Ennepetal. Nach den schweren Unfällen auf der Heilenbecker Straße und der Holthauser Talstraße in Ennepetal wird es dort kein strengeres Tempolimit geben.

Erneut kam es am Sonntag zu einem schweren Unfall auf der Heilenbecker Straße. Dort hatte ein 35-jähriger Ennepetaler – vermutlich aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit auf regennasser Fahrbahn – die Kontrolle über seinen Fiat verloren und war auf dem Dach gelandet. An gleicher Stelle war es im August vergangenen Jahres zu einem Frontalzusammenstoß gekommen, bei dem der Verursacher lebensgefährliche Verletzungen erlitt. Eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wird es dort aber wohl nicht geben. Gleiches gilt für die Holthauser Talstraße, auf der sich Mitte September ein tödlicher Unfall ereignet hatte.

Heilenbecker Straße

Bei dem Alleinunfall am Sonntag kam der Fiat-Fahrer mit leichten Verletzungen davon. Erheblich schlimmer traf es im August einen 36-jähriger Gevelsberger mit seinem VW Jetta, der in Richtung Milspe fahrend in der leichten Rechtskurve nach der Einmündung der Straße zwischen Wittenstein und Mühlinghausen auf die Gegenfahrbahn geraten war. Er stieß mit dem Renault Kangoo eines 34-jährigen Radevormwalders zusammen. Der Jetta-Fahrer erlitt lebensbedrohliche Verletzungen, der Kangoo-Fahrer wurde schwer verletzt.

In der Folge hatten Anwohner der wenige hundert Meter entfernten Siedlung Krüners Kotten einen Bürgerantrag gestellt, in dem sie „verkehrsbeeinflussende Maßnahmen“ für ihren Bereich, nicht zuletzt aber auch Geschwindigkeitsreduzierungen für den Straßenabschnitt zwischen Krüners Kotten und Wittenstein forderten. Die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten von 100 km/h (unmittelbar nach der Siedlung) beziehungsweise 70 km/h (am Wittenstein) sollten herabgesetzt werden.

Schon zu Jahresbeginn hatte die Verwaltung im Ausschuss für Feuerwehr, Ordnung und Verkehr erläutert, dass eine weitergehende Geschwindigkeitsbeschränkung nicht angebracht sei. Die Straße sei nach Mitteilung der Kreispolizeibehörde kein Unfallschwerpunkt – der letzte tödliche Unfall auf der Heilenbecker Straße ereignete sich 2012, allerdings an ganz anderer Stelle im Bereich Vorwerk. Eine strengere Geschwindigkeitsbeschränkung außerorts komme aber prinzipiell nur in Frage, wenn in einem Bereich häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle auftreten. Außerhalb geschlossener Ortschaften solle das Limit auf die Geschwindigkeit festgelegt werden, die von 85 Prozent der Fahrzeugführer von sich aus eingehalten wird (V85, ohne Geschwindigkeitsbeschränkung, ohne Polizeiüberwachung und ohne Behinderung durch andere Fahrzeuge). Weiteres Kriterium: Dort wo Fußgänger und Radfahrer besonders gefährdet seien, sollte die zulässige Geschwindigkeit 70 km/h nicht übersteigen.

Aktueller Unfall ändert nichts

Nach Darstellung der Verwaltung habe es im Herbst 2020 Verkehrsmessungen im Bereich Krüners Kotten gegeben. Die dort gemessene V85-Geschwindigkeit habe in Richtung Milspe bei 82,1 km/h und in Richtung Rüggeberg bei 87,7 km/h gelegen. Die Konsequenz daraus wäre laut Verwaltung eigentlich, die geltende Beschränkung von 70 km/h in dem Bereich aufzuheben, weil der Bauzustand der Straße höhere Geschwindigkeiten zulasse. Allerdings habe die Unfallkommission 2009 nach Abwägung der besonderen örtlichen Umstände die Beschränkung auf 70 km/h festgelegt. Diese sollte daher bestehen bleiben. Für den weiteren Verlauf der Straße befürworte die Polizei ebenfalls keine Reduzierung.

Auch nach dem aktuellen Unfall sehe die Direktion Verkehr keine Veranlassung, am Wittenstein die Begrenzung von 70 km/h zu reduzieren, erklärte Vera Viebahn, Sprecherin der Kreispolizei EN auf Anfrage dieser Zeitung. Der Unfallfahrer sei langsamer als ausgeschildert gefahren, der Unfall auf der regennassen Fahrbahn folglich wohl auch nicht bei einer Beschränkung auf 50 km/h vermieden worden. Man werde den Bereich aber im Auge behalten, sagte Viebahn.

Holthauser Talstraße

Auf der Holthauser Talstraße war am 13. September 2020 ein 23-jähriger Hagener mit seinem Seat bergabwärts fahrend in den Gegenverkehr geraten und frontal mit dem VW Touran eines Gevelsberger Ehepaars zusammengestoßen. Die 65-jährige Beifahrerin starb noch an der Unfallstelle, ihr 67-jähriger Ehemann am Steuer wurde ebenso wie der Unfallverursacher schwerst verletzt. Die FWE-Ratsfraktion hatte daraufhin beantragt, im betreffenden Bereich nahe der Zufahrt zur Klinik Königsfeld eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h zu veranlassen. Bislang ist dort Tempo 100 zulässig.

Anlage wegen fahrlässiger Tötung

Gegen den 23-jährigen Hagener, der den tödlichen Unfall am 13. September 2020 auf der Holthauser Talstraße verursacht hatte, erhebt die Staatsanwaltschaft Hagen Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Das teilte die Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli auf Anfrage dieser Zeitung mit.

Die Hauptverhandlung ist für Dienstag 29. Juni, terminiert. Der Prozess wird vor dem Amtsgericht Schwelm geführt.

Hierzu führte die Verwaltung aus, dass dieser tragische Unfall in den vergangenen drei Jahren der einzige in dieser Kurve gewesen sei. Die von 85 Prozent der Verkehrsteilnehmer eingehaltene Geschwindigkeit betrage laut Messung im November 2020 im Bereich der Unfallkurve 77,6 km/h. Das bestätige, dass der kurvenreiche Straßenverlauf die Verkehrsteilnehmer schon zum Fahren mit angemessener Geschwindigkeit bewege. „Höhere Geschwindigkeiten sind dort normalerweise auch nur möglich, wenn man dies absichtlich erzwingt“, so die Verwaltung. „Somit würde auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung keinen weiteren Sicherheitsgewinn erwirken, weil der verständige und einsichtsfähige Kraftfahrer ohnehin bereits ein angepasste Geschwindigkeit gewählt hat.“