Ennepetal. Bleibt die Biologische Station in Ennepetal? Leiterin Dr. Britta Kunz und Franz-Josef Pauly vom Trägervereinsvorstand im Interview.

Bleibt die Biologische Station im Ennepe-Ruhr-Kreis in Ennepetal? Zuletzt kam die Standortfrage wieder auf, das alte Wasserwerk in Volmarstein wurde ins Gespräch gebracht (wir berichteten). Im Interview nehmen die Geschäftsführerin und wissenschaftliche Leiterin der Arten- und Naturschutzeinrichtung, Dr. Britta Kunz, und der 1. stellvertretende Vorsitzende des Trägervereins, Franz-Josef Pauly, Stellung. Außerdem sprechen sie über Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Natur und die Arbeit ihrer Institution.

Die Biologische Station ist neben Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung für den Schutz bedrohter Arten und die Betreuung und Pflege von Schutzgebieten zuständig. Haben Sie Auswirkungen von Corona auf die Natur festgestellt?

Dr. Britta Kunz: Dass ein sehr großer Druck auf die Natur und die Naturschutzgebiete herrscht, haben wir stark gemerkt. Die Zahl der Spaziergänger mit und ohne Hund und der Mountainbiker hat unheimlich zugenommen. Vielen Menschen ist aber offensichtlich nicht bewusst, dass sie ein Störfaktor für die Tiere und Pflanzen sind. Die Auswirkungen kann man aber minimieren, wenn man sich entsprechend verhält. Leider halten sich manche nicht an das Wegegebot in Naturschutzgebieten, wir sind abseits der Wege auf einige Lagerstätten gestoßen.

Franz-Josef Pauly: Das Problem der Masse an Menschen und das Fehlverhalten einiger ist insgesamt im Wald zu beobachten. Es gab natürlich zeitweise gar keine Alternative, um etwas zu unternehmen.

Dr. Britta Kunz

Dr. Britta Kunz ist in Frankfurt/M. geboren und 56 Jahre alt. Sie wohnt in Witten.

Sie studierte Biologie an der Ruhr-Universität Bochum, promovierte in Würzburg und war in dieser Zeit parallel auch freiberuflich tätig. An der dortigen Uni sowie an der Goethe-Universität Frankfurt war sie in Forschung und Lehre tätig. Später wechselte sie als Dozentin für Biologie zur Uni Siegen.

2014 wurde sie Geschäftsführerin und wissenschaftliche Leiterin der Biologischen Station im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Gibt es denn auch positive Effekte?

Kunz: Natürlich ist auf der anderen Seite bei vielen Menschen das Interesse an der Natur geweckt worden. Ich hoffe, dass der eine oder andere gelernt hat, das wertzuschätzen.

Pauly: Vor allem haben die Menschen die heimische Natur kennengelernt. Man muss eben nicht immer weit weg fahren.

Derzeit sind die Corona-Einschränkungen spürbar gelockert. Konnten Sie bereits wieder Veranstaltungen wie Exkursionen oder ähnliches durchführen?

Kunz: Bisher noch nicht, aber es wird jetzt weitergehen mit unserem Veranstaltungsprogramm. Als erstes gibt es am 30. Juli eine Rätselrallye für Kinder im Gebiet am Tannenbaum in Schwelm.

Was konnten Sie in der Pandemiesituation auf diesem Gebiet überhaupt leisten?

Kunz: Naturschutzbildung ist ja nur ein relativ kleiner Teil unserer Arbeit. Auf diesem Gebiet haben wir zum Beispiel für unsere Kräuterwanderung ein Video zusammen mit der AGU erstellt. Es war wie bei vielen anderen Einrichtungen ein Auf und Ab. Immerhin konnten wir unseren Safttag mit dem Saftmobil durchführen, mit entsprechendem Hygienekonzept.

