Schwelm. Generationenwechsel: Alina Meuser (25) und Daniel Nickel (43) führen die Schwelmer SPD als erste Doppelspitze. Das sind ihre Pläne.
Wenn man der Schwelmer SPD eine Sache über viele Jahre gewiss nicht nachsagen konnte, dann war es die Tatsache, dass sie frisch und modern war. Recht sinnbildlich leitete der heutige Ehrenvorsitzende Gerd Philipp seine Redebeiträge im Rat der Stadt Schwelm gern mit den Worten: „Die Älteren unter Ihnen werden sich erinnern...“ Mit dem Wechsel des Fraktionsvorsitzes zu Thorsten Kirschner – Anfang 40, mit dem Willen gesegnet, Dinge schnell zu bewegen – hat die größte politische Kraft in Schwelm einen Generationswechsel, ja sogar einen Wechsel von Haltung und Habitus eingeleitet. Nun folgt ein noch größerer Schritt in die Richtung, dass die Schwelmer Genossen, die in der Partei einen Altersdurchschnitt von deutlich über 60 haben, zukunftsfest aufstellen wollen. Die Jahreshauptversammlung wählte Daniel Nickel (43) und Alina Meuser (25) zu den neuen Schwelmer Parteivorsitzenden.
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Die erste Doppelspitze in der Geschichte der Schwelmer Sozialdemokraten spricht im Interview über Lebensmodelle, Lebensphasen, Videokonferenzen und Treffen im Parteibüro und darüber, wie sich die beiden ergänzen wollen.
Wie ist es zu dieser Konstellation gekommen?
Daniel Nickel: Ich war bereits stellvertretender Vorsitzender, und habe mich bereit erklärt, Vorsitzender zu werden, als klar war, dass Gerd Philipp nicht mehr antritt. Ich habe aber auch sofort klar gemacht, dass ich das nur mache, wenn wir wie der Unterbezirk oder die Bundespartei eine Doppelspitze installieren. Ich kann wegen meines Jobs mit vielen Dienstreisen nicht permanent verfügbar sein. Außerdem kann es nur befruchten, wenn sich Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen und mit auch politisch nicht immer deckungsgleichen Ansichten gegenseitig befruchten. Als Mensch kamen wir sehr schnell auf Alina und haben sie angesprochen.
Alina Meuser: Ich kam gerade aus den USA zurück und hatte Corona, war ohnehin etwas kurzatmig, habe aber auch so etwas gestockt, weil ich gedacht habe: Wow, dass die mir das zutrauen. Ich habe sofort zugesagt. Daniel ist Familienvater mit Eigenheim steht fest im Beruf, ich bin frisch ausgelernt, lebe mit meinem Partner zusammen. Wir bilden mit unseren Lebensmodellen einen großen Teil der Schwelmer ab. Und am Ende geht es darum, dass wir alle mitnehmen.
Was wir sich mit Ihnen in der Schwelmer SPD verändern?
Daniel Nickel:Sowohl Alina als auch ich sind mehr in das täglich Leben involviert, wissen um die Nöte, Sorgen und Ängste von Familien, Paaren, Selbstständigen, Angestellten und so weiter. Natürlich bleibt die Fraktion in der Hauptverantwortung für das politische Tagesgeschäft, aber wir sehen uns als Bindeglieder zwischen Politik und den Bürgerinnen und Bürgern.
Alina Meuser: Die politische Zukunft lebt von Menschen in unseren Altersklassen und wir wollen ein Anlaufpunkt sein, für Menschen, die sich engagieren wollen. Wir wollen das politische Ehrenamt wieder attraktiv machen.
Wie soll das gelingen?
Daniel Nickel:Ein Beispiel: Sitzungen in Präsenz um 16 Uhr unter der Woche sich für die meisten Berufstätigen kaum machbar. Also müssen wir schauen, wie wir uns mit Hybridmodellen und anderen Uhrzeiten attraktiv machen.
Alina Meuser: Unser Ziel ist es, den Ortsverein der SPD in Schwelm zu verjüngen. Aktuell liegt unser Altersdurchschnitt bei über 60 Jahren.
