Schwelm/Gevelsberg/Ennepetal. Rolle Rückwärts beim Einzelhandel sorgt für massiven Ärger bei den Verbänden in Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal. Verunsicherung, Frust und Wut.

Die Politik übt gerade die Rolle Rückwärts vor dem Hintergrund einer aufziehenden dritten Corona-Welle und hat die im März gefassten Lockerungsbeschlüsse zurückgenommen. Und noch Dinge verändert. Und nicht näher definierte Ruhetage eingeführt. Die Folge: verunsicherte Kunden und ein Einzelhandel, der nicht weiß, ob und wie er in den kommenden Tagen öffnen darf. Verunsicherung auch bei den vielen anderen Arbeitnehmern. Kaum einer weiß: Bleibe ich Gründonnerstag zu Hause? Gehe ich zur Arbeit? Die Händler gehen zumindest auf die Barrikaden.

Schwelm

„Ich weiß selbst noch nicht, ob ich an Ostersamstag öffnen darf. Wir sind ja kein Supermarkt“, bringt es Daniela Weithe auf den Punkt. Die Vorsitzende der Werbegemeinschaft Schwelm (WGS) ist Inhaberin der Weinhandlung Riesling & Komplizen. „Der gemeine Kunde ist im Moment total verwirrt, weil er gar nicht mehr weiß, was gerade gilt, und bleibt im Zweifelsfall zuhause.“ Sie stellt klar: „Wir Einzelhändler in Schwelm sind auch in der kommenden Woche für unsere Kunden in den Läden, auch wenn wir sie nicht ins Geschäft lassen dürfen.“

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Daniela Weithe stellt die Sinnhaftigkeit des Herunterfahrens des Einzelhandels an Gründonnerstag an sich infrage. „Wer seine Sachen bis dahin nicht besorgt hat, der muss dann am Samstag einkaufen gehen und dort drängt sich dann alles. Das ist doch kontraproduktiv.“ Die WGS-Vorsitzende hätte sich gewünscht, dass die Politik vielmehr genau dahin geschaut hätte, wo letztendlich die Infektionen entstehen. „Wenn ich mir die Zahlen vom Kreis anschaue, passieren viele Infektionen nicht nur im häuslichen Bereich, sondern auch in den Schulen.“ Auch vermisst die Schwelmerin eine wissenschaftliche Erklärung seitens der Politik, warum denn nun der Einzelhandel wieder heruntergefahren wird. „Wir als Einzelhändler wollen ja unseren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten, aber wir brauchen auch eine Perspektive.“ Doch die fehle gänzlich.

Gevelsberg

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Andreas Niehues ist wütend, wie die Gevelsberger ihren Pro City-Vorsitzenden wohl selten bis nie erlebt haben. „Seit einem Jahr heißt es: ,Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.’ Ich frage mich, in wieweit unsere Regierung überhaupt noch beschlussfähig ist.“ Wirtschaft und Handel seien keine Infektionsherde, hätten ein Jahr lang gezeigt, dass sie exzellente Hygienekonzepte hätten. Aus seiner Sicht müsste die Priorität auf Impfen, Testen und Nachverfolgen der Kontakte gesetzt werden. „Und wenn dann noch alle die Hygieneregeln beachten, sehe ich keinen Grund dafür, warum der Handel eine Infektionsgefahr darstellt.“ Das Mindeste, was aus Sicht des Pro City-Vorstandes beibehalten werden müsse, sei das Click and Meet der vergangenen wenigen Tage. Ein großes Problem für den Handel sei, dass die Inhaber nur noch auf kurzfristige Beschlüsse reagieren können. Eine strategische Planung des Geschäfts sei vollkommen unmöglich.

Die Konsequenzen mag er gar nicht absehen. „Zum Glück habe ich noch nichts von Pleiten und Kündigungen bei uns in Gevelsberg gehört, aber wenn das Insolvenzgesetz wieder vollumfänglich greift, bin ich in größter Sorge, dass uns einiges um die Ohren fliegen könnte.“ Aus Pro City-Sicht sei klar, dass die Gesundheit über allem stehe und dies vertreten alle Händler, aber der Stillstand, der seit einem Jahr herrsche, sorge gepaart mit mangelnden Perspektiven für eine maximale Frustration, vor dem Hintergrund, dass der Handel aus seiner Sicht kein Infektionsherd sei.

Ennepetal

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„Es ist ein Trauerspiel“, sagt Barbara Mittag. Die Vorsitzenden von My City in Ennepetal kann die Entscheidung der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten nicht nachvollziehen. „Viele gehen wieder in die Kurzarbeit, die Stimmung unter den Händlern ist bedrückend.“ Sie sieht vor allem die Zukunft in Gefahr: „Wir haben Menschen, die gern Geschäfte eröffnen würden, wir haben viele Projekte, die wir umsetzen möchten. Nichts geht.“ Diese Unsicherheit werfe die Entwicklung des Einzelhandels massiv zurück.