Wie sieht es mit der Meilerwoche aus, die sie alle zwei Jahre mitorganisieren, die aber 2020 ausfallen musste? Planen Sie schon für 2022?

Kunz: Dafür werden wir uns mit der Kluterthöhle und Freizeit GmbH, die die Federführung hat, absprechen, Wir wären jedenfalls gerne dabei, wenn die Meilerwoche stattfinden kann.

Wie stellt sich die finanzielle Lage für Sie dar? Sie erhalten neben Mitteln des Kreises vor allem Spenden. Viele Vereine und Institutionen klagen da über einen coronabedingt starken Rückgang.

Pauly: Spenden spielen für uns nur eine marginale Rolle. Bei uns steht die Grundfinanzierung ja: 80 Prozent des Budgets kommen vom Land NRW, je zehn Prozent vom Ennepe-Ruhr-Kreis und vom Regionalverband Ruhrgebiet. Die Gelder müssen wir für jedes Jahr neu beantragen. Eigentlich kann sich das Land aber gar nicht erlauben, die Mittel nicht zu bewilligen, denn wir nehmen Aufgaben im Arten- und Naturschutz wahr, für die das Land in der Pflicht steht und die von anderen Stellen so günstig gar nicht zu leisten wären.

Kunz: Bei den Mitteln ist in Corona-Zeiten nichts zurückgedreht worden. Wir müssen immer aufführen, wie viele Stunden wofür aufgewendet werden. Die konnten wir wegen Corona beispielsweise im Bereich der Umweltbildung gar nicht wahrnehmen. Das Ministerium hat aber sofort die Möglichkeit eingeräumt, Stunden in andere Projekte und Aufgaben umzuschichten.

Franz-Josef Pauly

Franz-Josef Pauly ist in Lind (Kreis Ahrweiler) geboren und 68 Jahre alt. Er wohnt in Gevelsberg.

Er studierte Forstwissenschaften in Göttingen und absolvierte sein Referendariat in Eitorf/Sieg. Anschließend war er in Dahlem (Eifel) tätig, bevor er 1989 zum Forstamt Gevelsberg kam und dort zunächst die Stelle des stellvertretenden Amtsleiters übernahm. Nachdem das Forstamt aufgelöst worden war, arbeitete er zunächst in Schwerte, dann in Recklinghausen, bevor er ins Regionalforstamt nach Gelsenkirchen wechselte. Dort war er unter anderem auch für den Ennepe-Ruhr-Kreis zuständig.

Franz-Josef Pauly ist Gründungsmitglied der Biologischen Station im Ennepe-Ruhr-Kreis und seit 2017 1. Stellvertretender Vorsitzender.

Sie haben oft Bundesfreiwilligendienstler und Praktikanten, aber auch viele Ehrenamtler, die sich engagieren. Sind Ihnen Ihre Mitarbeiter treu geblieben?

Kunz: Aufgrund der Corona-Situation haben wir nur eine BFDlerin. Und jetzt, am 1. August, fängt auch wieder nur ein BFDler an. Mehr könnten wir wegen der Corona-Vorgaben räumlich nicht unterbringen. Praktikanten, oft sind das Studenten, haben wir daher ebenfalls nur wenige angenommen. Die Ehrenamtler sind weiter in ihrem Verein engagiert. Arbeitseinsätze haben wir aber zum Teil durchführen können, das meiste findet ja draußen statt. Da ist es anderen Vereinen viel schlechter ergangen.

Pauly: Unsere Mitgliederversammlung konnten wir nicht in Präsenzabhalten, aber für die Arbeit draußen gab es keine größeren Beschränkungen.

Ein Thema, das zuletzt wieder akut wurde: Die Biologische Station wünscht sich einen neuen Standort. Ein Umzug auf das Gelände am Haus Martfeld in Schwelm oder zum Steinbruch in Albringhausen waren im Gespräch, die Pläne zerschlugen sich aber. Nun ist das alte Wasserwerk in Volmarstein, direkt an der Ruhr, eine denkbare Option. Warum wollen Sie aus Ennepetal weg?

