Fröndenberg. . Startschuss für „Mord am Hellweg“ in der Fröndenberger Kulturschmiede. Esther Schweins hilft Briten-Autor M. J. Arlidge bei dessen Lesung.

Die letzten spätsommerlichen Sonnenstrahlen des Sonntagabends wurden von den dicken Vorhängen abgefangen, und die ganz in der Nähe wummernden Bässe der Fliegenkirmes fanden ihren Weg glücklicherweise auch nicht bis in die Kulturschmiede. Hier herrschte nämlich atemlose Spannung. Mit dem britischen Erfolgsautor Matthew J. Arlidge hat das Krimifestival „Mord am Hellweg“ nun auch in Fröndenberg begonnen.

Der Star ist die Stimme: so weit, so klar bei einer literarischen Lesung. Matthew J. Arlidge, in London geborener Autor, hat in einer Handvoll Romane das Universum der charismatischen Ermittlerin Helen Grace entworfen, die im Umkreis der südenglisches Stadt Southampton Kapitalverbrechen aufklärt. Ein wenig las er am Sonntag selbst aus dem Original vor, überließ den Großteil aber, mangels Deutschkenntnissen, der deutschen Übersetzung.

Voller weiblicher Reize

Und diese Stimme, die das vortrug, passte einfach nur wie die Faust aufs Auge: tief dunkel und doch voller weiblicher Reize, intensiv und hörbar schwer atmend vor Anspannung in unzähligen Passagen, das Tempo immer im genau richtigen Moment beschleunigend oder quälend abrupt stoppend, ließ die Schauspielerin und Regisseurin Esther Schweins das Geschehen um D. I. (für Detective Inspector) Grace lebendig werden.

Der Kontrast aus leuchtendem Blau im Bühnenhintergrund und dem ebenso warmen Rot der Tischdecke reichte in der abgedunkelten Kulturschmiede völlig aus für einen stimmungsvollen Rahmen, dazu ein paar aus Papier ausgeschnittene Leichenumrisse auf den Tischen, Teelichter, die Schatten von Schusswaffen warfen und Polizeiabsperrband vor der Bühne.

Ein paar Soundeffekte flochten sich dann unfreiwillig und auf gefährliche Weise dennoch passend in die Erzählung ein. Mit deutlich hörbarem Trampeln waren wohl ein paar Jugendliche auf das Dach des Gebäudes gelangt, ohne zu wissen, dass unten gerade die Szene einer Verfolgungsjagd der Inspektorin eines möglichen Brandstifters lief.

Die Ehefrau als Ausrede

Im Hechtsprung über die gefährlichen Kanten mehrerer Hochhäuser hinweg. „Jetzt ist es sogar ein Hörspiel“, scherzte deshalb Antje Deistler. Die WDR-Journalistin führte als Moderatorin durch den Abend vor den gut 60 Zuhörern, während sich die Verantwortlichen von Stadt und Schmiede draußen um die gefährliche Kletteraktion kümmerten. Deistler befragte Arlidge über die Konzeption der Hauptfigur, die ganz bewusst wenig über das Privatleben und erdrückende Probleme damit preisgeben soll, wie man es vor allem bei den Ermittlern aus skandinavischer Feder im Moment so oft vorfindet.

Ein ungewöhnliches Hobby hat Helen Grace dann aber doch, lässt sich nämlich gern auspeitschen. Steilvorlage für eine Frage von Deistler, die Arlidge grinsend beantwortet: „Ich erzähle immer, dass meine Frau dafür die Vorlage war, aber eigentlich stimmt das nicht.“ Die Frage an Esther Schweins, ob sie sich vorstellen könne, auch mal als Schauspielerin komplett in die Rolle der Helen Grace zu schlüpfen, wurde von ihr ziemlich deutlich bejaht.

Am Sonntag war es vor allem ihre Stimme, die dem Verdächtigen und Schwerenöter das lasziv gehauchte „Kennen wir uns, Süße?“ genauso glaubhaft in den Mund legte, wie die Worte der bedächtigen und doch eigenwilligen Ermittlerin zu ihrem neuen Boss, mit dem es im weiteren Verlauf der Romanreihe noch weit dramatischere Situationen geben wird: „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich nicht auf mein Bauchgefühl hören soll. Sondern nur auf Fakten.“ Ein äußerst stimmungsvoller Krimi-Abend.