Ennepetal. Ein Unbekannter hat in Ennepetal drei Papageien aus der Voliere im Hülsenbecker Tal gestohlen – und Spuren hinterlassen.

„Charly“ und zwei Amazonen sind weg. Die drei Papageien wurden in der Nacht zu Donnerstag aus ihrer Voliere im Hülsenbecker Tal gestohlen. Der oder die Täter hatten ein Kettenglied an der Schutzhaustür aufgehebelt und an der Haupttür der Voliere den unteren Teil des Drahtgeflechts herausgeschnitten.

„Charly“ machte kränklichen Eindruck

Tierpfleger Sebastian Quadflieg hatte am Mittwochabend gegen 19 Uhr noch einmal nach „Charly“, dem blinden Graupapageien, geschaut, weil das Tier einen kränklichen Eindruck gemacht hatte. „Da war noch alles in Ordnung“, berichtet er. Eine Transportbox, die der Tierpfleger für den Fall, dass der Vogel behandelt werden muss, mitgebracht hatte, stellte er im Vorraum der Voliere ab. „Als wir dann am Morgen gegen Viertel nach Sieben unsere Futterrunde gemacht haben, wollten wir zuerst mal beim Graupapagei vorbei“, erzählt Tierpflegerin Rita Hein weiter. „Da haben wir schon gesehen, dass die Schutzhaustür einen Spalt offen stand.“

Graupapagei „Charly“ kann Sirenengeräusche und Katzenmaunzen nachmachen und auch „Wau Wau“ und „Miau“ sagen. Der Vogel ist blind, was man ihm allerdings an den Augen gar nicht ansieht.
Graupapagei „Charly“ kann Sirenengeräusche und Katzenmaunzen nachmachen und auch „Wau Wau“ und „Miau“ sagen. Der Vogel ist blind, was man ihm allerdings an den Augen gar nicht ansieht. © WP | Privat

Die beiden stellten fest, dass neben „Charly“ auch eine Venezuela-Amazone und eine Grünwangenamazone fehlten. Letztere steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Für alle drei Tiere müssten bei einem regulären Verkauf CITES-Papiere vorgelegt werden, erklären die Tierpfleger (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, auf Deutsch: Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten frei lebenden Tieren und Pflanzen, auch bekannt als Washingtoner Artenschutzübereinkommen). Es handelt sich dabei um eine Art von Personalausweis für Tiere, in dem die Herkunft, teilweise auch das Geschlecht vermerkt sind. Über die Marke beziehungsweise den Ring des Tieres ist dann eine eindeutige Zuordnung möglich. Allerdings würden Tiere natürlich auch schwarz gehandelt, erklären die Tierpfleger.

Die beiden verständigten nach Entdeckung des Diebstahls die Polizei. Die Kripo nahm Spuren auf. „In der Voliere war nur ein Täter“, meint Sebastian Quadflieg. Das zeigten die gut sichtbaren Schuhabdrücke. Ob es einen Mittäter gab, der eventuell „Schmiere“ stand, sei nicht zu erkennen. „Die Nachbarn, die wir schon getroffen haben, haben nichts gesehen oder gehört“, so die Tierpfleger. Für Sebastian Quadflieg ist vorstellbar, dass sich der Papageiendieb auskannte. Zum einen, weil eben manche Nachbarn mit ihren Hunden zu bestimmten Zeiten dort umher gehen, zum anderen, weil er die dahinter liegende Voliere mit zwei weiteren Amazonen unangetastet blieb. „Die beiden sind ziemlich aggressiv, die würden sofort auf den Kopf eines Menschen losgehen“, berichtet Quadflieg. Möglicherweise habe der Täter das gewusst. Neben den Papageien fehlen übrigens auch die von Sebastian Quadflieg abgestellte Transportbox sowie zwei Eimer. Spuren deuten aber auch darauf hin, dass der Täter selbst Boxen mitgebracht hatte.

Wert ist schwer zu beziffern

Ob der oder die Täter jemals ermittelt werden können, ist natürlich fraglich. Ganz hoffnungslos ist die Polizei nicht. „Wir haben Ermittlungsansätze“, sagte Sonja Wever, Sprecherin der Kreispolizeibehörde EN, gegenüber dieser Zeitung. Genaueres wolle sie aber nicht preisgeben. Wever erklärte auf Nachfrage, dass neben dem schweren Diebstahl auch ein Verstoß gegen das Artenschutzgesetz als Delikt in Betracht komme. Dabei seien nicht zuletzt Verkauf und Kauf geschützter Arten unter Strafe gestellt.

Tierpgflegerin Rita Hein an der Einganstür der Voliere. Der Vogeldieb schnitt das Gitter im unteren Teil heraus.
Tierpgflegerin Rita Hein an der Einganstür der Voliere. Der Vogeldieb schnitt das Gitter im unteren Teil heraus. © WP | Hartmut Breyer

Der Wert der drei Vögel ist schwer zu beziffern. „Ich habe mal im Internet geschaut. Venezuela-Amazonen werden für 250 bis 750 Euro gehandelt, Graupapageien für 750 bis 3000 Euro“, erklärt Michael Westenburg, der bei der Stadt federführend für die Pflege und Unterhaltung der Grünanlagen zuständig ist. Für die Grünwangenamazonen habe er keinen Preis gefunden. Welchen Wert die drei Vögel aus dem Hülsenbecker Tal haben, sei aber kaum zu sagen, da sie schon etwas älter seien. Die Amazonen etwa seien Jahrgang 2007. Zudem schränkt Sebastian Quadflieg ein, dass es sich bei der Grünwangenamazone wohl um einen „Hybrid“, also das Ergebnis einer Kreuzung handele.

Man habe noch keine Pläne, ob und wie die Papageien ersetzt werden sollen, erklärt Michael Westenburg. Der Betriebshof werde nun erst einmal die Schäden beheben. Ein Budget für die Anschaffung von Tieren gebe es nicht, so Westenburg. Die Vögel im Hülsenbecker Tal seien nicht gekauft worden, sondern in der Regel Abgaben von Bürgern.

Volieren gut belegt

Insgesamt acht große Papageien waren bis zum Diebstahl im Hülsenbecker Tal beheimatet. Hinzu kommen zahlreiche Nymphensittiche, Wellensittiche und weitere Sitticharten sowie Agaporniden, eine kleine afrikanische Papageienart.

Die Vögel hatten mit den kräftigen Minustemperaturen übrigens keine Probleme. Sie können sich bei Bedarf auch unter Wärmestrahlern in Voliere oder Schutzhaus aufwärmen.

Rita Hein, die seit gut einem Jahr als Tierpflegerin im Hülsenbecker Tal tätig ist, ist traurig darüber, dass die drei Papageien nun weg sind. „Die Venezuela-Amazone hat gerade angefangen, mich zu mögen“, erzählt sie. Der Vogel habe sich auf ihre Schulter gesetzt und vorsichtig an den Haaren und am Ohr herumgeknabbert – ein Zeichen von Zuneigung. Und Graupapagei „Charly“ fehlt auch wegen seines Geräuschrepertoires. Michael Westenburg: „Er konnte Sirenengeräusche und Katzenmaunzen nachmachen und auch ,Wau Wau’ und ,Miau’.“