Schwelm. Winzerfest in Schwelm gibt nach Zwangspause sein Comeback. Besucher weniger kauffreudig als vor zwei Jahren: Das sind die Gründe.
Nach zwei Jahren Zwangspause fand an diesem Wochenende endlich wieder das Winzerfest statt. Am Schwelmer Bürgerplatz drehte sich bei der sechsten Auflage dieser Veranstaltung am Freitag und Samstag zwei Tage lang alles rund um Wein. Die Vertreterinnen und Vertreter der Weingüter, die lokalen Händler sowie die Besucher freuten sich über das Comeback des Festes – und das trotz der gestiegenen Weinpreise.
+++ Nichts mehr verpassen: Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm+++
Wie groß die Freude war, wurde schnell deutlich, wenn der Blick über den Platz streifte: Er war an beiden Tagen rappelvoll. Live-Musik sowie Essensstände sorgten neben dem Wein für eine ausgelassene Atmosphäre. Bei den vielen glücklichen Gesichtern rückte schnell die aktuelle Lage in den Hintergrund. „Wir wollen heute den Tag einfach mal genießen, und schauen nicht so genau auf den Geldbeutel“, sagte etwa eine Besucherin.
Und auch Hedwig Rudnick, die mit ihrem Weingut aus Rheinhessen bereits zum wiederholten Male beim Schwelmer Winzerfest zu Gast war, stimmte in den Tenor ein. „Es läuft in diesem Jahr besser als noch vor zwei Jahren hier“, stellte die Winzerin fest.
Lesen Sie auch: Hallenbad in Schwelm 2 Grad kälter
Doch im Hinterkopf schwingen bei allen Beteiligten dennoch immer die Corona-Pandemie sowie die aktuelle Rekordinflation mit. Jeder Schluck des Weines ist teurer geworden als er es noch bei der vergangenen Ausgabe des Winzerfestes in der Kreisstadt war.
Eine Entwicklung, die auch die lokalen Händler zuletzt zu spüren bekommen haben. Salvatore Ragusa ist einer von ihnen. Er nahm mit seiner Bottega, einem italienischen Feinkostladen mit kleiner Küche in Schwelm, zum ersten Mal am Winzerfest teil.
„Die Weingüter haben schon zwei, drei Mal die Preise ein wenig erhöht“, schildert er seine Eindrücke, schiebt aber sofort hinterher: „Sie sind ja leider dazu gezwungen.“ 50 bis 60 Cent sei eine Flasche in seinem Geschäft in den zurückliegenden Monaten im Schnitt teurer geworden.
Gründe für diesen Anstieg der Preise gibt es viele, wie das „Weingut Rudnick“ berichtet. „Alle Sachen, die wir einkaufen müssen, sind teurer geworden, teilweise sogar um das doppelte“, erklärt Hedwig Rudnick. In den vergangenen zehn Jahren sind die Weine bei ihr im Schnitt um einen Euro im Preis gestiegen. Der größte Anstieg war dabei in diesem Jahr zu verbuchen.
Ein gutes Beispiel für die zum Teil problematische Situation der Produzenten ist die Knappheit bei Weinflaschen. „Wenn wir neue Flachen zum Befüllen bestellen, müssen wir aktuell drei Monate auf diese warten“, erzählt Rudnick. Früher seien es nur wenige Wochen gewesen. Aber nicht nur die Knappheit bei Flaschen wirkt sich auf die Produktionskosten aus, in eigentlich allen Bereichen kommen auf die Weingüter Mehrkosten zu. Aktuell ist beispielsweise Spritzsaison, um die Weinreben vor Pilzbefall zu schützen. „Oder auch die Spritpreise für die Maschinen oder die Fahrt zu einem Winzerfest wie diesem hier in Schwelm: Überall müssen wir mehr Geld ausgeben“, klagt Rudnick.
Die gestiegenen Ausgaben und die höheren Weinpreise wirken sich auch auf das Kaufverhalten der Kunden aus, die ohnehin oft schon sparen müssen. „Früher haben die Besucher häufig bei solchen Winzerfesten direkt einige Flaschen bei uns bestellt“, sagt Rudnick. Diese habe man den Kunden dann in den Tagen nach dem Event nach Hause geliefert, eine wichtige Einnahmequelle.
Thekengeschäft wird wichtiger
„Das“, stellt sie allerdings klar, „ist aber deutlich seltener geworden.“ Früher rentierten sich solche Feste hauptsächlich über diese Bestellungen. Heute seien die Besucher nicht mehr so kauflustig, sondern würden lediglich den Tag auf dem Fest genießen. „Das Thekengeschäft ist auf Winzerfesten wie diesen deshalb deutlich wichtiger geworden“, sagt Rudnick.
Auch Ragusa hat in den vergangenen Monaten bei seinen Kunden immer mal wieder bemerkt, dass diese vermehrt auf den Geldbeutel schauen. „Dabei versuche ich die Preise so wenig wie möglich zu erhöhen“, sagt er.
Dennoch gibt es Kunden, die ihr Geld nicht mehr für das Genussgut Wein ausgeben. „Manche sagen, dass sie sich den Wein nicht mehr leisten können, wenn sie bei mir sind“, berichtet er. Auch wenn es bisher bei ihm eher selten vorgekommen sei, könne er seine Kunden gut verstehen. Schließlich kann er mit seinen hochwertigen Produkten von kleinen Weingütern in Italien bei den Preisen nicht mit Supermärkten mithalten.
„Hier sind mir die Weinflaschen zu teuer, wenn ich sie bestellen würde“, merkt eine Besucherin des Winzerfestes an. Alles über zehn Euro würde sie für eine Flasche nicht bezahlen wollen. Insgesamt merke die Frau zudem, dass Weine zuletzt immer teurer geworden seinen. Das ein oder andere Glas auf dem Fest genehmigte sie sich aber trotzdem. Wie alle Besucher war sie voll des Lobes für die Veranstaltung am Bürgerplatz. „Ich finde es hier ganz bezaubernd“, setzte sie mit ihrem Lob an. „Die Kulisse und Schwelm sind einfach zauberhaft.“ So steht einem Besuch im nächsten Jahr nichts entgegen.