Essen-Katernberg. Viele Male musste Familie Britz ihren Zaun reparieren, nachdem Autos hineingefahren waren. Was sie nun von der Stadt fordert.

Für die Gabione hat Rainer Britz extra die hellen Steine gewählt. „Obwohl die teurer sind als die dunklen.“ Doch die Konstruktion sollte möglichst stabil und möglichst gut sichtbar sein. Denn die Einfassung des Grundstücks von Familie Britz, gelegen am Sterntalerweg, scheint Fahrzeuge magisch anzuziehen: Sechs Mal hat es in den vergangenen Jahren dort gekracht, zuletzt im Januar 2024.

2004 ist Familie Britz hergezogen, hat ein Haus gebaut, das Grundstück eingezäunt und eine Hecke gepflanzt. Der Sterntalerweg, an dem das Haus steht, ist eine von mehreren kleinen Straßen mit niedlichen Namen wie „Im Zauberwald“ und „Am Wunschbrunnen“, die von der Straße Bolsterbaum ausgehen. Dort darf maximal 30 Stundenkilometer gefahren werden. Insgesamt eine recht ruhige Gegend. Nur am Wochenende, wenn auf der nahen Sportanlage Meerbruchstraße Betrieb ist, herrsche mehr Verkehr, sagt Rainer Britz. Und bisweilen nachts. Da würden nämlich ab und zu Leute ihre Autos austesten. „Wenn alle Menschen angepasst und vernünftig fahren würden, würde hier auch nichts passieren.“

Zum ersten Mal fährt der Essener Familie 2012 ein Auto in den Zaun

Das Grundstück von Familie Britz ist das erste im Sterntalerweg, grenzt also auch an den Bolsterbaum. In diesen wiederum mündet die Straße Farrenbroich. Autos, die von dort kommend auf den Bolsterbaum abbiegen, und die Kurve zu schnell nehmen, können im Zaun von Familie Britz landen.

Zum ersten Mal geschah das 2012. Der Zaun: eingedrückt. Der Unfallfahrer: weg. „Das wird wohl nicht nochmal passieren“, habe er gedacht, erzählt Rainer Britz, und den Schaden kurzerhand repariert. Doch dann folgte der zweite Unfall: „Das Auto ist mit der Breitseite gegen den Zaun geknallt. Auch dieser Fahrer ist abgehauen.“ Rainer Britz fuhr zum Baumarkt, kaufte Material und reparierte seinen Zaun erneut.

Beim dritten Unfall mit Fahrerflucht rief Essener die Polizei

2019 mähte ein Fahrer mit seinem Auto ein großes Stück Hecke nieder.
2019 mähte ein Fahrer mit seinem Auto ein großes Stück Hecke nieder. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Beim dritten Unfall reichte es ihm. Er rief die Polizei hinzu – und reparierte anschließend den Zaun ein weiteres Mal. Dann passierte Unfall Nummer vier: „Ein junger Mann mit einem Mercedes, viel zu schnell war der unterwegs, ist durch den Zaun durch, hat einige Heckenpflanzen umgelegt, und ist auch abgehauen“, berichtet Rainer Britz. Diesmal sei der Schaden groß gewesen, dafür aber das Nummernschild im Zaun hängen geblieben, so dass die Polizei den Fahrer ermitteln konnte.

Unfall Nummer fünf, 2019, setzte nochmal eins drauf: Ein VW-Bus rauschte durch die Hecke bis in den Garten, und zwar dort, wo sich das Ehepaar Britz einen gemütlichen Platz für den Sommer eingerichtet hat. Zu ihrem Glück ereignete sich das Ganze, während niemand zu Hause und im Garten war. „Wir mussten dann aber unseren Urlaub wegen des Unfalls abbrechen“, so Britz.

Fahrer des Unfallwagens war nicht versichert – und wollte mit beschädigtem Auto fliehen

Nach dem Unfall 2019 wandte sich Rainer Britz an die Stadt.
Nach dem Unfall 2019 wandte sich Rainer Britz an die Stadt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Danach wollte Rainer Britz keinen Zaun mehr, sondern etwas Stabiles zum Schutz: Eine Gabione – eine Metallkonstruktion, die mit Steinen gefüllt wird – wurde gebaut. Kostenpunkt: 8000 Euro. In diesem Zuge forderte das Ehepaar Britz die Stadt auf, etwas zu unternehmen: Man solle die Straße Farrenbroich zu einer Einbahnstraße machen, schlugen sie vor, denn es sei nur eine Frage der Zeit, bis auch Menschen zu Schaden kämen. Schließlich seien auf dem Bürgersteig zwischen Straße und Grundstück oft Passanten unterwegs.

Die Stadt lehnte das ab, baute aber an der Einmündung gegenüber dem Grundstück von Familie Britz eine sogennante „Aufpflasterung“ zur Verkehrsberuhigung. „Das wirkt auch“, so Britz, „die tiefer gelegten Autos setzen dort auf, wenn sie zu schnell unterwegs sind.“

Dennoch hat auch die Gabione mittlerweile ersten Schaden genommen: Am 11. Januar 2024 waren die Straßen glatt. Als Rainer Britz vom abendlichen Hundespaziergang zurückkehrte, sagte er zu seiner Frau Ulrike: „Heute rauscht uns jemand in den Zaun, da bin ich sicher.“ So erzählt er es. Sie sei daraufhin noch eine Weile auf der Couch geblieben, während er sich schlafen legte. „Keine 20 Minuten später knallte es.“ Auch dieser Fahrer habe flüchten wollen, doch weil sein Fahrzeug stark beschädigt war, sei das nicht gelungen. Später habe sich herausgestellt, dass er nicht einmal versichert gewesen sei.

Essener Bezirksbürgermeister organisiert Ortstermin mit der Verwaltung

Wieder wandte sich Familie Britz an das Büro des Oberbürgermeisters. In einem Antwortschreiben heißt es: „Die Straße Farrenbroich als Einbahnstraße zu deklarieren, empfiehlt sich aber nicht, da durch den fehlenden Begegnungsverkehr erfahrungsgemäß das Geschwindigkeitsniveau ansteigt.“ Zudem würden viele Anwohner dadurch weite Umwege fahren müssen. Die Stadt verweist auch darauf, dass in diesem Bereich keine dokumentierte Unfallhäufungsstelle vorliege und man deshalb nicht verpflichtet sei, weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Daraufhin bittet die Familie den Bezirksbürgermeister für den Bezirk 6, Michael Zühlke, um Unterstützung. Ein Ortstermin mit der Verwaltung soll nun anberaumt werden. Bezirksverwaltungsbeauftragter Stefan Lüger hält aufgrund der anstehen Osterferien und Urlaubszeit die zweite oder dritte Aprilwoche für realistisch.

Michael Zühlke hat schon eine eigene Idee zur Verbesserung der Situation, die er vorab aber nicht öffentlich machen, sondern vor Ort präsentieren will. Wenn er seinen Vorschlag jetzt äußern würde, kämen „wieder die Neinsager“, befürchtet er. Familie Britz hält an ihrer Forderung fest, aus dem Farrenbroich auf dem Stück zwischen Bolsterbaum und Meerkamp eine Einbahnstraße zu machen: „Damit die Fußgänger in diesem Bereich und auch unser Grundstück endlich sicherer werden.“

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