Ennepetal. .

Wer offenen Auges über den Wanderweg Hasperbach-Voerde-Breckerfeld spaziert, kann sie noch entdecken: Reste von alten Signalanlagen. Es sind Spuren aus einer längst vergangenen Zeit, Spuren von der viel gerühmten „Linie 11“. Die Straßenbahn verband jahrzehntelang Haspe, Voerde und Breckerfeld. Heute vor 50 Jahren fuhr sie zum letzten Mal. Es war ein wehmütiger Abschied.

Viele Menschen konnten den Beschluss, die Straßenbahnlinie einzustellen, nicht verstehen. Die damaligen Verkehrsexperten sahen jedoch keine Zukunft für die Linie 11 und stellten, wie sie sagten, auf Gummi um. Gemeint war damit der Busverkehr.

Heute sind sich Touristiker und Bahnfreunde einig: Die Linie 11 befuhr wohl die schönste Bahnstrecke Deutschlands. Sie faszinierte nicht nur Kinder, wenn die „11“ das „Brandenburger Tor“ in Haspe durchfuhr, die Andreas-Brauerei passierte und sich vom Schützenhof (Stadtgrenze Hagen-Ennepetal) aus auf eigener Trasse durch Busch und Wald durch Hasperbach schlängelte und dann über den Viadukt kurvte, schließlich an der Haltestelle Plessen die Ausflügler zur Hasper Talsperre entließ und dann weiter den Berg hinauf kroch bis zum Bahnhof Voerde.

Schnee stoppte die „11“ öfter

Dort, wo sich jetzt die Hagener Straße befindet, gab es Bahnhofsgebäude, Lagerschuppen und auch eine Bahnhofswirtschaft. Wenn es weiter in Richtung Oberbauer ging, fuhr die Linie 11 eine Spitzkehre, und wer sich als Fahrgast nicht auskannte, hatte das Gefühl, es ginge wieder zurück nach Haspe.

Immer wieder musste der Straßenbahnfahrer klingeln, weil Passanten seine Wege kreuzten. In Höhe von Dorma gab es sogar einen Wetterschutz für wartende Fahrgäste, denn die meisten Dorma-Beschäftigten kamen morgens mit der Linie 11 und fuhren abends mit dieser Bahn auch wieder nach Hause. Oberbauer, Delle und ab ging es nach Breckerfeld. In Höhe von Brauck mussten die Straßenbahnzüge die Landstraße queren, dann waren es nur noch wenige Minuten und die Endstation Breckerfeld war erreicht.

Im Winter war in den Zeitungen zu lesen: „Die Linie 11 hing wieder einmal im Schnee fest!“ Das Fahrpersonal schaufelte die Strecke wieder frei, und oft waren die Fahrgäste fleißige Helfer. Im Sommer konnte es passieren, dass Kühe auf den Gleisanlagen standen und so die Bahn stoppten.

Vor fünf Jahren wurde übrigens ein besonderes Jubiläum in Breckerfeld gefeiert: 100 Jahre Bahnhof. In dem Gebäude befinden sich heute die Jugendräume der Stadt.

Auch zwei schwere Unfälle gab es mit der Linie 11, jeweils auf Breckerfelder Stadtgebiet. Im Jahre 1960: In Höhe von Peyinghausen bei Delle stieß die Bahn mit einem entgegenkommenden Arbeitswagen frontal zusammen. Die beiden Fahrer waren sofort tot.

Schwere Unfälle mit zwei Toten

Wie die Untersuchungen ergaben, war ein Zug vier Minuten zu früh auf die eingleisige Strecke gefahren. Wenige Jahre später fuhr ein aus dem Manöver kommender Schützenpanzerwagen der Rheinarmee seitlich in die Straßenbahn. Das war, als sich die Bahn in Höhe von Brauck gerade auf der Landstraße befand. Durch die Wucht des Aufpralls wurde die Bahn aus den Gleisen gehoben. Mehrere Fahrgäste erlitten Verletzungen. Glück im Unglück: Die Schule in Breckerfeld hatte schon begonnen. Es waren also keine Schulkinder mehr in der Bahn.

Die Geschichte der Strecke begann im Jahre 1903. Ab 1. Mai dampfte die Kleinbahn von Haspe nach Voerde, ab 1907 auch bis nach Breckerfeld. Gemeinsam betrieben wurde die Kleinbahn vom Preußischen Staat, dem Provinzialverband Westfalen und der damaligen selbstständigen Gemeinde Voerde. Drei Lokomotiven bildeten zunächst die Dampfeisenbahn auf Meterspur. Später wurden noch mehrere Lokomotiven angeschafft, darunter auch eine Borsig-Dampflok. Sie zog die Wagen zum Güterbahnhof Haspe.

Der Hauptgrund zur Einrichtung der Strecke Haspe-Voerde-Breckerfeld war die Versorgung der Firmen. Der Personenverkehr wurde so mit erledigt. Auch die Bauern ließen mit der Dampflinie und später auch mit der Straßenbahn auf einem speziellen Anhänger ihre Milch zur Molkerei nach Hagen-Eckesey transportieren. Man hörte es. Scheppernd fuhr die Bahn durch das Hasper Bachtal und auch durch Hagen. Der Güterverkehr endete offiziell im Jahr 1954.

Die Kleinbahngesellschaft machte 1907 pleite. Dann wurde die „Vorortbahn“ gegründet, eine Tochter der Hagener Straßenbahngesellschaft. Auch der ging es 1921 finanziell so schlecht, dass sie den Personenverkehr einstellte. Im Jahr 1926 wurde die Strecke elektrifiziert und ab 1927 verkehrte die „11“ der Hagener Straßenbahn AG auf der „schönsten Strecke Deutschlands“.

INFO:

Videos und viele Veröffentlichungen gibt es zur „Linie 11“.

So haben Dirk Göbel und Jörg Rudat ein umfangreiches und mit vielen Fotos versehenes Buch verfasst: „BITTE UMSTEIGEN. Mit der Linie 11 ins Grüne: Von Haspe über Voerde nach Breckerfeld“.

Herbert Pack, der in Voerde als „filmender Zahnarzt“ bekannt ist, hat immer wieder die Voerder porträtiert, die an der Kleinbahn und den Nachfolgeunternehmen beschäftigt waren. Er ist heute 97 Jahre alt.