Menden/ Arnsberg. . Ein 67-Jähriger will sich sein Geld, dass ihm eine Prostituierte gestohlen haben soll, wiederbeschaffen – und überfällt daraufhin ein Bordell.

Am ersten Verhandlungstag vor der zweiten Großen Strafkammer am Landgericht Arnsberg gegen einen 67-Jährigen, der im Mai ein Bordell an der Fröndenberger Straße überfallen und einen Mann dabei schwer verletzt haben soll, strebt die Verteidigung eine schnelle Einigung an.

Rückblick: Am 10. Mai soll der 67 Jahre alte Fröndenberger gegen 1.45 Uhr in das Etablissement an der Fröndenberger Straße eingedrungen sein. Vermummt und maskiert soll er laut Anklageschrift zunächst an der Tür geklopft und auch Eintritt erhalten haben. Anschließend habe er die Räume nach Bargeld durchsucht, ehe er sich ein Gefecht mit einem anderen Gast geliefert und diesen mit einem Messer schwer verletzt haben soll.

Überfall auf Bordell: Angeklagter lässt Geständnis verlesen

Zu Verhandlungsbeginn prescht Verteidiger Dr. Carsten Keil mit einem Vorschlag an die Kammer vor. Im Zuge eines Rechtsgesprächs stellt er ein Geständnis seines Mandanten und möglicherweise einen verkürzten Prozess in Aussicht. Im Gegenzug verspricht er sich davon, dass die Anklage von schwerer räuberischer Erpressung und schwerer Körperverletzung in einen minderschweren Fall umgewandelt wird. Aber der Vorsitzende Richter Klaus-Peter Teipel sieht dazu keine Grundlage. „Verbindliche Einschätzungen zum Strafmaß können nicht gemacht werden“, so Teipel. Die Zeugen würden ohnehin gehört werden, sodass sich eine Zeitersparnis nicht bei der Prozesslänge bemerkbar machen würde, erklärt Teipel.

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Nach einer kurzen Beratung mit seinen Verteidigern lässt der Fröndenberger über seine Rechtsanwältin, Sabine Schulte-Filthaut, ein Geständnis verlesen. Der Mann mit grau meliertem Haar hat die Hände den gesamten Vormittag über vor sich gefaltet. Auf Nachfragen des Richters antwortet der 67-Jährige, der derzeit in der JVA Hamm in Untersuchungshaft sitzt, eher wortkarg: „Ja“, „Nein“, kurze Sätze.

Erinnerungslücken bei 1,5 Promille

Stichverletzungen sind glimpflich verlaufen

Kurz nach der Tat war in Hagen sogar eine Mordkommission gebildet worden.

Die Anklage vor der zweiten Großen Strafkammer am Landgericht Arnsberg lautet auf schwere Räuberische Erpressung sowie gefährliche Körperverletzung.

Die Tat räumt der Rentner unumwunden ein, wenngleich er sich nicht an jedes Detail im Einzelnen erinnert. Zwei Tage vor der Tat habe eine der Prostituierten ihm 300 Euro im Rahmen eines Besuchs gestohlen. In seiner Fröndenberger Stammkneipe fasste er am 10. Mai – nach zahlreichen Bieren und Schnäpsen – dann die Idee, sich das Geld wieder zu holen. Also habe er sich auf seinen Roller gesetzt und sei nach Menden gefahren.

Fündig wurde der mutmaßliche Täter im Mendener Etablissement allerdings nicht. Stattdessen habe ihn ein Gast wutentbrannt mit einem Barhocker und einer Dachlatte malträtiert. „Der hat permanent auf mich eingeprügelt“, sagt der Fröndenberger, „vermutlich wollte er sich wichtig machen“. Das Messer habe er dabei zur Verteidigung gegen den Angreifer mit der Dachlatte genutzt. Er könne sich auch nur noch an einen Treffer mit dem Messer erinnern. Mit gebrochener Hand, Nase, zahlreichen Schürfwunden am Körper und 1,5 Promille Alkohol im Blut ist er schließlich von der Polizei in Gewahrsam genommen worden.

Opfer kann sich an Attacke mit Dachlatte auch nicht mehr erinnern

Das Opfer, ein 57-Jähriger Mendener, der zwei Stiche in den Bauch erlitten hat, legt ein recht erinnerungsarmes Bild an den Tag. Da er völlig betrunken gewesen sei, könne er sich an nicht mehr viel erinnern; an seine Attacke mit der Dachlatte auf den mutmaßlichen Täter schon gar nicht. „Ich hab' kein Messer gesehen, ich hab' das erst gemerkt, als er zugehauen hat“, sagt der Mendener. Zur weiteren Aufklärung des Falls kann der Mendener nicht viel beitragen. Allerdings machen sich die Folgen des Angriffs noch heute bemerkbar. Er träume von einer schwarzen Hand mit Messer, die auf ihn einsticht.

Die Betreiberin des Mendener Bordells sowie Prostituierte, die zum Tatgeschehen hätten aussagen sollen, sind nicht erschienen. Der Prozess soll am 20. September fortgesetzt werden.