Wie fühlt es sich an, als junge Frau an der Parteispitze zu stehen?
Alina Meuser: Es ist noch etwas unwirklich, auch wenn jetzt schon ein paar Tage vergangen sind. Ich finde es toll, dass ich als junge Frau so viel Vertrauen bekomme. Und ich finde es toll, dass ich auf andere junge Leute zugehen kann und zeigen kann: Hey, ich bin Dein Alter. Du kannst das auch. Ich will Ansprechpartner, kein Vorbild sein.
Was wollen Sie für junge Menschen in Schwelm bewegen?
Alina Meuser: Ich möchte gern die Jusos reaktivieren. Ich möchte gern neue Angebote schaffen auch mit Gevelsberg und Ennepetal zusammen.
Daniel Nickel: Es gab früher mehr Aktionen in Schwelm. Ich kann mich daran erinnern, dass es stets ein großes SPD-Sommerfest gab, auf dem ich mit meiner Band mal aufgetreten bin. Wir müssen wieder mehr ins Gespräch kommen. Und wer sich über solche Wege bei uns engagieren will, ist natürlich herzlich willkommen.
Was hat Sie dazu gebracht, sich ehrenamtlich zu engagieren?
Alina Meuser: Ich bin nach Schwelm zugezogen und war bereits in der SPD. Ich bin im Jahr 2015 mit 18 Jahren eingetreten und die Frage, dass ich mich auch an meinem neuen Wohnort engagiere, stellte sich nie. Das war zudem sehr gut, um Leute kennenzulernen und sich zu connecten.
Daniel Nickel:Ich bin erst im Jahr 2018 in die SPD eingetreten. Ich habe die Umfragewerte gesehen und war erschrocken, weil ich davon überzeugt bin, dass eine starke Sozialdemokratie wichtig ist. So ist in mir der Wille gereift, mich selbst politisch zu engagieren. Die ehrenamtliche Arbeit ist herausfordernd, hat mir aber vom ersten Tag an Spaß gemacht. Und: Irgendeiner muss es ja machen.
Sie haben Familie, sind beruflich viel unterwegs – wie kam ihre zeitaufwändige Idee, jetzt SPD-Chef in Schwelm werden zu wollen, zu Hause an?
Daniel Nickel: Das hat nicht den puren Jubel ausgelöst, aber meine Familie ist auch ein Stück weit stolz auf mich. Außerdem arbeitet meine Frau im Büro des SPD-Unterbezirks. Wir haben viele gleiche Themen. Wir hatten schon vorher ein Zeitmanagement zu Hause etabliert und wir kriegen das alles hin, ohne das jemand zu kurz kommt.
Und wie kam dieses verantwortungsvolle, zeitaufwändige Amt bei Ihrem Lebensgefährten an?
Alina Meuser: Wir haben uns ja über die SPD kennengelernt und von daher war das kein Problem. Aus meinem Freundes- und Familienkreis kamen fast ausschließlich Glückwünsche zu dem Posten. Einigen meiner Freunde habe ich es auch erst nach der Wahl gesagt.
Daniel Nickel:
Daniel Nickel ist 43 Jahre alt und gebürtiger Schwelmer.
Er ist verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in Schwelm.
Der gelernte Fachinformatiker arbeitet als Teamleiter im IT-Bereich.
Seine Freizeit verbringt er gern mit seiner Familie und singt zudem in einer Metal-Band.
In die SPD ist Daniel Nickel im Jahr 2018 eingetreten.
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Alina Meuser:
Alina Meuser ist 25 Jahre alt und gebürtig aus Stolberg in Rheinland.
Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten wohnt sie seit einigen Jahren in Schwelm.
Sie hat Bankkauffrau bei der Sparkasse Schwelm-Sprockhövel gelernt und ist dort mittlerweile in der Organisation tätig.
In ihrer Freizeit macht sie gern Musik und tanzt Ballett. „Leider habe ich für beides kaum noch Zeit“, sagt sie.
Alina Meuser ist im Jahr 2015 in die SPD eingetreten.