Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. . Das war vor einigen Jahren noch vollkommen undenkbar: Die Gas-Wasser-Spezialisten der AVU arbeiten nun auch im Elektrobereich und umgekehrt.

Doch wie funktioniert das in der Praxis, wenn der Elektriker plötzlich den Gasanschluss montiert und der Gas-Wasser-Mann Starkstromkabel anschließt? Thomas Püttmann, Leiter des Netzcenters Nord, Heiner Ring, sein Pendant für den südlichen Bereich sowie die Monteure Martin Willecke und Andreas Brandl berichten.

Eine Reise ins Blaue gestartet

Das Quartett hat seine Zusatzausbildungen im jeweils anderen Bereich bereits hinter sich gebracht und arbeitet im Tagesbetrieb bereits zusätzlich im anderen Gewerk. Die Gründe für die Zusammenführung der beiden Handwerksberufe unter dem Namen des „Netzmonteurs“ liegen dabei auf der Hand: „Wir sparen dadurch, optimieren Personal und Kosten“, sagt AVU-Pressesprecher Jörg Prostka im Gespräch mit dieser Zeitung.

Im Januar 2011 starteten zunächst auf freiwilliger Basis die Zusatzausbildungen für Ingenieure, Meister und Monteure, die eineinhalb Jahre andauerten. „Das war für uns eine Reise ins Blaue“, sagt Heiner Ring, ursprünglich Meister der Elektrotechnik. Für viele AVUler habe die eigene Arbeitsplatzsicherung zu der Entscheidung geführt, sich für die erste Rutsche der Zusatzausbildung zu melden. Hemmnisse gegenüber der anderen Sparte habe es durchaus auf beiden Seiten gegeben.

Doch alle Vier sehen in ihrer zusätzlichen Ausbildung ausschließlich Vorteile. „Früher haben wir nacheinander im selben Graben gearbeitet. Wie die anderen ihre Leitungen verlegen, war uns dabei völlig egal“, sagt Andreas Brandl ursprünglich für Gas und Wasser ausgebildet. Durch die Arbeit im anderen Gewerk, seien die Mitarbeiter dafür deutlich sensibilisiert worden. Zum Abschluss haben sie vollwertige Prüfungen vor der Industrie- und Handelskammer abgelegt.

Nicht im Angebot der Kammern

„Die Prüfungen für Meister und Monteure sind unterschiedlich, aber vereinfacht gesagt, können und dürfen wir nun so viel wie jemand der in der Sparte frisch aus der Lehre kommt“, sagt Gas-Wasser-Meister Thomas Püttmann. Während der Ausbildung haben die Männer mit Fachkollegen zusammengearbeitet und so täglich Praxis im neuen Berufsfeld gesammelt. „Oberflächlich betrachtet gleichen sich die Berufe sowieso ein wenig“, sagt der ursprüngliche Elektriker Martin Willecke.

Da könnte es doch ein Leichtes sein, alle neuen Monteure gleich so auszubilden, doch das ist nicht möglich. Denn der Beruf des Netzmonteurs wird bei den Kammern nicht angeboten. So durchläuft momentan auch der Nachwuchs das gleiche Prozedere: in einer Sparte die vollwertige Berufsausbildung, in der anderen die Zusatzqualifikation, dadurch könnte sich auch die garantierte Übernahme nach der Ausbildung verlängern.

Was bekommt der Kunde denn davon zu spüren?„Aus meiner Sicht nur Positives“, sagt Andreas Brandl und erntet zustimmendes Nicken seiner Kollegen. „Nun kommt zum Beispiel für Hausanschlüsse in Neubaugebieten nur noch ein Monteur, das heißt, nur noch ein Ansprechpartner, über den alles abgewickelt werden kann.“ Und was passiert bei kniffeligen Fällen? „Fakt ist, dass unsere Tätigkeit deutlich breiter geworden ist“, sagt Thomas Püttmann und Heiner Ring ergänzt: „Immer wenn Spezialwissen erforderlich ist, steht der Fachmann bereit.“

Größte interne AVU-Reform

Dennoch: Die AVU durchläuft eine ihrer größten internen Reformen, denn mehr als 100 Jahre waren diese Gewerke klassisch getrennt und nicht unbedingt von überbordender gegenseitiger Sympathie gekennzeichnet. „Wir durchlaufen hier einen Riesenprozess, sind mitten in der Findungsphase“, sagt Martin Willecke. Wichtig, da sind sie sich alle einig, sei es, die Mitarbeiter hinter dieser Idee zu versammeln.

Ein Prozess, der sich Schritt für Schritt ausdehnen könnte, denn noch sind zum Beispiel die Bereitschaften klassisch aufgeteilt. Doch bis vor Kurzem glaubte auch noch niemand, das Gas, Wasser und Strom aus einer Hand geliefert werden könnten.