Ennepe-Ruhr. . In möglichst allen Kindertagesstätten im Ennepe-Ruhr-Kreis soll im nächsten Jahr Schach gespielt werden.

In Kindergärten wird vielleicht „Räuber und Gendarm“ oder „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt – aber Schach? Das Spiel der Könige in kleinen Kinderhänden? Was vielleicht in den Ohren von vielen Müttern und Vätern noch exotisch klingt, soll auf freiwilliger Basis im nächsten Jahr möglichst flächendeckend im Ennepe-Ruhr-Kreis eingeführt werden.

„Kein Problem“, sieht der Hattinger Ralf Schreiber, Initiator der Aktion „Schach für Kids“ darin, selbst Dreijährigen das eigentlich komplizierte Spiel beizubringen. Und die Mädchen und Jungen in der Kindertagesstätte „Kleiner Häwelmann“ in Schwelm geben ihm lautstark und begeistert recht. Sie sitzen vor den Brettern, die nicht im strengen Schwarz und Weiß wie bei den Erwachsenen gehalten sind – sie leuchten in bunten Farben. Schreiber hat einst seiner Tochter Sarah das Spiel im Alter von zweieinhalb Jahren mit bunten Smarties beigebracht. Danach bemerkte er, dass sein Kind vorausschauender und logischer zu denken begann. Dass Schach die Entwicklung von Kindern fördert, wurde schließlich bei einem Feldversuch im Ennepe-Ruhr-Kreis wissenschaftlich bewiesen.

„Dabei geht es nicht darum, leistungsorientiert zu spielen. Die kleinen Kinder wollen gar nicht unbedingt gewinnen. Sie zeigen ihren Spielkameraden auch schon mal, welchen Zug sie machen müssen, um zu siegen. Diese Einstellung ändert sich nach dem Kindergarten allerdings schnell“, sagt Schreiber. Für Kerstin Kolodziej, Leiterin des „Kleinen Häwelmann“, ist Schach vor allen Dingen ein Mittel der Kommunikation: „Bei uns spielt jeder gegen jeden.“ Dabei komme es zu intensiven Kontakten, zu Gesprächen, die Sprache fördere und das nicht unter einem Leistungsgedanken: „Bei uns steht der Spaß im Vordergrund.“

Um aus dem Feldversuch im Ennepe-Ruhr-Kreis eine Dauereinrichtung zu machen, wurde vor allen Dingen Geld gebraucht. Und deshalb haben sich viele Sponsoren gefunden, um dem Spiel der Könige den Weg in die Kindergärten zu öffnen. Alle Sparkassen im Ennepe-Ruhr-Kreis gehören dazu, auch der Energieversorger AVU und die Stadtwerke in Hattingen und Witten. Sie machen es unter anderem möglich, dass jeder Kindereinrichtung im Ennepe-Ruhr-Kreis im nächsten Jahr vier Spiele und entsprechendes Begleitmaterial zur Verfügung gestellt werden können. Außerdem werden Seminare für Erzieherinnen und Erzieher durchgeführt. Das Schachspiel muss dafür niemand beherrschen. „Im Gegenteil, das ist eher hinderlich“, meint Schreiber. Schließlich solle das Spiel mit ganz neuen pädagogischen Methoden beigebracht werden.

Dass man nicht früh genug mit dem Spiel beginnen kann, davon ist auch die Deutsche Schachmeisterin Sarah Hoolt überzeugt: „Ich habe im Alter von sechs Jahren mit dem Schach begonnen. Heute wäre es mir lieber, ich hätte früher damit angefangen.“ Nicht nur die Karriere am Brett hat die 23-Jährige dem Spiel zu verdanken: „Ich merke auch in meinem Studium, dass ich mich besser konzentrieren und schneller lernen kann als andere unter meinen Kommilitonen.“ Hoolt hat die Patenschaft über die Aktion „Schach für Kids“ im Ennepe-Ruhr-Kreis übernommen.

Schirmherr ist Landrat Arnim Brux, der leider – wie er sagt – selbst kaum noch Zeit für das Spiel hat: „Ich halte es allerdings für eine hervorragende pädagogische Maßnahme, was hier in den Kindergärten passiert.“ Der Ennepe-Ruhr-Kreis wolle einen Impuls geben und Städte wie Wuppertal, Bochum und Dortmund hätten bereits Interesse bekundet, diesen aufzunehmen.