Ennepe-Ruhr. Chaotischer Start der Terminvergabe für das Impfzentrum. Fehlende Lieferung: Kreis wartet noch immer auf Rückmeldung aus Ministerium

Wie oft sie am Montagmorgen bei der Hotline der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) angerufen hat, um für ihre Eltern, die in Schwelm leben, einen Termin im Impfzentrum zu vereinbaren? Unzählige Male, erklärt die Frau, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, bzw. ihre Eltern sollen es nicht. Sie sagt: „Die beiden haben schon genug Aufregung in diesen Tagen.“ Und diese Unruhe wird auch noch bleiben. Denn auch online gelang es ihr nicht, etwas für ihre Eltern zu erreichen. Stattdessen liest sie die Mitteilung auf ihrem Computerbildschirm: „Zurzeit sind Termine ausgebucht.“ Das war gegen 11 Uhr. Der Wunsch nach einem Termin im Impfzentrum ist groß, das macht das Chaos bei der Terminvergabe deutlich. Doch auch der Impfstoff wird mehr und mehr zum raren Gut. Nicht erst seit der plötzlichen Ankündigung in der vergangenen Woche, dass es ab sofort und bis Ende Januar kein Biontech-Vakzin für Erstimpfungen mehr geben wird.

Wiederholungsimpfung

Montagmittag im Kreishaus. Der Ärger ist noch immer groß, dass am Freitag vier Seniorenheime im Kreis nicht beliefert wurden. Eigentlich stand die Wiederholungsimpfung in den Einrichtungen auf dem Plan. Das Land hatte zuvor zugesichert, dass der Impfstoff für die zweite Impfung für alle zurückbehalten werde. Im Seniorenzentrum Ochsenkamp und den Feierabendhäusern in Schwelm, im Haus Elisabeth in Ennepetal und im Elfriede-Hetzler-Seniorenzentrum in Gevelsberg wurde deshalb alles vorbereitet, die mobilen Impfteams standen parat, allein der Impfstoff kam nicht an. In zwei weiteren Einrichtungen, in denen ebenfalls die Zweitimpfungen vorgenommen werden sollte, fehlten etwa 20 Prozent der bestellten Impfdosen. Wie es dazu kommen konnte? Dazu gibt es aus dem zuständigen Ministerium Stand Montag 16 Uhr noch immer keine Erklärung. Der Kreis bat am Freitag schriftlich um Rückmeldung. Die gute Nachricht: Die weiteren Zweitimpfungen konnten am Montag wie geplant fortgesetzt worden.

Terminvergabe

Zurück zur Terminvergabe: Auch dreieinhalb Stunden, nachdem das Terminportal der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe an den Start gegangen ist, passiert nicht viel. „Es wird unter Hochdruck an der Beseitigung der Engpässe gearbeitet und die KVen bitten mit Blick auf die derzeitige Systemauslastung alle, die einen Termin buchen möchten, um Geduld. Alle, die die Möglichkeit haben, einen Termin zu einem späteren Zeitpunkt zu buchen, sollten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen“, heißt es in einer Pressemitteilung am Vormittag. Doch gibt es überhaupt genügend Termine für alle?

Laut der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst die Gruppe der Impfberechtigten, also die der Über-80-Jährigen, fast eine Million Menschen in NRW, für den Bezirk Westfalen-Lippe seien es 540.00 Menschen, die insgesamt in Frage kommen. Eingerechnet seien aber auch die Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben. Und noch eine Zahl, die die KVWL nennt: „Ab dem 8. Februar können etwa 70.000 Menschen pro Woche in den Impfzentren geimpft werden. Bis Anfang April stehen nach aktuellem Stand rund 560.000 Impfstoffdosen zur Verfügung“, teilt die KVWL mit.

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Bei knapp einer Million potenziellen Impflingen ist das noch zu wenig Impfstoff. Dennoch heißt es in dem Schreiben: „Niemand muss sich Sorgen um seine Impfung beziehungsweise seinen Termin machen. Es ist ausreichend Zeit und Vorlauf für die Terminvergabe, zumal es bis Ende April dauern wird, bis wir allein die Gruppe der über 80-Jährigen mit Blick auf die verfügbaren Mengen an Impfstoff ein erstes Mal geimpft haben. Jeder, der geimpft werden möchte, wird drankommen, aber eben nicht sofort.“

So geht es weiter

Heike Achtermann, Pressesprecherin der KVWL, erklärt auf Anfrage dieser Zeitung, dass die Termine immer für einen Zeitraum von acht Wochen freigeschaltet werden -insgesamt seien das 193.000 (Erst- und Zweitimpfung). An jedem Tag käme ein neuer Tag dazu, der für die Buchung frei gegeben werde. Ausgebucht sei aber noch nichts und sie versichert auch, dass es für alle Termine geben werde, nur vielleicht nicht so zeitnah wie gewünscht. Wenn mehr Impfstoff zur Verfügung steht, werde es auch mehr Termine geben.

Es sei zu technischen Problemen gekommen, weil 700 Menschen pro Sekunde auf das Online-Terminvergabeportal zugegriffen hätten. Jetzt sei das Portal erst einmal offline, damit alle, die einen Buchungscode per SMS erhalten habe, erst einmal ihren Termin vereinbaren können. Erst danach werde das System wieder online gehen. Die telefonische Hotline bleibt offen, sei aber ebenfalls stark frequentiert.

Und das Ehepaar aus Schwelm? „Ich hoffe, dass ich schnell einen Termin bekomme“, sagt die Tochter, die in einem anderen Bundesland lebt und sich um ihre Eltern sorgt. Beide sind herzkrank und nicht mehr mobil. „Nicht, dass es irgendwann zu spät ist.“ Und dann wählt sie die Nummer des Seniorenbüros in Schwelm, mit der Hoffnung, dass man ihre mit dem Transport in das Impfzentrum helfen kann. „Das ist das nächste Problem.“