Ennepetal. Die Stadt Ennepetal setzt ein Zeichen für Toleranz und gegen Rassismus. Bürgermeisterin Imke Heymann erklärt die Aktion im Interview.

An sechs Ortseingangsstraßen der Stadt werden in diesen Tagen gut sichtbar große Schilder installiert. „Ennepetal ist bunt! Kein Platz für Rassismus!“ ist darauf zu lesen. Im Interview spricht Bürgermeisterin Imke Heymann über die Idee und die Hintergründe der Aktion.

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Hat die Stadt Ennepetal ein Rassismusproblem? Oder warum haben Sie die Hinweisschilder installiert?

Nein, Ennepetal hat kein Rassismusproblem. Trotzdem ist Rassismus leider überall noch gegenwärtig. Auch in Ennepetal. Es ist uns als Stadt und Politik und mir persönlich daher wichtig, deutlich sichtbar zu zeigen, dass die Ennepetalerinnen und Ennepetaler fremde Kulturen oder unterschiedlichen Lebensweisen nicht als Bedrohung oder Problem, sondern als Bereicherung wahrnehmen und wir keinen Rassismus tolerieren.

In anderen Städten meinen Kritiker, dass eine solche Botschaft die Assoziation hervorrufe, dass es ein Problem mit Rassismus gibt. Wie stehen Sie dazu?

Wie gesagt, wir möchten mit den Schildern eindeutig und farbenfroh und bunt zeigen, dass unsere Haltung ganz klar gegen Rassismus ist. Und diese Haltung kann man nicht oft genug über verschiedenste Wege zeigen.

Sind Ihnen aus der jüngeren Vergangenheit rassistisch motivierte Übergriffe oder auch rassistische Parolen, die auf Gebäude geschmiert wurden, in Ennepetal bekannt?

Solche Übergriffe hat es in den letzten Jahren nach meinem Wissensstand zum Glück nicht gegeben. Schmierereien mit ganz unterschiedlichen Inhalten tauchen auf Gebäuden hin und wieder leider auch in Ennepetal auf.

Wer ist auf die Idee gekommen, dass Ennepetal – wie es einige andere Städte in der Region schon tun – ein solches Statement an den Ortseingängen abgibt? Gab es darüber Diskussionen mit den Ratsfraktionen?

Ich habe dies schon in einigen Städten gesehen und fand das auch für Ennepetal ein starkes Zeichen. In einer Ratssitzung informierte ich den Rat, was ich vorhabe und bekam einstimmigen Rückhalt dafür. Unser Rat hat sich damit klar positioniert!

An sechs Ortseingängen installiert

Sechs Schilder mit der Aufschrift „Ennepetal ist bunt! Kein Platz für Rassismus!“ werden in diesen Tagen von den Betriebshofmitarbeitern in Ennepetal installiert. Standorte sind – jeweils kurz hinter dem Ortseingangsschild – an der Kölner Straße und an der Hembecker Talstraße am Büttenberg, an der Heilenbecker Straße und am Kruiner Tunnel in Milspe, an der Hagener Straße in Hasperbach und an der Breckerfelder Straße in Voerde.

Die Schilder, die die gleiche Größe wie die Ortseingangsschilder haben, wurden von Dorit Breyer (VitaminC Werbeagentur) gestaltet.

Bei Bedarf könnten noch weitere Schilder folgen, betonte Bürgermeisterin Imke Heymann.

Dass in Ennepetal kein Platz für Rassismus ist, ist erst einmal nur eine Behauptung. Was tun Sie konkret als Stadtverwaltung, um den Slogan mit Leben zu füllen, um Rassismus keinen Raum zu geben? Und was erwarten Sie von den Bürgerinnen und Bürgern in dieser Hinsicht?

Bereits vor 32 Jahren wurde in Ennepetal ein Ausländerbeirat gewählt, er ging 2011 über in den Integrationsrat, der erstmals im März 2011 gewählt wurde. Dieser ist eng in den kommunalen Entscheidungsprozess eingebunden und bringt sich mit seiner Sicht intensiv in die kommunale Gemeinschaft ein. Auch die Bürgerinnen und Bürger zeigen immer wieder klar und deutlich, dass sie tolerant und weltoffen sind. Unter anderem feiern wir in diesem Jahr das 34. Internationale Freundschaftsfest, eine Veranstaltung, die sich in der Region seit vielen Jahren großer Beliebtheit erfreut. Hier kommen Menschen zahlreicher Nationen zusammen und feiern gemeinsam. Noch viel deutlicher zeigt sich dies alles in der Willkommenskultur für die Menschen aus der Ukraine. Wir sind überwältigt von der Welle der Hilfsbereitschaft. Das war auch schon 2015 so. 2016 erhielten die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer für ihre Unterstützung bei der Betreuung von Flüchtlingen den Ennepetaler Friedenspreis.

Gibt es gemeinsame Projekte zum Thema Rassismus mit anderen Institutionen wie insbesondere Schulen und Vereinen?

Unser Reichenbach-Gymnasium trägt seit 2011 den Titel Europaschule. Es ist ein besonderes Anliegen der Schule, ihre Schülerinnen und Schüler auf das Leben in einem vereinten Europa vorzubereiten und Verständnis und Akzeptanz für die Besonderheiten anderer Kulturen zum Selbstverständnis zu machen. Die Sekundarschule ist seit 2017 „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Dort ist ein Schulklima etabliert worden, in dem „anders sein“ als Normalfall akzeptiert wird. Bei der Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern leisten unsere Vereine Bedeutendes. Schauen Sie sich zum Beispiel in den Mannschaften unserer Sportvereine um, da wird Integration täglich gelebt. Rassismus entgegenzutreten bedeutet auch immer wieder Ängste abzubauen. Wenn ich mein Gegenüber kennen- und verstehen lerne, dann ist kein Platz mehr für diffuse Ängste aus denen Rassismus entstehen kann.

Die Schilder werden an sechs Ortseingängen in Ennepetal installiert.
Die Schilder werden an sechs Ortseingängen in Ennepetal installiert. © WP | Hartmut Breyer

„Ennepetal ist bunt“, heißt es auf den Schildern auch. Was macht denn in Ihren Augen das Bunte in der Stadt aus?

Der Alltag in unserer Stadt! Ennepetal hält zusammen und zwar unabhängig von der Nationalität oder der ethnischen Herkunft. Ob der Kiosk an der Ecke, betrieben von Ennepetalern aus Pakistan oder Indien oder der Imbiss mit griechischen Spezialitäten. Die Öffnung der italienischen Eisdiele nach der Winterpause wird sehnsüchtig erwartet und die zu weit gewordene Hose bringt man zu einer türkischen Schneiderin. Bei Festen in den Kindertagesstätten oder den Schulen bringen sich viele ein, Nationalitäten spielen dort keine Rolle. Auf den Sportplätzen stehen zum Beispiel türkische, italienische, griechische Eltern an der Bande und feuern ihre Kinder gemeinsam an und in vielen Bands zählt das musikalische Können und nicht die Herkunft. Und nicht zuletzt auch in der Politik sehen wir Aktive verschiedenster Herkunft. Ennepetal ist bunt, das ist Realität. Wir alle müssen nur die Augen aufmachen und uns darauf einlassen, so dass wir am Ende tatsächlich sagen können: In Ennepetal gibt es keinen Rassismus mehr.