Essen/Duisburg/Niederlande. Deutsche und niederländische Polizisten haben acht Personen festgenommen. Sie sollen auch in Duisburg und Essen Geldautomaten gesprengt haben.

Die Geldautomaten-Sprenger unter anderem von Essen-Kray, Kupferdreh und Duisburg-Großenbaum sind gefasst. Sieben Männer und eine Frau aus den Niederlanden werden verdächtigt, als Teil einer internationalen Bande insgesamt 23 Geldautomaten in Deutschland und den Niederlanden zerstört zu haben – darunter auch die Automaten der Deutschen Bank an der Kupferdreher Straße (Januar 2022) und der Sparkasse an der Krayer Straße in Essen (Dezember 2022) sowie an der Angermunder Straße in Duisburg (Januar 2023).

In Osnabrück arbeitete fast ein Jahr lang ein Spezial-Team aus deutschen und niederländischen Polizisten zusammen, um die Bande zu überführen. Mehr als 20 Wohnungen in den Niederlanden wurden am Mittwoch durchsucht. Unter den festgenommenen Männern sei laut Polizei auch ein mutmaßlicher Drahtzieher. Die Verdächtigen sitzen in niederländischer Untersuchungshaft.

Historisches Haus in Essen-Kupferdreh galt nach Detonation als einsturzgefährdet

Die Sprengungen in Kupferdreh und Kray hatten massive Betroffenheit ausgelöst. In Kupferdreh war die Detonation so stark, dass das historische Haus aus Ruhrsandstein für lange Zeit als einsturzgefährdet galt. Eine Flüchtlingsfamilie, die im Obergeschoss wohnte, musste ausziehen. Die Deutsche Bank zog sich nach dem Angriff aus dem Stadtteil zurück – so wie vorher schon die Commerzbank, deren Filiale zweimal Ziel von Tätern war. Die Sprengung des Geldautomaten der Deutschen Bank zerstörte mehrere Geschäftsfassaden, die gesamte Straße glich noch Stunden nach der Tat einem Meer aus Scherben und Schrott.

Im Dezember 2022 sorgte ein Video der Geldautomatensprengung in Essen-Kray fast für Heiterkeit – ein Nachbar, der gegenüber wohnt, hatte die Täter dabei gefilmt, wie sie nach der Explosion Banknoten hektisch in ihre Taschen klaubten. Das Video verbreitete sich in kürzester Zeit in rasendem Tempo im Internet.

Automatensprenger-Bande erbeutete rund 5,5 Millionen Euro

Die Polizei berichtet, dass die Automatensprenger-Bande bei den 23 Delikten insgesamt 5,5 Millionen Euro erbeutete – das sind rechnerisch fast 240.000 Euro Beute pro Sprengung. In den Wohnungen fanden die Ermittler jetzt noch große Mengen Bargeld, auch verfärbte Scheine. Manche Geldinstitute legen Farb-Patronen in die Geldautomaten, die die Scheine einfärben im Fall einer Sprengung. Dann sind die Geldscheine nicht mehr zu benutzen.

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„Die Täter nehmen große Risiken für sich und andere in Kauf und werden mühelos durch neue, junge Mitglieder ersetzt“, berichteten die Ermittler. „Sie gehen äußerst riskant und krupellos vor - sowohl am Tatort als auch bei der Flucht mit ihren PS-starken Fahrzeugen.“

Einer der Festgenommenen soll Schlüsselrolle gehabt haben

Die sieben festgenommenen Männer sind im Alter von 19 bis 27 Jahren. Sie stammen aus Alkmaar, Amstelveen, Amsterdam, Haarlem, Heerhugowaard und Rotterdam. Die 23-jährige Frau aus Haarlem steht unter Verdacht, mit den Erlösen aus den Geldautomatensprengungen Geldwäsche betrieben zu haben. Einer der Männer soll eine Schlüsselrolle bei der Vorbereitung und Durchführung der Geldautomatensprengungen gehabt haben. Möglicherweise können den insgesamt 18 Beschuldigten noch weitere Taten zugeordnet werden.

