Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Boss, Chemiker, Vertriebler, Lagerist – vier Männer aus Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal sollen Drogen hergestellt und landesweit verkauft haben

Als die Mitglieder des Sondereinsatzkommandos die Wohnungen in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal stürmen, haben die vier Männer keine Chance zu flüchten oder ihre Spuren zu vernichten. Nur Sekunden später sind sie in Handschellen gefesselt auf dem Weg in die Zelle. Schnell zeigt sich, dass die Ermittler einen Volltreffer gelandet haben. Ein Drogenlabor in Gevelsberg, mehrere Kilo Betäubungsmittel, mehr als 100.000 Euro Bargeld, teure Autos und zahlreiche Waffen – am 5. November vergangenen Jahres gelang der Polizei des Ennepe-Ruhr-Kreises einer ihrer größte Erfolge gegen die Drogenkriminalität. Am Dienstag, 26. April, beginnt der Prozess gegen die Drogenbande vor dem Hagener Landgericht.

+++ Die Verhaftung: SEK-Einsatz gegen Drogenbande in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal +++

Im Falle einer Verurteilung drohen allen Vieren langen Haftstrafen, denn sie agierten offenbar auf einem recht professionellen Level. „Die Beamten haben eine noch größere Bande in Wuppertal hochgenommen und sind im Zuge dieser Ermittlungen auf den Schwelmer, den Gevelsberger und die beiden Ennepetaler gestoßen“, sagt Richter Marcus Teich, Pressesprecher der Landgerichts Hagen. Monatelang ermittelte die Polizei gegen die EN-Bande und observierte das Quartett, bevor der Zugriff in den Nachmittagsstunden des 5. November nahezu zeitgleich in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal erfolgt. Neben dem SEK waren zahlreiche weitere Beamte unter anderem der Bereitschaftspolizei sowie Rauschgiftspürhunde und ein Banknotenspürhund im Einsatz.

Andre Pieper (links) und Stephan Fuhrmann leiten die Ermittlungen und sprechen von einem der größten Erfolge gegen die Drogenkriminalität im Ennepe-Ruhr-Kreis der vergangenen Jahre.
Andre Pieper (links) und Stephan Fuhrmann leiten die Ermittlungen und sprechen von einem der größten Erfolge gegen die Drogenkriminalität im Ennepe-Ruhr-Kreis der vergangenen Jahre. © EN | Polizei

Sie mussten nicht lange suchen, bis sie fündig wurden. Vor allem in Gevelsberg staunten die Beamten nicht schlecht, wo sie ein hoch spezialisiertes Labor zur Herstellung harter Drogen vorgefunden hatten. Die Chemikalien, die sie dort sicherstellten – unter anderem 7,5 Liter Amphetamin-Öl – reichten aus, um Amphetamin in einem Verkehrswert in Höhe von etwa 210.000 Euro herzustellen. Dazu gesellte sich ein Kilogramm bereits fertiges Amphetamin, sowie ein halbes Kilogramm Cannabis. Einer der Angeklagten soll zudem mit Kokain gehandelt haben.

Der „Schwelmer Serbe“ fiel auf

Außerdem beschlagnahmten die Polizisten eine Schreckschusspistole, ein Luftgewehr und mehrere Messer, die nach der Auffassung der Staatsanwaltschaft Hagen dazu bestimmt waren, im Fall der Fälle Drogen und Bargeld zu verteidigen. Denn auch davon fanden die Beamten eine große Menge. In mehreren Briefumschlägen befanden sich hohe Summen, zusammengerechnet 130.000 Euro. Nicht zuletzt konfiszierten sie drei hochwertige Fahrzeuge der Marken Mercedes und VW, die die Truppe als Kurierwagen benutzt haben soll, um ihre Drogen landesweit an ihre Kundschaft zu bringen.

Die Asservate füllen zahlreiche Säcke und Kartons. Den Männern zwischen 24 und 45 Jahren drohen lange Haftstrafen.
Die Asservate füllen zahlreiche Säcke und Kartons. Den Männern zwischen 24 und 45 Jahren drohen lange Haftstrafen. © EN | Polizei

Die vier Männer sollen ausgesprochen professionell und arbeitsteilig vorgegangen sein. Der 35-jährige Schwelmer soll als Kopf der Bande agiert haben. Er soll die Drogen und die Chemikalien zur Herstellung der Amphetamine erworben haben. Über ihn sind die Ermittler erst auf die Bande aufmerksam geworden, denn er war gemeint, wenn in Wuppertal im Zuge der vorangegangenen Ermittlungen von dem „Schwelmer Serben“ gesprochen wurde. Der 45-jährige Gevelsberger, in dessen Wohnung das Labor gefunden worden war, soll als Chemiker der Truppe agiert haben. Der 29-jährige Ennepetaler soll sich um die Lagerlogistik gekümmert haben. Die Drogenbande soll beispielsweise zwei Wohnungen in Gevelsberg und Ennepetal ausschließlich als Bunker für die Materialien zur Herstellung sowie die fertigen Betäubungsmittel genutzt haben. Nicht zuletzt soll der 24-jährige Ennepetaler sich um den landesweiten Vertrieb der illegalen Substanzen gekümmert haben.

Polizei durchsucht Neun Wohnungen

Insgesamt durchsuchte die Polizei an jenem Freitagnachmittag neun Objekte in Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal und Bochum und nahm die vier Männer in diesem Zuge fest. Die Angeklagten, die bisher strafrechtlich nicht oder nicht nennenswert in Erscheinung getreten sein sollen, wurden Anfang November des vergangenen Jahres kurz nach ihrer Festnahme dem Haftrichter vorgeführt und befinden sich nun in Untersuchungshaft.

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Ob sich diesem Verfahren weitere anschließen, ist derzeit nicht klar. Sonja Wever, Sprecherin der Kreispolizeibehörde hatte kurz nach der Festnahme der Großdealer mitgeteilt: „Es gibt Untersuchungen, um weitere Mittäter ausfindig machen zu können.“ Zumindest in dem Prozess, der am Dienstag beginnt, sitzt kein weiterer Angeklagter. Doch auch so sprechen Kriminalrat Andre Pieper und der Leiter des Kriminalkommissariats 1, Erster Kriminalhauptkommissar Stephan Fuhrmann, stolz von „einem der größten Ermittlungserfolge der vergangenen Jahre im Ennepe-Ruhr-Kreis.“

Angeklagten drohen mindestens fünf Jahre Haft

Das Verfahren beginnt am Dienstag, 26. April, um 9 Uhr vor der 6. Großen Strafkammer des Hagener Landgerichts im Saal 247.

Für die Hauptverhandlung hat das Gericht zunächst 13 Verhandlungstage vorgesehen, die sich über dreieinhalb Monate erstrecken.

Für bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erwartet die Männer, die seit ihrer Festnahme in Untersuchungshaft sitzen, im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von jeweils mindestens fünf Jahren.