Gevelsberg.

Ostern ist die Zeit des Eierlikörs, weiß Michael Habbel aus Erfahrung. Ob auf Eis, pur oder mit Fanta gemischt, dieses Getränk landet derzeit bei vielen auf dem Tisch. Nur nicht in der Destillerie & Brennerei Heinrich Habbel selbst. Im Geschäft wird nur verkauft, nicht verkostet. Das Restaurant, das seit einiger Zeit verpachtet ist, darf derzeit auch nur Speisen zum Mitnehmen anbieten. „Wir sind froh, dass wir überhaupt arbeiten dürfen“, sagt Tochter Michaela Habbel. Sie und ihr Vater blicken auf ein Jahr zurück, das geprägt war von der Pandemie, das mit der literweisen Herstellung von Desinfektionsmitteln begann und mit internationalen Preisen für die Kreativität und Qualität ihrer Produkte endete. Eine Zeit der Extreme.

Michaela Habbel erzählt von dem Erlass der Generalzolldirektion, dass in ihrem Unternehmen 96 prozentiges reines Ethanol produziert werden durfte - als Grundlage für dringend benötigtes Desinfektionsmittel. Das war im März vor einem Jahr. „Wir sind ein kleines Unternehmen, wir konnten von einem auf den anderen Tag die Produktion umstellen.“ Statt Whisky und Liköre herzustellen wurde es am Ende 18.000 Liter reiner Alkohol. Aus Weizen, Hefe, Wasser und Malz.

„Wir haben im Frühjahr eine Lücke geschlossen“, sagt sie und erzählt von den unzähligen Telefonaten mit Apotheken, der Call-Center-Atmosphäre, und wie der Geruch von Backwaren in der Luft gelegen habe. „Im Sommer ist die Brennereiromantik zurückgekehrt“, sagt Michaela Habbel und lacht. Zum Glück. Endlich wieder kreativ sein, Lavendel, Zitronenscheiben und Rosenblüten nutzen, es stand nicht mehr nur das reine Handwerk im Vordergrund.

Und auch die Kunden seien wieder vermehrt in den Laden gekommen. Ob im Lockdown mehr getrunken wird? Vater Michael Habbel, der viele Jahre den Betrieb leitete, glaubt das nicht. Der Absatz in dem Geschäft sei stagnierend. Er sagt, die Menschen trinken nicht so viel Zuhause, wie sie es in Gesellschaft würden. Der Ausfall der Gevelsberger Kirmes, schon wieder, keine geselligen Abende im Restaurant, keine Partys. Auch Michaela Habbel glaubt, dass der Umsatz insgesamt nicht nach oben gegangen sei und spricht auch als Präsidentin des Verbandes deutscher Whiskybrenner. Doch zurück zum eigenen Geschäft. Dem Sommer sei ein ruhiger Herbst gefolgt. „Wir hatten viel Zeit zum ausprobieren“, sagt Michaela Habbel. Alte Produkte wurden neu belebt, ganz neue entwickelt.

Der Platz wird knapp

„Wir haben in dieser Zeit viel dazu gelernt“, sagt Michaela Habbel. Die ruhigeren Monate wurden nämlich auch genutzt, um Fortbildungen zu machen, noch tiefer in die chemischen Prozesse der Whisky-Produktion einzutauchen. Es wurde auch das nächste große Projekt vorbereitet. Der Familienbetrieb, der seit 1878 an der Stadtgrenze zu Sprockhövel für hochwertig Hochprozentiges sorgt, will eine neue Lagerhalle bauen - mit Platz für etwa 1000 Fässer. „Die liegen hier überall rum, sie beengen uns“, sagt Michael Habbel. Dass das irgendwann so kommen würde, das habe er eigentlich schon gewusst, als er mit der Whisky-Produktion begonnen hat. Ein Whisky muss mindestens drei Jahre reifen, ehe er überhaupt Whisky genant werden darf. Die meisten bleiben wesentlich länger in den Fässern. Und so kamen immer mehr dazu. Nicht nur Fässer, sondern auch neue Whisky-Kreationen.

Auf der Arbeitsfläche im Keller reihen sich viele Flaschen aneinander. Von hell gelb bis kupferrot: „Hier ist zu erkennen, wie sehr die Lagerung und das Fass sich auf die Farbe auswirken“, erklärt Michael Habbel. Vor allem aber auf den Geschmack. Dafür gab es jetzt auch wieder Auszeichnungen beim „World Spirits Award“. Bei dieser Spirituosen-Weltmeisterschaft wird der Geschmack, die Zusammensetzung und Qualität des Getränks im Labor untersucht und von von einer Fachjury bewertet. Eine Preisverleihung gab es nicht, die Medaillen und Urkunden wurden per Post verschickt. „Für uns ist das immer wichtig, um zu sehen, wo wir mit unseren Produkten stehen“, erklärt Michaela Habbel. Nicht nur die neuen Whisky-Sorten wurden ausgezeichnet, auch die Klassiker wie der Chocolat Cru. „Wir wollten schauen, ob die immer noch mithalten“, sagt Michaela Habbel. Und auch hierfür gab es Gold. Doppel-Gold und eine Sonderauszeichnung holte sich im vergangenen Jahr der Whisky, der neun Jahre unterirdisch reifte, im Bergbaumuseum in Bochum. Stolz ist Michael Habbel auf die neueste Kreation, die ebenfalls ausgezeichnet wurde. Hier wurde das Getreide über einem Torffeuer erhitzt. Über den „Peated 4,5“-Geschmack schreibt die Jury unter anderem: „intensivstes Rauchmalz, sehr gradlinig und mit dezenter Dichte.“

Was die Habbels für Ostern empfehlen? Ruhig mal einen Brand oder Likör mit Sekt trinken, die Kohlensäure transportiert die Aromen nach oben. Oder einen Gin Tonic trinken. Im Frühjahr ist wieder die passende Zeit.