Ennepetal/Bagdad.. Ein junger Mann aus Ennepetal soll sich bei einem Attentat in die Luft gesprengt haben. Angeblich war er Mitglied in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS). Eine Spurensuche in seiner Heimat - wo man seine Radikalisierung nicht verstehen kann, wo man ihn als “liebenswürdigen Jungen“ kennt.

Hat die sunnitische Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), die im Nahen ­Osten einen Gottesstaat errichten will, einen 21 Jahre alten Ennepetaler unter dem Kampfnamen „Abu Al-Kaakaa al-Almani“ in ihren Krieg geschickt? War der ­junge Mann aus Westfalen einer der beiden Selbstmordattentäter, die sich am 19. Juli in der ­irakischen Hauptstadt Bagdad selbst in die Luft gesprengt hat? Das Auswärtige Amt in Berlin kann derzeit angesichts der schwierigen Nachrichtenlage in der nahöstlichen Krisenregion keine Angaben dazu machen. Wie diese Zeitung erfuhr, ist bei der Familie des 21-Jährigen eine Todesnachricht aus dem Irak per Telefon eingegangen.

Der „Islamische Staat“ feierte die beiden Selbstmordattentäter in einer im Internet verbreiteten Mitteilung für die Tat: „Heute haben die Soldaten des Kalifats Abu Qaqa al-Almani (Abu Al-Kaakaa al-Almani) und Abu Abdul Rahman al-Shami zwei Märtyreroperationen gegen die Milizen der Rafida (Schiiten) mitten in Bagdad durchgeführt.“

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Seit Tagen kursieren vage ­Andeutungen im Internet und in sozialen Netzwerken, dass der ­junge Mann aus Ennepetal im Irak gestorben ist. Der 21-Jährige, der zum Dschihadisten wurde, ist auf einem Jugend-Mannschaftsfoto eines heimischen Fußballvereins aus dem Juni 2008 zu sehen. Freundschaftlich hat der Mittelfeldspieler seine Arme auf die Schultern zweier Mitspieler gelegt. Wurde aus diesem so harmlos wirkenden Jungen ein „Kämpfer“, der für seinen Glauben in den Tod ging?

Eine Wesensveränderung

Im Umfeld seines ehemaligen Jugend-Fußballteams wird der Ennepetaler als „liebenswürdig, lebhaft und sehr beliebt“ beschrieben. Man kann sich die Wesensveränderung des früheren Mittelfeldspielers nicht erklären, die vor mindestens einem Jahr begonnen haben soll. Der junge Mann habe sich ­immer mehr in seine Religion vertieft.

Warum? Verfassungsschützer benutzen gerne ein und dieselbe Beschreibung der „Zielgruppe“, die sich von Hasspredigern beeinflussen lässt, die Hasspropaganda im Internet konsumiert, und sich in gruppendynamischen Prozessen nach und nach radikalisiert: ­„Junge Männer, die sich mit einfachen Antworten auf die komplizierten Fragen des Lebens locken lassen.“

Etwa 350 Deutsche im "heiligen Krieg"

Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“, die die Verantwortung für die Anschlagsserie am 19. Juli übernommen hat, soll gut 10 000 Menschen umfassen. Zu ihr sollen junge Männer -- und zunehmend junge Frauen – aus dem Nahen Osten gehören, aber auch aus europäischen Ländern wie Deutschland, Großbritannien und der Türkei. Der Feldzug der IS-Extremisten im Irak verläuft vom Norden des ­Landes Richtung Bagdad. Die Hauptstadt ist häufiges Ziel von Terroranschlägen – wie die der ­beiden Selbstmordattentäter vom 19. Juli.

Deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass bis dato etwa 350 Islamisten aus dem Bundesgebiet in den heiligen Krieg nach Syrien und zunehmend in den Irak gezogen sind. Nach zurückhaltenden Schätzungen haben mehr als zwei Dutzend deutsche Dschihadisten bereits ihr Leben bei Kämpfen verloren.

Über Syrien in den Irak

Über Syrien soll angeblich auch der Weg des jungen Ennepetalers in den Irak geführt haben. Er soll sich zunächst dem deutschen ­Salafisten-Hassprediger Pierre ­Vogel angeschlossen haben, bevor er in den Dschihad gezogen sein soll.