Pauly: Das wollen wir doch gar nicht, auch wenn der Standort hier eigentlich eine kleine Katastrophe ist. Wir können hier leider nicht unmittelbar vor der Tür aktiv werden, was wünschenswert wäre. Vor allem aber ist der Standort nicht langfristig gesichert, weil er nur angemietet ist. Die wichtigste Aufgabe des Trägervereinsvorstands ist es daher, einen Standort zu finden, der eine langfristige Perspektive bietet und die Rahmenbedingungen für das Team schafft, um die Aufgaben der Biologischen Station erfüllen zu können.

Kunz: Als ich hier anfing, sicherte mir unser Vermieter zu, dass die nächsten zehn Jahre kein Eigenbedarf geltend gemacht werde. Das ist jetzt sieben Jahre her. Dass wir das Gebäude angemietet haben, ist für Biologische Stationen ohnehin einmalig in NRW. Andernorts sind sie in Gebäuden der Kommunen oder anderer beteiligter Institutionen untergebracht.

Was sind denn die wesentlichen Kriterien – neben der Möglichkeit, vor der Tür aktiv zu werden –, die ein neuer Standort erfüllen muss?

Pauly: Wir brauchen ausreichend Platz. Hier ist es nicht schlecht, aber wir müssen den Umweltbildungsraum permanent für die verschiedenen Gruppen umbauen. Einen weiteren Raum hätten wir gerne, außerdem Platz für Werkstatt und Lager.

Kunz: 600 Quadratmeter plus x wäre gut. Gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist wichtig, schön wäre die Anbindung an einen Radweg. Wir würden Besuchern gerne etwas bieten, zum Beispiel Ausstellungen zu Umwelt- und Naturschutzthemen präsentieren. Und auf einem Außengelände könnten wir eine kleine Streuobstwiese und einen Naturgarten anlegen, Vogel- und Insektennisthilfen aufstellen und eine Trockenmauer errichten. Es müsste auch kein Ort für uns allein sein, wir freuen uns, wenn andere Mitspieler aus ähnlichen Bereichen dabei sind.

Kurz & Knapp

Die Biologische Station ist unverzichtbar, weil…
Kunz: …sie als Bindeglied zwischen ehrenamtlichem und behördlichem Naturschutz wie keine andere Institution die Belange des regionalen Arten- und Naturschutzes vertreten kann.

Pauly: …die amtlichen Einrichtungen diese Leistungen gar nicht erbringen könnten.

Mein Lieblingsplatz in der Natur ist…
Kunz: …jeder Ort mit Weitblick.

Pauly: …der Wald. Ich bin in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb groß geworden.

Im Urlaub bzw. in meiner Freizeit unternehme ich gerne…
Kunz: …ausgedehnte Wanderungen.

Pauly: …Fahrten mit dem Fahrrad, aber auch Wanderungen.

Wenn Ihnen die Stadt Ennepetal eine Alternative anbieten könnte, würden Sie die bevorzugen?

Pauly: Wir würden den Vorschlag mit anderen möglichen Standorten vergleichen und anhand der genannten Kriterien entscheiden. Wir arbeiten ja nicht nur mit der Stadt Ennepetal, sondern mit allen Kommunen im Kreis gut zusammen. Hier haben wir mit dem Gevelsberger Stadtwald und dem Tal der Ennepe zwei FFH-Schutzgebiete, in denen wir aktiv sind, in unmittelbarer Nähe. Aber wir haben zum Beispiel in Hattingen auch einen Schwerpunkt. Wir sind überall im Kreis aktiv.

Kunz: Wir sind die Biologische Station im Ennepe-Ruhr-Kreis. Auch wenn wir in den Nordkreis gehen sollten, würden wir den Kontakt zum Südkreis nicht abreißen lassen.