Ennepetal. .
Am VER Betriebshof wehte am Dienstagmorgen ein eisiger Wind. Bernd Krebstadt hält mit beiden Händen einen Pappbecher mit Kaffee fest, wärmt sich an dem heißen Getränk. Seit 3.30 Uhr steht er vor der Zufahrt des Depots der Verkehrsgesellschaft. Kein Bus hat während der Betriebszeit das Gelände verlassen. 22 Jahre ist er bei dem Unternehmen beschäftigt, hat einiges mitgemacht, erlebt, wie sich die Arbeitsbedingungen immer mehr verschlechtert haben. „Jetzt ist das untere Ende der Spirale erreicht“, sagt er. Von dem von Verdi initiierten Warnstreik erhofft er sich, dass Bewegung in die Tarifverhandlung kommt.
Einstiegsgehalt 2100 Euro Brutto
Um sich vor dem Wetter zu schützen hat die Geschäftsführung den etwa 100 Streikenden zwei Busse zur Verfügung gestellt. Daran hängen die Transparente von Verdi und der Nahverkehrsgewerkschaft. Fahnen werden vom Wind hin und her gepeitscht. Die Kollegen versuchen sich in den Bussen warm zu halten. Und sie wollen auch im Arbeitskampf durchhalten.
„Wir kämpfen um mehr Gehalt, um damit die gestiegenen Lebenserhaltungskosten zu kompensieren“, sagt Krebstadt. Die Forderung sei seiner Ansicht nach maßvoll und vor allem gerechtfertigt. Und er erklärt auch warum: Das Einstiegsgehalt eines Busfahrers liege bei etwa 2100 Euro Brutto, das sei knapp an der Grenze zum Aufstockergehalt, sagt er. Verdi fordert 100 Euro mehr für städtische Beschäftigte, dazu 3,5 Prozent mehr Lohn, weitere 70 Euro sollen Mitarbeiter im Nahverkehr erhalten. Geld, das so manch einem wieder etwas mehr Luft verschaffe könnte, erklärt Krebstadt. Etwa 330 Menschen sind bei der VER beschäftigt, ca. 220 davon seien Busfahrer.
Jeder, der bei der Verkehrsgesellschaft beschäftigt ist, musste vor der Anstellung die entsprechende Qualifikation mitbringen. Den regulären Führerschein und den Busschein – alles in allem etwa im Wert von 10 000 Euro erklärt Krebstadt. Busfahrer seien keine „Hilfsarbeiter mit Führerschein, sondern Fachkräfte.“ Und die benötigen auch eine entsprechende Bezahlung.
Immer wieder ertönt eine Hupe, wenn ein Auto an den Streikenden vorbei fährt. Einige Fahrer winken den Männern und Frauen ermutigend zu, andere zeigen ihnen den Stinkefinger. Krebstadt und seine Kollegen bedauern, dass unter dem Warnstreik die Fahrgäste leiden müssen, sie verstehen auch den Ärger. Leider sei das aber nicht zu ändern. Schließlich müsse deutlich gemacht werden, was passiert, wenn der Nahverkehr nicht so läuft, wie man gewohnt ist. Die Busfahrer hätten ihren Teil geleistet, damit der öffentliche Nahverkehr gut funktioniere, nicht zuletzt 2001. Damals akzeptierten sie einen Tarifvertrag, der mit der Restrukturierung des Nahverkehrs begründet war. Es habe Einschnitte beim Lohn, den freien Tagen, der Arbeitszeit gegeben. „Wir haben das akzeptiert“, sagt Bernd Krebstadt. Doch die Entwicklung in die negative Richtung sei immer weiter gegangen. Er hat in seinen 22 Dienstjahren erfahren, wie die Arbeit immer mehr verdichtet wurde, die Belastung kontinuierlich stieg. So wie in vielen Berufen, weiß er. Doch nun sei man in seiner Sparte an der Zitronenschale angelangt, es sei kein Saft mehr zum Ausdrücken da. Eine Metapher, die verdeutlichen soll, dass den Mitarbeitern viel abverlangt werde, ein wenig finanzielle Wertschätzung möchten sie dafür zurück haben. Nicht viel, aber auch nicht weniger.