Gevelsberg. Das Geschäft „RecyclART“ eröffnet in Gevelsberg an der Mittelstraße. Welches Konzept hinter dem Laden der besonderen Art steckt.

Kinderkleidung aus alten Tischdecken oder T-Shirts, Insektenhotels aus Palettenholz, Körnerkissen und Schürzen aus gebrauchten Jeans: Wie viel Müll könnte wohl vermieden werden, wenn ausrangierte oder beschädigte Textilien, Möbel und Accessoires ein neues Leben geschenkt bekämen? Genau hier setzt das Konzept des neuen „RecyclART Stores“ an, den die Volkshochschule Ennepe-Ruhr-Süd (VHS) jetzt in ihrem Gebäude an der Mittelstraße 86-88 in Gevelsberg eröffnet hat. Doch es geht dabei um so viel mehr als nur um Nachhaltigkeit. Nämlich auch um Umweltschutz und den Menschen als Individuum.

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Bereits seit den 90er-Jahren verfolge die VHS den Recycling-Gedanken, erklärt Ines Thranberend, Fachbereichsleiterin der VHS. Gemeinsam mit dem Jobcenter EN, der Modernen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt gGmbH (DlA) und in Kooperation mit der Caritas Hagen sowie der Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk Ennepe-Ruhr (AWO) entwickelte sich über die Zeit das Gemeinschaftsprojekt „Upcycling“ – eine Win-win-Situation sowohl für Mensch, Natur als auch Umwelt.

Bei der Neueröffnung des „RecyclART Stores“  in Gevelsberg fand sich der Großteil der Produktschaffenden zusammen.
Bei der Neueröffnung des „RecyclART Stores“ in Gevelsberg fand sich der Großteil der Produktschaffenden zusammen. © Angela Hackert-Pflug | Angela Hackert-Pflug

Denn hier stehen Umweltschutz, Kreativität und neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose im Fokus. „Wir wollen ein Zeichen setzen, wie man aus Alt Neu machen kann“, erklärt Ines Thranberend. Zudem könne der Gesellschaft bewiesen werden, wie bewusst und sorgsam mit Umweltressourcen umgegangen werden kann. „Dinge, die niemand mehr braucht, werden in etwas Schönes verwandelt.“ Und zwar durch Menschen, die eine zweite Möglichkeit auf dem Arbeitsmarkt erhalten sollen. „Um zu lernen, zu wachsen und um sie für die Arbeitswelt fit zu machen. Hier kann man ein neues Lieblingsstück finden, das eine Geschichte erzählt. Eine Geschichte von Nachhaltigkeit, Lernen und neuen Chancen.“

„Man kann nur gewinnen“

Der Erwerb der recycelten Produkte unterstütze nicht allein die Umwelt. Denn wer eines der Unikate kauft, beweise den Menschen hinter den Produkten, dass deren Kreativität, Einsatz und Arbeit wertgeschätzt werde. Wesentlicher Bestandteil des Projektes sei, dass die Gestalter „mit eingebunden werden und ihnen nichts von oben übergestülpt wird“, informiert Ines Thranberend. So könne gezielt auf die Fähigkeiten der Projektteilnehmer eingegangen werden und sie würden erkennen, dass ihre Meinung zählt.

Projektteilnehmerin Snezana Mancic (links) und Henning Heinsch vom Jobcenter EN (rechts) zerschneiden das Eröffnungsband des „RecyclART Stores“ in Gevelsberg.
Projektteilnehmerin Snezana Mancic (links) und Henning Heinsch vom Jobcenter EN (rechts) zerschneiden das Eröffnungsband des „RecyclART Stores“ in Gevelsberg. © Angela Hackert-Pflug | Angela Hackert-Pflug

Die kreativen Köpfe, rund 70 Geflüchtete und Arbeitslose, arbeiten mit verschiedenen Materialien, die vorwiegend gespendet wurden: Textilien aller Art wie Jeansstoff, alte T-Shirts, Palettenholz, aber auch Altmetalle werden zu Kleidung, Teppichen oder auch zu Puzzeln verarbeitet.

Selbst die Befüllung so mancher „Neuware“ wurde bewusst mit Blick auf die Nachhaltigkeit ausgewählt: „Die Körner in den Körnerkissen sind zwar nicht recyclebar, aber es handelt sich um Bio-Getreide“, berichtet VHS-Auszubildende Melanie Katzuba und ergänzt: „Man kann nur gewinnen! Zum Beispiel, wenn im eigenen Zuhause Dinge repariert, anstatt weggeschmissen werden.“ Teilnehmerin Snezana Mancic freut sich über das, was sie und das Team der Produktentwicklung erschaffen. „Man lernt Schritt für Schritt und bekommt Vertrauen und Selbstbewusstsein zurück“, sagt die 60-Jährige.

Eine große Auswahl an recycelten Produkten bietet der Store im Gebäude der VHS in Gevelsberg.
Eine große Auswahl an recycelten Produkten bietet der Store im Gebäude der VHS in Gevelsberg. © Angela Hackert-Pflug | Angela Hackert-Pflug

Einnahmen werden für neue Projekte verwendet

In der Industriehalle der VHS, an der Hammerstraße 21 in Gevelsberg, bestehen etliche Möglichkeiten zur Metallbearbeitung: „Mit einem Kreativbereich, Schulungsraum, Schweißerkabine und 3D-Drucker. Gerade mit dem 3D-Drucker können wir Ersatzteile nachhaltig produzieren und Geräte reparieren“, erklärt Ines Thranberend. Durch das Erschaffen neuer Dinge machten die Gestalter positive Erfahrungen, weil sie sähen, was sie selbst erreichen und würden von Alltagsproblemen abgelenkt. Henning Heinsch vom Jobcenter EN ergänzt: „Hier lernen die Menschen fürs Leben und finden Sicherheit.“ Die Einnahmen aus den Verkäufen werden für neue Projekte der VHS verwendet. „Wir von der VHS glauben, dass jeder Mensch wertvoll ist und eine Chance verdient hat“, betont Ines Thranberend. Und nicht nur der Mensch, sondern auch ein eigentlich bereits ausrangierter Gegenstand.

Öffnungszeiten des „RecyclART Stores“ im Bürgerzentrum der VHS:

Montag: 13.45 - 15.45 Uhr
Dienstag: 13.45 - 15.45 Uhr
Mittwoch: 11 - 13 Uhr
Freitag: 11 - 13 Uhr
Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der VHS: www.vhs-en-sued.com