Fröndenberg. Seit Wochen organisieren Awo, Stadt und Ehrenamtler das coronabedingte Ersatzangebot in Fröndenberg. Die Solidarität beeindruckt.

"Armut ist ein strukturelles, gesellschaftliches Problem", sagt Birgit Mescher, bei der Stadtverwaltung für Senioren, Familien und Gleichstellung zuständig. Die Corona-Krise habe eben jenes Problem in Fröndenberg nochmals deutlich gemacht. Über Nacht schloss die Tafel ihre Ausgabe auf dem Mühlenberg und zahlreiche Ruhrstädter standen vor dem Nichts. Aus dieser Situation will man nun lernen - und auch politisch aktiv werden.

Zahlreiche Unterstützer

Am 26. März kam der Anruf aus Unna, erinnert sich Rosemarie vom Orde, die die Fröndenberger Ausgabe der Tafel organisiert. Damals habe die Zentrale in Unna alle Mitarbeiter für Logistik und Co. abgezogen und den Betrieb bis auf weiteres eingestellt. Als Kurt Potthoff davon erfährt, setzt er bei der Awo alle Hebel in Bewegung, um zu helfen. "Man kann Bedürftige nicht einfach im Regen stehen lassen", sagt er. Schnell steht der Kontakt zu Rosemarie vom Orde und Birgit Mescher. Seit dem 1. April läuft die ehrenamtlich organisierte Ausgabe von Lebensmittel-Paketen im Fröndenberger Allee-Café. Angefangen hat es mit rund 30 Tüten, inzwischen sind es rund 60. Gefüllt sind sie mit alltäglichen Dingen: Zucker, Mehl, Milch, Käse, Joghurt, Obst, Gemüse und manchmal auch ein paar Süßigkeiten. "Wir haben eine Menge Hilfe erhalten", bedankt sich Potthoff daher stellvertretend bei den Unterstützern. Noch bevor das Allee-Café offiziell zur Anlaufstelle wurde, gaben Ruhrstädter Lebensmittel, Kleidung und Spielsachen bei Sabine Banaczak vom Café ab. "Was hier passiert, ist unglaublich schön. Die Solidarität ist enorm", zeigt sich auch Birgit Mescher begeistert.

Doch noch immer ist kein Ende in Sicht. Die Tafelausgabe, eigentlich auf dem Mühlenberg beheimatet, muss weiterhin auf eine Wiederaufnahme des Betriebs hoffen - vor Ende Juni scheint dies jedoch kaum machbar, wie Potthoff, Mescher und Rosemarie vom Orde fürchten. Vor dem Hintergrund, dass "von heute auf morgen" zahlreiche Angebot weggebrochen sind, bringt es die Organisatoren ins Grübeln. "Die Bedürftigkeit wird zunehmen", ist sich vom Orde sicher. Waren es anfangs größtenteils Tafel-Kunden, die den Weg zum Allee-Café suchten, sind mittlerweile rund 40 Prozent der Besucher eben nicht nur Tafel-Kunden. Zur letzten Ausgabe kamen 85 Erwachsene und 53 Kinder, wie vom Orde berichtet. Zum Vergleich: Die Fröndenberger Tafel versorgt rund 30 Haushalte mit frischen Lebensmitteln. Um die Organisation im Hintergrund kümmern sich zahlreiche Ehrenamtler.

Situation darf sich nicht wiederholen

Damit sich eine ähnliche Notlage künftig nicht wiederholt, will Potthoff, der auch SPD-Stadtverbandsvorsitzender und Ratsmitglied ist, vorsorgen. "Es sollte uns darum gehen, eine Daseinsvorsorge zu organisieren." Diese könnte bei der Stadt angesiedelt werden. Die Idee: eine Tafel-Ausgabe die autark von der Zentrale in Unna funktioniert. Denn bereits Anfang 2019 musste die Ruhrstadt einige Zeit ohne Tafel auskommen. Grund für die Schließung war, dass das Jobcenter 30 geförderte Stellen im Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ nicht mehr bereitstellen konnte. Das Programm lief Ende 2018 aus. Der Großteil der Stellen war in der Hauptstelle in Unna mit der Logistik rund um den Transport in die Ausgabestandorte betraut. So etwas wolle man künftig vermeiden. Doch der Aufbau einer eigenständigen Ausgabe, dabei sind sich Potthoff, Mescher und vom Orde einig, erfordert einigen Aufwand. Allein das Ehrenamt könne dies nicht stemmen. Vorerst sind dies jedoch nur Ideen, ein Antrag müsse laut Potthoff mindestens von beiden großen Ratsfraktionen - CDU und SPD - getragen werden.