehmen.
Mara Allhoff, ehemalige Schulsprecherin der Gesamtschule Fröndenberg

Emotional war die Zeit auf dem Marktplatz für alle Anwesenden durchweg. Nicht zuletzt durch die sorgsam ausgewählten Musikstücke, die live auf der Bühne performt wurden. Als Mara Allhoff, ehemalige Schulsprecherin der Gesamtschule Fröndenberg, die Bühne betrat und sprach, rührte sie zum Teil zu Tränen. „Ich besuche eine Schule, die für Individualität und Vielfalt steht, die sich einsetzt für unsere Stärken und unsere Einzigartigkeit. Es ist nicht immer alles einfach und es gibt keine einfache Antwort auf das, was gerade passiert. Aber ich lasse mir meine Vielfalt und Freiheit nicht wegnehmen“, so die 19-jährige Abiturientin, die vorhat, die Welt zu bereisen. „Wir sind alle gleich und doch ist jeder Einzelne so anders, das macht Gemeinschaft stark.“ Diesen Worten war zum Ende der neunzig minütigen Demonstration für Demokratie und Freiheit in Fröndenberg nichts mehr hinzuzufügen.