Gevelsberg. Kirmesverein und WESTFALENPOST nehmen Leser auf eine ganz besondere Kirmesführung mit. Dabei geht es sogar unter ein Fahrgeschäft.
Wenn doch diese Steigung nicht wäre, die Elberfelder Straße, oder wie ihn Lutz Kornowski nennt, „der Hammerschmied-Gedächtnisberg“. 8,5 Prozent im Schnitt, eine immer wieder schweißtreibende Angelegenheit. Gut, dass es auf den Weg hinauf zum Riesenrad so viele Bierstände gibt. Der neue Hammerschmied und der Vorsitzende des Kirmesvereins Markus Loetz wissen viel über die Gevelsberger Kirmes zu berichten, was sie besonders macht und geben während einer Führung für unsere Leserinnen und Leser exklusive Einblicke ins Kirmesgeschehen.
Es ist die Steigung, die der Kirmes den Titel beschert hat, die schrägste Kirmes Europas zu sein. Warum nur Europa und nicht der Welt? „Weil wir hier in Gevelsberg nicht arrogant sind, Europa reicht erstmal“, sagt Markus Loetz mit einem Augenzwinkern. Lutz Kornowski hat in der Zwischenzeit seinen Hammer auf den Boden gelegt und eine Miniatur-Wasserwaage rausgeholt. Sie zeigt an, dass es hier absolut gerade ist, auf dem Schafft des Hammers. Aber auch nur da. Zu sehen sind auch die Namen der Hammerschmiedvorgänger. Da, wo später Lutz Kornowski zu lesen sein wird, ist jetzt eine Plakette mit der Aufschrift: „Und nu eck - und nun ich“.
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„Die Symbolfigur Hammerschmied feiert in diesem Jahr 60. Geburtstag“, sagt der amtierende Würdenträger. Deshalb gibt es auf der Kirmes auch gerade so viele Bierdeckel mit seinem Gesicht. Und einem ganz wichtigen Datum: der 22. Juli. An diesem Tag wird vom Gevelsberger Kirmesverein auf den Hof der VHS zu einem Fest eingeladen. „Der Erlös kommt den Kirmesgruppen zugute, ohne die es diese tolle Kirmes nicht geben würde“, sagt Lutz Kornowski. Doch noch läuft die Kirmes und es geht weiter den Berg hinauf. „Sind die Holzschuhe eigentlich gefüttert“, fragt eine Leserin. „Nein, aber die fühlen sich auch so wie Pantoffeln an“, sagt der Hammerschmied.
Zeit für eine Getränkepause. Ausreichend Flüssigkeitszufuhr ist entscheidend auf der Gevelsberger Kirmes. Das Thema wird auch von den meisten der Besuchern ausgesprochen Ernst genommen. Vor allem an den Abenden auf der Kirmesmeile, meist angekündigt durch ein dreifach Rupp ti Tupp. „Das heißt übersetzt, mach hinne, mach schnell“, erklärt Markus Loetz und weiter geht es in der exklusiven Führung von Kirmesverein und WESTFALENPOST. Und zwar direkt unter den Breakdance. Inhaber Thomas Gras lässt sogar die Musik ausschalten, damit ihn alle verstehen während er die Besuchergruppe an einen Ort führt, an den sonst niemand einen Fuß setzen darf. Unter das Fahrgeschäft. Der Wind pfeift, der Drehteller saust herum, auf der die Fahrgondeln die Gäste durchrütteln. Es ist imposant wie das Gestell vom 40-KW-Motor angetrieben wird.
Dort sind auch mehrere Boxen zu sehen. „Die waren alle mit Holz gefüllt“, sagt Thomas Gras. Und da ist sie wieder - die schräge Kirmes - mit alle ihren Herausforderungen. „Der Aufbau hier ist schon sehr aufwendig und dauert länger als an allen anderen Orten.“ Mit Bahnschwellen und Holzklötzen werde das Fahrgeschäft austariert und zumindest halbwegs gerade gerückt.
Hier gibt es viele Fotos von der Kirmes
Doch auch das mache auch den besonderen Reiz aus. Die Gevelsberger Kirmes sei für die Schaustellerfamilie Bonner immer ein Höhepunkt. Vor etwa 13 Jahren hat Thomas Gras in die Familie eingeheiratet, seit mindestens 35 bringen sie immer zur Gevelsberger Kirmes ihren Breakdance mit. Insgesamt dauert es eineinhalb Tage, bis das rasante Fahrgeschäft steht. Jetzt waren es fast zweieinhalb Tage. Am Freitag dreht der Breakdance bereits auf der nächsten Kirmes seine Runden - in Duisburg. Doch jetzt spielt erst einmal noch in Gevelsberg die Musik. Bis Dienstagmitternacht nach dem Höhenfeuerwerk.
Nachdem es alle raus aus dem kleinen Türchen im Gerüst geschafft haben, geht es weiter hinauf. Erstmal wieder eine Pause. Eine Runde Pizzabrötchen bei Maximilian Schultze, dort wo früher Pizza Maria war. Übrigens, die Kaltgetränke bei den Mühlenhämmern, der Kirmesgruppe Silschede, beim Schausteller Arens und bei Pinass Brumse sind allesamt hervorragend, vielen Dank dafür. Der Name resultiert aus der Idee im „Pier sieben“, der Gaststätte Stadtschänke, ein altes Rettungsboot über die Kirmes zu ziehen. Das war 1934 beim Kirmeszug, man protestierte launig dagegen, dass der Kirmeszug aus dem Dorf sollte. Pinass Brumse setzt sich zusammen aus Pinasse für Beiboot und die Kombination der Namen zweier damaliger Kreuzer, Brummer und Bremse. Übrigens, nur dort gibt es Schiffchen für Großbestellungen.
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Eine große Tradition hat auch das Riesenrad: Das Wahrzeichen der Gevelsberger Kirmes. Geschafft. Oben angekommen. Zum Abschluss noch eine Runde drehen - und genießen, die Kirmes mit anderen Augen sehen.