Schwelm. Unterricht im Wechselmodell ab dem 22. Februar. Der Rektor einer Schwelmer Grundschule ist optimistisch und besorgt zugleich.

Unterricht in der Schule und Lernen zu Hause. Alles schön im Wechsel, damit das Virus sich nicht ausbreiten kann; und für alle Kinder, deren Eltern berufs- oder warum-auch-immer-bedingt bei den Hausaufgaben nicht helfen können, wird eine pädagogische Betreuung in der Schule garantiert. Ab 22. Februar gelten in NRW neue Vorgaben für den Schulbetrieb. Mal wieder. Und wieder stehen Schulleitungen vor der Frage: Wie setzen wir das um? Einer von ihnen ist Mathias Wagener, Rektor der Schwelmer Grundschule Engelbertstraße, der uns Einblicke in seine aktuelle Situation gewährt.

Schulplanung ist wie Puzzeln

Unterrichtsplanung in Corona-Zeiten ist wie Puzzeln. Jedes einzelne (Vorgabe-)Teilchen muss von den Schulen passgenau zu einem Bild zusammen gefügt werden. Am Ende muss es für Schüler stimmen, für Eltern und Kollegium. Nur, dass bei diesem Puzzle jede Schule die für sie passenden Puzzleteile selber finden muss.

Beispiel Unterricht: Jeder Grundschüler in NRW soll ab Montag übernächster Woche wechselweise in der Schule oder daheim lernen. In konstanten Lerngruppen. „Wir splitten jede Klasse in zwei Gruppen. Das sind bei uns dann 13 bis 14 Kinder pro Lerngruppe. Die eine wird montags, mittwochs und freitags im Klassenzimmer unterrichtet und lernt dienstags und donnerstags zuhause. Die andere Gruppe kommt dienstags und donnerstags zur Schule und bekommt für die anderen drei Tage Hausaufgaben mit nach Hause. In der Woche darauf geht es umgekehrt weiter“, erklärt Mathias Wagener. Andere Grundschulen wollten genauso oder ähnlich verfahren.

Deutsch, Mathe und Sachunterricht sollen im Präsenzunterricht im Vordergrund stehen. So will es das Schulministerium. Andererseits sollen beim Wechselmodell Stundentafel und Lehrpläne nicht hintenrüberfallen. „Das über das gesamte Schuljahr hinweg abzubilden, kriegen wir nicht hin“, ist Rektor Mathias Wagener überzeugt. Er ist dennoch optimistisch, dass sein Kollegium neben den Kernfächern auch Englisch, Kunst, Musik und Sport unterbekommt. Irgendwie wird’s klappen. Weil’s immer geklappt hat. Wagener ist Optimist, wie er sagt.

Personell ist das eine Herausforderung. An seiner Grundschule gibt es 12 Klassen plus eine Klasse mit sonderpädagogischer Förderung. Seit Oktober werden sie durchgehend ausschließlich von ihrer Klassenlehrerin bzw. ihrem Klassenlehrer unterrichtet. 19 Lehrkräfte gibt’s an der Schule. Zieht man die beiden Lehramtsanwärter ab und berücksichtigt, dass es auch Teilzeitkräfte gibt und Rektor und Konrektor wegen ihrer Verwaltungsaufgaben nur eingeschränkt unterrichten können, sollte in den nächsten Wochen und Monaten besser niemand ausfallen. Sonst wird’s sehr knapp. Eng ist es jetzt schon.

Pädagogische Betreuung

Denn: Neben dem Unterricht muss die Grundschule auch die pädagogische Betreuung stemmen. Jedes Kind, dessen Eltern sich an Tagen des Distanzunterrichtes nicht darum kümmern können, hat Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Kinder mit Ganztagsschul-Vertrag sowieso.

Die pädagogische Betreuung ab dem 22. Februar ist vergleichbar mit der aktuellen Notbetreuung an den Schulen. An der Grundschule Engelbertstraße umfasst die Notbetreuung momentan rund 30 Kinder, aufgeteilt in drei Gruppen und betreut von je zwei Schulbegleitern (Integrationskräfte). Als zusätzliche Lehraufsicht ist zwingend eine Lehrkraft abzustellen.

Das größte Problem für den Rektor ist aber nicht das Personal, sondern die Unterbringung. Seine Schule bietet gerade mal jeder Klasse einen Raum, wobei die Klasse mit der sonderpädagogischen Förderung bereits in der Lerninsel im Untergeschoss untergebracht ist. Wo die pädagogische Betreuung unterkommen soll, deren Gruppengröße(n) er noch gar nicht kennt, kann Mathias Wagener nicht sagen. „Damit befassen wir uns nächste Woche.“

Corona macht Problem deutlich

Knapp bemessenes Personal, ein begrenztes Raumangebot: Corona mache deutlich, woran es Schulen und der Bildungslandschaft im Allgemeinen mangelt, findet Mathias Wagener: an der strukturellen Ausstattung. Froh ist er darüber, dass jeder seiner Lehrer inzwischen ein Tablet für den virtuellen Unterricht bekommen hat. Immerhin.

Erzählen Sie uns Ihre Geschichte

Wir wollen es wissen: Wie nehmen Eltern, vor allem aber die Kinder die schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht wahr? Was läuft gut, was läuft schlecht, wo hakt es noch? Wie ist bisher das Lernen daheim unter den extrem schwierigen Bedingungen verlaufen?

Erzählen Sie uns Ihre Geschichte oder lassen Sie Ihre Kinder zu Wort kommen. Wir würden gerne darüber berichten.

Schreiben Sie an Lokalredaktion, Römerstraße 3, 58 332 Schwelm oder per E-Mail an schwelm@westfalenpost.de.

Froh ist der Rektor auch darüber, dass die Vorgaben vom Land diesmal zehn Tage vor dem Inkrafttreten kommen. So bleibt Zeit für Vorbereitungen und Absprachen mit den Eltern, dem Schulträger und benachbarten Schulen, die enorm wichtig seien. „Das ist das erste Mal, dass wir eine solche Vorlaufzeit haben“, sagt er. „In der Vergangenheit gab es teilweise keine konkreten Angaben vom Schulministerium. Das waren zum Teil Ad-hoc- oder Hoppla-Hopp-Aktionen. Da mussten wir als Schulen immer wieder kreativ werden.“

Als ungemein hilfreich in der schwierigen Zeit empfindet er den großen Rückhalt in der Elternschaft („Eltern stärken uns den Rücken“) und die gute Zusammenarbeit mit der Stadt als Schulträger. Auch der Austausch zwischen den Schulen untereinander, wo die eine von den Erfahrungen der anderen profitiert, sei in den vergangenen Monaten sehr hilfreich gewesen. Was die schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht betrifft, habe sein Kollegium bereits mehrere Modelle des Wechselunterrichtes vorbereitet gehabt. Von daher fühlt sich Mathias Wagener trotz der enormen Herausforderung nicht überfordert, sondern blickt mit Optimismus nach vorne, wie er sagt.

„Was den Unterricht betrifft, haben alle Schulen in Schwelm bisher einen guten Job gemacht.“ Das werde schon klappen, ist sich Wagener sicher. „Ich befürchte eher, dass wir in nächster Zeit mehr über Depressionen, Nackenschmerzen und Kurzsichtigkeit von Schülern sprechen.“

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