Gevelsberg. Mit gezückten Waffen stürmt die Polizei auf den Kiosk in Gevelsberg, wo ein Maskierter eine Pistole auf einen anderen Mann richtet.

0.30 Uhr in der Nacht von Donnerstag auf Freitag: Plötzlich rasen von allen Richtungen aus Streifenwagen zum Express-Shop nach Gevelsberg. Mit gezückten Waffen stürmen die Beamten auf den Kiosk zu. Ein weiterer Streifenwagen nimmt die Verfolgung eines Pkw auf, der unmittelbar zuvor an der Wittener Straße losgefahren ist. Ein Zeuge hatte einen bewaffneten Raubüberfall gemeldet. In Wahrheit hatten Gangster-Rapper aus Gevelsberg und Hagen ein Musikvideo drehen wollen und den Großeinsatz ausgelöst. Nun wird gegen sie ermittelt.

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Ein Autofahrer, der die Wittener Straße hinauffahren wollte und an der Ampel stehen bleiben musste, hatte beobachtet, dass im Innern des Kiosks ein maskierter Mann eine Waffe auf einen anderen Mann richtete. Umgehend rief der Zeuge die Polizei. Die raste mit mehreren Streifenwagen sofort zum Tatort. Noch während die Beamte mit gezückten Dienstwaffen aus den Einsatzwagen stiegen und auf den Express-Shop zugingen, liefen plötzlich zwei Männer aus dem Kiosk und riefen mit erhobenen Händen lautstark, dass es sich bei dem Überfall um einen Videodreh handele. Die Polizisten forderten auch die anderen Männer auf, den Kiosk sofort zu verlassen und mit erhobenen Händen vor die Tür zu treten.

Rapper leisten keinen Widerstand

Eine gute Idee von ihnen war es, die Pistole im Kiosk zu lassen. „Dabei handelte es sich zwar um eine Schreckschuss-Pistole, aber in einer solchen Situation besteht natürlich auch für die diejenigen, die eine solche Waffe führen Gefahr“, sagt Isabell Kircher, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr. Sind sich die Polizeibeamten sicher, dass von der täuschend echt aussehenden PTB-Waffe eine realistische Gefahr ausgeht, ist schließlich nicht ausgeschlossen, dass sie zu ihrem eigenen Schutz ihre Waffen einsetzen. Das war zum Glück nicht notwendig, denn die Männer – drei Hagener (22/21/16) und ein Gevelsberger (21) – leisteten allen Anweisungen Folge im Angesicht der Polizeipräsenz.

Die Polizisten beschlagnahmten die Pistole, die im Kiosk lag, und die vier Männer erzählten ihnen, dass der Kioskbetreiber über die Sache Bescheid wisse, und es sich bei dem Videodreh um ein Schulprojekt handele, wie die Behörde in ihrer Mitteilung schreibt. Das ist nach gesicherten Informationen dieser Zeitung allerdings nicht der Fall. Hier waren Nachwuchs-Gangster-Rapper dabei, ein Video zu drehen, in dem sie sich als Verbrecher inszenieren wollten.

Unbeteiligter schaut in Mündung

Während ein Teil der Polizeibeamten sich mit dem Quartett beschäftigte, das den nächtlichen Großeinsatz ausgelöst hatte, verfolgten andere einen Wagen, den sie zunächst als mögliches Fluchtauto einstuften. „Unglücklicherweise stand zum Zeitpunkt der Meldung des Zeugen ein weißer Pkw mit Warnblinklicht vor dem Kiosk, der sich kurz vor Eintreffen der Kräfte entfernte“, schreibt die Polizei in ihrer Mitteilung. Mit gezogenen Waffen, die Mündung auf den Fahrer gerichtet, hielten die Beamten Fahrzeug sofort angehalten und kontrollierten den Fahrer. „Glücklicherweise wurde auch hier schnell Entwarnung gegeben und der Fahrer konnte seine Fahrt fortsetzen, denn der Mann hatte überhaupt nichts mit der Sache zu tun, das war reiner Zufall“, sagt Isabell Kircher.

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Nicht ganz so entspannt wird die Sache möglicherweise für rappende Filmcrew enden: „Wir prüfen derzeit, ob eine Straftat vorliegt“, sagt die Polizeisprecherin. Einerseits könnte dies das Führen der PTB-Waffe betreffen, andererseits, ob sie durch Androhung einer Straftat den öffentlichen Frieden stören. Zudem weist die Polizei eindringlich auf die große Gefahr hin, in die die Männer sich selbst und auch Unbeteiligte wie den Pkw-Fahrer gebracht haben: „Dieser Einsatz hätte auch ungewollte Folgen haben können. Bei solchen Einsatzanlässen ist es nicht unüblich, dass die Polizei mit entschlossener Schießhaltung einschreitet, das heißt die Mündung der Dienstwaffe ist auf potenzielle Täter und Täterinnen gerichtet. In diesem Einsatz wurden aber auch Unschuldige in Gefahr gebracht.“