Gevelsberg. Am Kirmessonntag feiern die Besucher in Gevelsberg trotz Regenwetter ausgelassen. Besonders an der Mittelstraße laufen die Zapfhähne ohne Pause.

Es ist 14 Uhr, der Kirmesfestzug steht in den Startlöchern. Ein kleines Mädchen sitzt am Straßenrand auf einem pinken Stuhl. Die Prinzessinnen-Krone trägt sie auf dem Kopf, aber zum Lächeln ist ihr nicht zu Mute: „Mama, wann kommen die Wagen endlich.“ Kirmesfreunde verteilen sich quer über die Hagener Straße, die Cafés sind voll, kühle Bierflaschen werden immer wieder aus den Bollerwagen geholt. Wer weder einen Platz im Lokal ergattert noch einen Camping-Stuhl dabei hat, weicht auf den Bordstein aus. „Thunderstruck“ ertönt aus einer Box, AC/DC-Fans wippen mit. Die Wimpelkette glänzt in Blau, Rot, Pink, Gelb und Grün, weist den Weg über die Hagener Straße und die Mittelstraße bis hin zum Kirmesgelände. Gegenüber der Sparkasse begrüßt Bürgermeister Claus Jacobi die Besucher und leitet den Start des Festzuges ein. „Wenn der Kirmeszug hier gleich durchfährt, bekommen wir mit Sicherheit alle Gänsehaut“, erzählt Jacobi. Drei Jahre lang warten die Gevelsberger bereits sehnsüchtig auf die „steilste“ Veranstaltung des Jahres, das Highlight in der Stadt.

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Das ist Gevelsberg

Es fängt leicht an zu nieseln, doch die Stimmung ist ausgelassen. Die besonders feierlustigen Gäste tummeln sich allerdings woanders: weiter den Hang hoch an der Mittelstraße scheint der Hotspot der diesjährigen Kirmes zu sein. DJ SvenK steht auf dem Dach der Markthalle und heizt mit dem Mikrofon tausende Besucher ein, stimmt einen Schlager nach dem anderen an. In der Masse sticht eine Gruppe besonders hervor: Mit pinken Cowboy-Hüten lacht und tanzt eine Gruppe von Frauen mit den Worten „Wir sind Gevelsberg“. Drei lange Jahre warten die Kirmesfans bereits auf diese Veranstaltung. „Endlich dürfen wir wieder zeigen, was Gevelsberg heißt. Die letzten Male war es bereits super, aber nach dieser Wartezeit ist es einfach nur der Hammer“, sagt Gruppenmitglied Bettina Weide. Die Damen haben das Feiern nicht verlernt, denn trotz des Regenschauers ist von trüber Stimmung keine Spur. „Wir lieben und leben unsere Stadt. Ich bin in Breckerfeld geboren und aufgewachsen, anschließend nach Gevelsberg gezogen. Das war die beste Entscheidung meines Lebens“, erzählt Diana Kamrowski. Die 52-Jährige genießt den Kirmessonntag mit ihren Freundinnen und ergänzt lachend: „Wir sind einfach eine tolle Mädelsclique. Unseren Kindern wären wir aber mit Sicherheit peinlich.“

Der DJ versucht währenddessen weiter die Leute zu animieren, bis der Zug durch die Mittelstraße zieht: „Jetzt alle von rechts nach links schaukeln.“ Da sind die Feiernden noch mit voller Motivation dabei, aber als es heißt, alle sollen in die Hocke gehen, reagiert fast niemand mehr. So viel wollen sich die Leute dann scheinbar am Sonntag doch nicht bewegen.

