Schwelm. Eine EU-Verordnung verbietet bestimmte Bestandteile von Tattoofarben ab 2022. Tätowierer Fabian Braun aus Schwelm erklärt, was das bedeutet.

Es war eine Schock-Nachricht für die Tattoo-Szene: „Keine farbigen Tätowierungen mehr ab Januar 2022“, titelten viele Medien landauf, landab. Dann tritt nämlich eine Verordnung der Europäischen Union in Kraft, die sogenannte REACH-Verordnung. Die Abkürzung steht für „Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“. Zu deutsch: Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien.

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Hintergrund ist, dass Tattoofarben laut Verordnung möglicherweise Stoffe enthalten, die auch gesundheitsschädigend sein können. Für die Pigmente „Blau 15:3“ und „Grün 7“ gibt es einen Übergangszeitraum. Hier gilt die Verordnung erst ab Januar 2023. Für diese beiden Pigmente gibt es laut Europäischer Chemikalienagentur (ECHA) noch keine sicheren und technisch angemessenen Alternativen.

Ersatz noch nicht verfügbar

„Es ist gut, dass es solche Verordnungen gibt“, sagt Fabian Braun. Er ist Inhaber des Tattoostudios „Black Label Tattoo“ an der Schulstraße in Schwelm. Dabei müsse aber auf die Verhältnismäßigkeit geachtet werden.

Das Problem: Zwar hätten Farbhersteller vor ein paar Wochen Alternativen angekündigt. Aber: „Noch sind die Alternativen nirgendwo verfügbar“, so der 37-Jährige. Angeblich sollten ab Anfang des Jahres alle Alternativen bestellbar sein, klar sei das aber noch nicht.

Was bedeutet diese Unsicherheit für seine Arbeit? „Wenn ich jetzt Farben bestellen würde, könnte ich sie ab Januar wegwerfen“, erklärt er. „Ich verbrauche jetzt erstmal das, was ich noch da habe.“ Neue Termine für farbige Tätowierungen hat er erstmal später im nächsten Jahr gemacht. „Es gibt einen Schwarzton, der noch okay ist, mit dem habe ich gearbeitet, alle anderen fallen weg“, so Braun.

Schon durch Corona belastet

Circa 15 Prozent seiner Kundinnen und Kunden wollten farbige Tattoos haben. „Ohne Alternativen haben wir nur noch warme, rötliche, braune Töne“, erklärt der Tätowierer. „Blau und Grün kann man zwar jetzt noch benutzen.“ Nach Ablauf der Übergangsfrist bis Ende 2022 sei das aber auch nicht mehr möglich. Zumindest, wenn es bis dahin keinen Ersatz gebe.

Seine Kunden seien deswegen allerdings nicht verunsichert. „Viele interessiert das glaube ich nicht, für die ist das ein industrielles Problem“, schätzt Braun. Er selbst habe auch noch keine Probleme miterlebt. „Ich mache das jetzt seit 2006 und habe noch nie eine allergische Reaktion auf Farbe erlebt“, sagt er. Die EU-Verordnung bedeutet für ihn aber Unsicherheit. Dabei haben die Folgen der Corona-Pandemie ihn in den vergangenen Monaten schon belastet.

„Alles, was ich an Zubehör kaufe, ist teurer geworden“, erklärt der Schwelmer Tätowierer mit Blick auf die Hygiene in seinem Studio. Er berichtet von 36 Euro für ein Paket Einweghandschuhe und von Matratzenschonern, die mal zehn Cent das Stück gekostet hätten und nun bei fünf Euro lägen.

Hoffnung auf eine Lösung

Neun Monate lang habe er sein Studio schließen müssen, habe nicht arbeiten dürfen. „In dieser Zeit läuft die Miete weiter, läuft auch die Krankenversicherung weiter“, zählt er seine Kosten auf. „Monatelang habe ich Termine hin- und hergeschoben, wieder abgesagt, danach wieder verschoben".

Er habe staatliche Hilfsgelder in Anspruch genommen. „Das war fürs Geschäftliche okay“, sagt Fabian Braun. Trotzdem hofft er darauf, dass es keinen weiteren Lockdown gibt und er sein Studio wieder schließen muss. Und er hofft auf eine Lösung in Sachen Farbverbot. „Wenn wir halbwegs angemessene Farbalternativen bekommen, bin ich ja schon froh“, sagt er.

Auch wenn er davon ausgeht, dass diese dann teurer seien. „Aber ich denke, das kriege ich auch noch hin, wenn ich alles andere schon überstanden habe“, zeigt sich Braun optimistisch.