Ennepetal. Christa aus Ennepetal hat Depressionen. Die Caritas hilft ihr beim Weg aus der Psycho-Hölle. Wie auch andere Betroffene davon profitieren können.
Christa ist das, was man als rüstige Rentnerin bezeichnen würde: Immer einen Scherz auf den Lippen, nicht auf den Mund gefallen und gerne sportlich aktiv. Bei der 72-Jährigen würde man nicht unbedingt vermuten, dass sie unter Depressionen leidet. Und doch: „Es gibt Tage, da zieht mich meine Vergangenheit runter, alles, was ich erlebt habe. Dann sitze ich da und es geht mir richtig schlecht“, sagt die Ennepetalerin, bei der der Pfälzer Dialekt noch deutlich rauszuhören ist.
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2010 ist Christa nach Ennepetal gekommen, ihrer Tochter zu Liebe, die an einem Burnout litt und nicht wirklich zurechtkam. „Mir fehlte der soziale Anschluss und ich besuchte damals ein Kaffeetrinken der Caritas im Haus Ennepetal. So entstand der erste Kontakt zur Beratung“, erinnert sich die 72-Jährige. Ihre Tochter machte damals eine schwere Zeit durch, „sie hat auch ein halbes Jahr lang Drogen genommen. Wir haben das gemeinsam durchgestanden und sie hat gespürt, dass ich hinter ihr stehe“, erinnert sich Christa.
Das war sie ihrer Tochter auch schuldig, findet sie. „Sie hat meine Alkohol- und Spielsucht als Kind miterlebt, ich war da nicht immer eine gute Mutter für sie“, räumt sie offen ein. Doch die 72-Jährige wollte sich ändern. „Ich hatte wirklich Angst, irgendwo obdachlos unter einer Brücke zu landen.“ Mit Hilfe des Kreuzbundes bekam Christa ihre Süchte unter Kontrolle, inzwischen ist sie seit 19 Jahren abstinent, seit 17 Jahren ohne Spielsucht.
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Die Gruppenangebote holen sie aus der Isolation
Trotzdem: Ohne die Unterstützung von Caritas-Mitarbeiterin Marion Vedder käme sie schwer zurecht. „Wir diskutieren manches Mal und ich muss Christa hin und wieder zu ihrem Glück zwingen“, sagt die Mitarbeiterin. „Ich bin ja auch was störrisch“, gibt die Rentnerin lachend zu.
Doch sie weiß, wie gut ihr die Angebote tun, die sie von der Caritas im Ambulant Betreuten Wohnen bekommt. „Wir gehen jeden Montag zusammen mit unserer Nordic Walking Gruppe im Hülsenbecker Tal spazieren, donnerstags geht es ins Schwimmbad und mittwochs ist die Freizeitgruppe, bei der das Angebot vom Spielenachmittag bis hin zum Museumsbesuch reicht“, zählt Marion Vedder auf. „Für mich ist es so wichtig rauszukommen, nicht immer nur zu Hause zu sitzen und nicht zu wissen, was ich tun soll“, sagt Christa.
Die Angebote der Caritas geben ihrem Alltag, ihrer Woche, eine Struktur und bewahren sie vor der Isolation. „Für Menschen mit psychischer Erkrankung ist die Vereinsamung ein großes Risiko und verschlimmert die Erkrankung zugleich“, so die Caritas-Mitarbeiterin.
„Ich bin froh, die Caritas im Rücken zu haben“, sagt Christa. „In der Klinik war ich das letzte Mal vor vier Jahren“, sagt sie erleichtert und auch ein wenig stolz. Auf sich stolz zu sein ist etwas, das Christa nie gelernt hat.
Als mittleres von fünf Kindern fühlte sie sich immer als das schwarze Schaf. Sie musste mit zwölf Jahren schon auf dem Bau dem Vater helfen, der keine Liebe geben konnte und gewalttätig war. „Mit 19 habe ich den Kontakt zu ihm abgebrochen“, sagt sie verbittert. Auch im Verhältnis zu ihrer Mutter fehlte es an Zuneigung und Wertschätzung. „Ich habe mich früh in den Alkoholkonsum und später in die Spielsucht geflüchtet.“
Christa hat das alles hinter sich gelassen und doch irgendwie nicht. Auf ihrer Seele haben all die Geschehnisse Spuren hinterlassen. Das Ambulant Betreute Wohnen der Caritas Ruhr-Mitte und nicht zuletzt der gute Kontakt zu Marion Vedder holen sie aber immer wieder zurück ins Hier und Jetzt. „Und dafür bin ich sehr dankbar.“