Bei den vier Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen konnten Beweisunterlagen bei Mietwagenfirmen sichergestellt werden. Die betroffenen Mietwagenfirmen selbst stehen jedoch nicht in Verdacht, sondern mögliche Personen, die dort potentielle Tatfahrzeuge angemietet hatten.

Weit über 100.000 Euro Bargeld in den Niederlanden gefunden

In den Niederlanden fanden die Ermittler bei Durchsuchungen weit über 100.000 Euro Bargeld, in Teilen auch eingefärbt. Derzeit wird weiteres sichergestelltes Bargeld in den Niederlanden gezählt. Darüber hinaus konnten fünf Autos beschlagnahmt werden. Zudem fanden die Ermittler illegale Explosivstoffe. In Amstelveen musste wegen dieser Funde aus Sicherheitsgründen ein Mehrfamilienhaus teilweise evakuiert werden. Auch hochwertiger Schmuck und teure Uhren wurden gefunden.

Polizei, Feuerwehr und Technisches Hilfswerk bei einer Automatensprengung in Essen-Kray.
Polizei, Feuerwehr und Technisches Hilfswerk bei einer Automatensprengung in Essen-Kray. © WTVnews | WTVnews

Die Ermittlungen und Festnahmen sind Ergebnis einer internationalen Zusammenarbeit zwischen der niederländischen und deutschen Länderpolizei, dem Bundeskriminalamt und Europol. Die Polizei Noord-Holland sowie eine Ermittlungsgruppe der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück ermitteln unter Federführung der "Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldausgabeautomatensprengungen" der Staatsanwaltschaft Osnabrück seit einem Jahr gemeinsam wegen diverser Sprengstoffanschläge auf Geldautomaten in vier Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen.

Sprengstoffe werden in Wohngebieten zusammengebaut und gelagert

Nach einem Hinweis niederländischer Behörden zu einer Tat im August 2021 in Osnabrück waren die Ermittlungen ins Rollen gekommen. Für die Sprengungen der Automaten verwendeten die Täter ausnahmslos Festsprengstoff. Ein Trend, den auch das Bundeskriminalamt für das gesamte Bundesgebiet bestätigt. Diese Sprengstoffe führen auch in den Niederlanden zu großen Risiken, denn diese werden in Wohngebieten zusammengebaut und gelagert. Die Täter agieren laut Polizei oft in wechselnden Zusammensetzungen innerhalb eines großen kriminellen Netzwerkes. Sie nehmen große Risiken für sich und andere in Kauf und werden darüber hinaus mühelos durch neue junge Mitglieder ersetzt.

Untersuchungen zeigen, dass ein großer Teil der einschlägigen Taten von den Niederlanden aus begangen wird. Um Verdächtige aufzuspüren, arbeiten niederländische und deutsche Polizei- und Justizbehörden daher seit längerer Zeit intensiv zusammen. Aufgrund erhöhter Sicherheitsmaßnahmen und der Reduzierung der Zahl von Geldautomaten in den Niederlanden haben die Kriminellen ihr Tätigkeitsfeld ins Ausland verlagert. Im letzten Jahr verzeichnete das Bundeskriminalamt mit bundesweit 496 Taten einen Rekordwert. (red)

Übersicht über die Automatensprengungen:

  • Osnabrück-Hellern August 2021
  • Recklinghausen Dezember 2021
  • Salzgitter Januar 2022
  • Salzgitter Januar 2022
  • Leichlingen Januar 2021
  • Rösrath Januar 2022
  • Viersen-Boisheim Januar 2022
  • Dinslaken-Lohberg Januar 2022
  • Bebra Februar 2022
  • Kruft Mai 2022
  • Ulmen Mai 2022
  • Meerbusch Oktober 2022
  • Grevenbroich Oktober 2022
  • Mönchengladbach Oktober 2022
  • Essen-Kupferdreh Januar 2022
  • Essen-Kray Dezember 2022
  • Issum-Sevelen Dezember 2022
  • Erkelenz-Gerderath Dezember 2022
  • Geldern-Walbeck Dezember 2022
  • Aldenhoven Januar 2023
  • Hückelhoven Januar 2023
  • Willich-Anrath Januar 2023
  • Duisburg-Grossenbaum Januar 2023