Essen. Mit der Divine-Bar ist die Viehofer Straße um einen Szenetreff reicher: Wo einst die Kleine Krone war, gibt es nun ein Königreich für Dragqueens.
1985, Boris Buchwald ist gerade mal zehn Jahre alt, als die Musikshow „P. I. T. – Peter-Illmann-Treff“ im ZDF sein junges Leben auf den Kopf stellt. Denn an diesem Abend tritt mit Divine eine der bekanntesten Dragqueens ihrer Zeit auf. „Da war alles bunt und glitzerte. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden und begriff: Es gibt Männer, Frauen und noch andere Menschen“, sagt der Essener, der seiner großen Ikone 30 Jahre später ein Denkmal gesetzt hat: Dort, wo viele Jahrzehnte die alteingesessene Kleine Krone war, hat Boris Buchwald mit der Divine-Bar ein Königreich für Dragqueens geschaffen.
Dass er sich als Standort die Viehofer Straße ausgesucht hat, kommt nicht von ungefähr: Buchwald war 18 Jahre lang Betriebsleiter im Unperfekthaus, wohnt selbst seit zwei Jahrzehnten in der Nordcity. Die Divine-Bar sei ein bunter Farbklecks auf der Viehofer und passe gut in das Umfeld, sagt er: „Die coolsten Läden sind nicht auf den schönsten Straßen.“
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Einmaliger Mix aus Bar und Unterhaltung: Drag- und Burlesqueshows, Stand-up, Lipsync
Mit seinem Konzept füllt Buchwald eine Lücke im Ruhrgebiet: Denn der Mix aus Bar und Showkonzept ist in dieser Form recht einmalig. Am ersten und dritten Samstag im Monat stehen bei „Divines Dragshow“ bekannte Künstler und Künstlerinnen der Szene auf der Bühne. Die künstlerische Leitung obliegt Jan Kollenbach alias Miss Foxy Bless, der nicht nur aufgrund seiner Tanz-Ausbildung an der Folkwang-Uni ein Ausnahmetalent ist.
An jedem vierten Samstag im Monat öffnet die Divine-Bar die Bühne für ihre Gäste: Beim „Lypsync“-Wettbewerb geht es darum, ausgewählte Songs mit Playback zu performen: „Anders als beim Karaoke muss dabei zwar nicht gesungen werden. Vielmehr geht es darum, eine gute Show zu liefern“, erklärt Boris Buchwald. Wer sein Publikum begeistert, wird mit einem Freigetränk belohnt. Zum Jahresende sollen die besten Lipsync-Performer in einem großen Finale gegeneinander antreten. Der jeweils zweite Samstag im Monat steht ganz im Zeichen der Stand-Up-Comedy. Hat ein Monat fünf Samstage, wird dieser mit einer Burlesque-Show gefüllt - das nächste Mal ist das am 30. Juni der Fall. Da die Divine-Bar bei den etwas frivoleren Burlesque-Shows mit einer Agentur zusammenarbeitet, wird an diesen Abenden auch ein moderater Eintritt fällig. „Die übrigen Shows sind zunächst kostenlos“, sagt Buchwald.
Am 11. Mai dreht sich in der Divine-Bar alles um den Eurovision-Song-Contest
Am kommenden Samstag aber, 11. Mai, dreht sich in der Divine-Bar alles um den Eurovision-Song-Contest (ESC): Bereits zu den Vorentscheiden am Dienstag und Donnerstag wird die große Leinwand ausgerollt, etliche Nationalflaggen schmücken bereits die Bar. „Der ESC steht für all das, was auch wir verkörpern: Toleranz, Vielfalt und ein wenig Extravaganz“, sagt Boris Buchwald, der die Divine-Bar keineswegs als reinen Treffpunkt der Schwulen- und LGBTQIA*-Szene verstanden wissen will: „Wir wollen einen Ort schaffen, an dem sich alle wohlfühlen. Sexualität und Geschlecht sollen dabei keine Rolle spielen.“
Eines aber zieht sich wie ein bunter Faden durch die Bar - die Hommage an die Dragszene. Zwölf Bilder des Essener Künstlers Maurizio Onano zeichnen an den Wänden nach, wie eine Dragqueen entsteht. Nicht nur in der Kunst setzt Boris Buchwald auf Regionalität: Auch gastronomisch gewährt er Produkten aus Essen und Nordrhein-Westfalen Vorrang. So bietet er Weine vom Drachenfels ebenso an wie heimische Biere, darunter Stauder, Mücke und König Pilsener. Zum Sommer, so hofft der Divine-Wirt, soll auch das kulinarische Angebot stehen. Die Öffnungszeiten sollen dann ebenso ausgeweitet werden.
Dass die Divine-Bar das Zeug hat, eine echte Institution in der Nordstadt zu werden, bewies schon die Eröffnung Ende März: Mehr als 400 Gäste schauten herein, die Schlange vor dem Laden brach drei Stunden lang nicht ab. Boris Buchwald ist gekommen, um zu bleiben: „Wir haben viel nettes Feedback bekommen, auch aus unserer Nachbarschaft. Der Mix hier passt einfach.“
- Aktuell ist die Bar von mittwochs bis samstags ab 17 Uhr geöffnet.
- Die Bar überträgt das Finale des Eurovision-Song-Contest am Samstag, 11. Mai, als Public-Viewing. Auch der Vorentscheid am Donnerstag, 9. Mai, wird gezeigt.
- Am Samstag, 18. Mai, steht dann ab 20 Uhr die nächste Drag-Show auf dem Programm.
- Weitere Informationen zur Bar gibt es hier und auf Instagram.
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