Gevelsberg. Norbert Schindele hat in seinem Keller eine Brauerei eingerichtet. Außerdem haben er und Claudius Fischer die Gevelsberger Heimbrauer gegründet.
Gevelsberg hat erstmals seit Jahrhunderten wieder eine eigene Brauerei. Von der Braumalze, bis zum Kocher, der Gäranlage und der Flaschenabfüllung: Im Keller von Norbert Schindele gibt es alles, was ein Bier braucht und erfordert Handarbeit, die es in sich hat. Alleine der Brauvorgang dauert einen ganzen Tag, nach weiteren zehn bis zwölf Tagen, wenn das Bier den richtigen Alkoholgehalt und vor allem den Geschmack entwickelt hat, kommt es in die Fässer. Und auch dann muss es noch eine Weile in Ruhe gelassen werden. „Am Ende gibt es aber einen richtigen Biergeschmack“, sagt der Gevelsberger, das sei die Mühe wert.
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„Das ist wie selbst gemachte Marmelade. Die schmeckt auch besser als aus dem Supermarkt“, sagt Claudius Fischer. Auch er ist Bierbrauer aus Leidenschaft und hat gemeinsam mit Norbert Schindele die Gruppe „Gevelsberger Heimbrauer“ gegründet. Damit wollen sie ihr Hobby bekannter machen und hoffen auf Mitstreiter.
Während Claudius Fischer nur für den Eigenbedarf bei sich zu Hause produziert, braut Norbert Schindele sein Norschi-Bräu in seiner eigenen Brauerei. Mittlerweile verkauft er es nicht mehr nur auf dem Gevelsberger Abendmarkt, sondern auch in dem ein oder anderen Feinkostladen.
350 verschiedene Hopfensorten
„In Supermärkten wird es das Bier aber nicht geben“, sagt Schindele. Weil es ein besonderes Produkt sei, keine Massenware, und sich abgrenze „von all den weichgespülten Fernsehbieren“, wie der Gevelsberger betont. Er meint damit die großen und bekannten Marken. Natürlich gebe es auch bei großen Brauereien richtig gute Biere, sagt Norbert Schindele. Wer besondere Qualität möchte, den ursprünglichen Biergeschmack, der sollte sich aber lieber einmal kleinere Brauereien anschauen. Erst hier werde die Vielfalt, die ein Bier bieten könne, deutlich, sagt Norbert Schindele und erklärt. „Es gibt alleine 350 verschiedene Hopfensorten.“ Jede habe ihren eigenen Geschmack und der könne, je nach Zubereitung, außerdem noch variieren.
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„Das ist das, was mich am meisten reizt“, sagt Claudius Fischer. „Die Vielfalt, die vielen unterschiedlichen Biere, die man brauen kann.“ Mit Mango, mit Champagner: Fischer hat seinem Bier den Namen Drood gegeben, in Anlehnung an die englischen Biere. Gebraut wird nur mit natürlichen Zutaten und für den Eigenbedarf. 200 Liter pro Brauvorgang ist die Grenze, die aus einem privaten Heimbrauer einen kommerziellen Anbieter macht. Gezogen hat sie der Zoll, wer unter der Grenze bleibt, zahlt keine Steuern.
200 Liter – zwei Hektoliter – so viel fasst die Brauanlage von Norbert Schindele. Zwei Mal im Monat steht er in seinem Keller und kümmert sich jeweils um die nächste Abfüllung. Früher, vor Corona, hat er das Norschi-Bräu immer in Münster zubereitet, nur das Gevelsberger Wasser, das habe er immer mitgenommen. Als es durch die Pandemie immer schwieriger wurde, Zeiten zu buchen, alles zu organisieren, richtete er jetzt seine eigene Brauerei ein. „Man muss schon gerne putzen“, sagt er und lacht. Sauberkeit sei das A und O beim Brauen, während des Bauprozesses gebe es auch schonmal eine klebrige Masse, wenn Stärke zu Zucker wird, die Hefe hinzukommt. Die gehört übrigens mit zu den teuersten Zutaten, die in ein Bier müssen. 500 Gramm kosten 80 Euro. Auf 200 Liter Bier kommen etwa 250 Gramm Hefe.
Sieben Grad und kleine Gläser
Die Kosten für den Hopfen habe sich im Laufe des Jahres verdreifacht, dazu die gestiegenen Energiekosten, die Arbeit, die im Bier steckt: Dennoch seien die Menschen nicht bereit, viel für Bier zu bezahlen, so wie sie es etwa für Wein tun würden, ärgern sich Schindele und Fischer. Und noch ein Unterschied zum Wein: Wer eine Geschmacksprobe nehmen möchte, darf das Bier nicht nur im Mund halten und dann wieder ausspucken, wie man es bei einer Weinprobe macht, sondern man muss es auch runterschlucken. Die Rezeptoren für Bitterstoffe würden nämlich hinter dem Zäpfchen liegen. Also langsam trinken, sei das Gebot und dazu noch ein Glas mit großer Öffnung zu nehmen, damit das Bier atmen und sich entwickeln kann. Wie beim Wein. Lässt man das Bier aber zu lange stehen, verliere es an Geschmack. Der Tipp von den beiden Fachmännern: Lieber kleine Gläser nehmen.
Norbert Schindele bietet auch Biertastings an, Höhepunkt ist der sogenannte Bierstachel. Dabei wird eine zum Glühen gebrachte Metallkugel in ein dunkles Bier getaucht. Sofort bildet sich Bierschaum. Zuckersüß wie beim Cappuccino, während das Bier noch schön kalt ist. Ein ganz besonderer Genuss, Anmerkung der Redaktion. Mit 7 Grad Temperatur schmeckt das Bier übrigens am Besten. Claudius Fischer und Norbert Schindele sind begeistert davon, was Bier alles kann. „Wenn man offen ist, kann man tolle Biere entdecken“, weiß Claudius Fischer. „Am Ende ist aber alles eine Sache des Geschmacks.“