Die Restaurants an der Mittelstraße haben alle Hände voll zu tun, der Zapfhahn ist im Dauerbetrieb, die Besucher stehen Schlange an den Bierständen. Der vorbeirollende Kirmeszug bringt die ohnehin schon gute Stimmung zum Höhepunkt. Sven Wiggershaus und seine Truppe klatschen mit, als ihre Freunde auf dem Kirmeswagen vorbeifahren. „Wir sind hier mittlerweile seit fast 25 Jahren als Gruppe unterwegs. Viele von uns kennen sich seit der Schulzeit“, so der 44-Jährige. Die Kirmes sei der Höhepunkt des Jahres, auf den immer wieder hingefiebert wird. „Wir warten ja so schon immer auf diese Tage und durch Corona haben wir gleich drei Jahre gewartet“, betont Wiggerhaus. Mittlerweile ist auch der Nachwuchs mit dabei.

Sven Wiggerhaus (mittig mit Hut) und seine Freunde stehen an der Mittelstraße und feiern zusammen mit Tausend anderen Besuchern. Was dabei nicht fehlen darf: der selbstgebaute Bollerwagen inklusive Grill.
Sven Wiggerhaus (mittig mit Hut) und seine Freunde stehen an der Mittelstraße und feiern zusammen mit Tausend anderen Besuchern. Was dabei nicht fehlen darf: der selbstgebaute Bollerwagen inklusive Grill. © WP | Nele Gimbel

Schwelmer zu Besuch

Die laute Musik scheint die Anwohner nicht zu stören, im Gegenteil: Die Nachbarn stehen an ihren Fenstern, genießen ihr Bier und gucken sich das Geschehen von oben an. Die ganze Stadt scheint im Kirmes-Fieber zu sein. Doch nicht nur die Gevelsberger feiern von Freitag bis Mittwoch, auch die Menschen aus den umliegenden Städten zieht es zur lokalen Party-Meile. „Die beiden kommen aus Schwelm, obwohl die da doch ihr eigenes Heimatfest haben“, ruft Sven Wiggerhaus lachend und zeigt auf seine Freunde. Alle müssen schmunzeln, aber besonders das Schwelmer Paar selbst. Christian und Nicole Brackelmann unterstützen ihre Nachbarstadt allerdings sehr gerne. „Einer für alle, alle für einen, kann man sagen“, so die 45-Jährige. Am Freitag geht es los für die Eheleute aus Linderhausen, oder besser gesagt für eine Hälfte. „Freitags ziehen wir Männer los und Samstag dürfen dann die Ehefrauen mit“, erzählt Christian Brackelmann und sorgt für schmunzelnde Gesichter in der Runde. Trotz des vielen Spaßes lässt sich ein Gedanke doch nicht recht verdrängen: Corona. Die Menschenmasse löst immer noch ein mulmiges Gefühl bei den Brackelmanns aus und sie würden sich deshalb die nächste Zeit täglich testen. „Mal gucken, ob der zweite Strich kommt oder nicht“, so der ebenfalls 45-Jährige.

Christian und Nicole Brackelmann zieht es jedes Mal zur Kirmes. Gemeinsam mit den Gevelsberger Freunden wird von gleich an mehreren Tagen an der Mittelstraße gefeiert.
Christian und Nicole Brackelmann zieht es jedes Mal zur Kirmes. Gemeinsam mit den Gevelsberger Freunden wird von gleich an mehreren Tagen an der Mittelstraße gefeiert. © WP | Nele Gimbel

Drei Abi-Jahrgänge vereint

Zurück in Richtung Hagener Straße wird es noch einmal richtig laut: Gleich drei Lkw mit Abiturienten kommen um die Ecke. Die Abschlussjahrgänge 2020 und 2021 lassen sich den Spaß durch Corona nicht verderben und holen ihre Kirmesfahrt dieses Jahr gemeinsam mit den frischgebackenen Absolventen nach. Um 16.30 Uhr ist es dann kurz vor der Feuerwache schon vorbei. Die Besucher schlendern zu ihren (weit) weggeparkten Autos. Passend zum Ende des Zuges wird der Regen noch einmal stärker, aber eines ist deutlich zu erkennen: Die Gevelsberger brennen für ihre Kirmes, egal bei welchem Wetter.

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